Düsseldorf, Berlin Von der Pandemie lässt sich Steffen Greubel nicht aufhalten. Seit er im vergangenen Mai den Chefsessel bei Metro übernahm, hat er nahezu alle Länder besucht, in denen der Handelskonzern vertreten ist, wie er kürzlich in einem Beitrag auf LinkedIn beteuerte. Immerhin sind das 34 Staaten, 24 davon mit stationären Metro-Märkten – und alle mit ihren unterschiedlichen Corona-bedingten Einreisebestimmungen. Einige der Länder wird Greubel bald aber wohl von seiner Liste streichen können.
Denn der Metro-Chef bereitet den Rückzug aus weiteren Auslandsmärkten vor. Konkret geht es um Indien und Belgien, wie es in Branchenkreisen heißt. Dadurch sollen mehr Ressourcen in die verbleibenden Länder gelenkt werden. Das Unternehmen wollte diese Informationen auf Nachfrage nicht kommentieren.
Mehr Particulars dazu gibt es am Mittwoch, wenn Greubel vor Analysten und Investoren die neue Strategie für den Großhandelskonzern präsentiert. Es werde keine Revolution sein, sondern eine Fortführung der vom Vorgänger Olaf Koch eingeschlagenen Route, hieß es im Umfeld des Konzerns. Die Stärkung der Rentabilität und eine enge Verzahnung mit den Kunden vor allem aus der Gastronomie stünden im Fokus.
Von Greubel erwarten die Investoren auch keine Revolution, sondern eine Evolution. Sein Vorgänger Koch hatte den großen Rahmen vorgegeben. Er verkaufte alle Randbereiche oder spaltete sie ab: Kaufhof wurde vom kanadischen Konzern Hudson’s Bay übernommen, die Supermarktkette Real ging an den russischen Investor SCP, die Elektronikketten Saturn und Mediamarkt brachte Metro unter dem Namen Ceconomy an die Börse. Was blieb, warfare das Kerngeschäft Großhandel, das die Belieferung von großen Kunden etwa aus der Gastronomie und dem Einzelhandel umfasst.
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Keine hundert Tage nach seinem Amtsantritt hatte Greubel Anfang August schon den Rückzug aus Japan verkündet. „Das Geschäft warfare hochrentabel, aber das Angebot einfach zu intestine“, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Individual. Einen Monat später folgte das Aus für das verlustreiche Geschäft in Myanmar, das sein Vorgänger Koch erst zwei Jahre zuvor gestartet hatte.
Fokus liegt auf den starken Ländern in Europa
Der nun geplante Verkauf der Landesgesellschaft in Belgien mit 17 Märkten unter den Marken Metro und Makro ist eine reine Notoperation. Die Tochter schreibt seit Jahren Verluste. Im Geschäftsjahr 2019/20 fiel in Belgien bei einem Umsatz von 714 Millionen Euro ein Verlust von 44 Millionen Euro an.
Erschwerend komme hinzu, dass die gewerkschaftliche Mitbestimmung in Belgien sehr kompliziert sei, was eine Restrukturierung des Unternehmens erschwere, heißt es in Unternehmenskreisen. Die Financial institution Rothschild soll nun strategische Optionen für das Geschäft prüfen.
Ganz anders ist die Scenario in Indien. Das Geschäft dort ist profitabel. Aber angesichts der starken Konkurrenz und des riesigen Marktes wären umfangreiche Investitionen notwendig, um auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb zu bleiben. Der Vorstand habe deshalb entschieden, einen strategischen Associate für das Land zu finden, heißt es in Unternehmenskreisen.
Mit dem absehbaren Abschied aus Indien fokussiert sich Metro wieder stärker auf Europa. Abgesehen von dem eigenen Liefergeschäft verbleiben in Asien lediglich noch in Pakistan und Kasachstan Läden mit dem gelb-blauen Emblem. „Jetzt sollte sich Metro konsequenterweise komplett aus Asien verabschieden“, heißt es schon in Finanzkreisen. Das Asiengeschäft trug im abgelaufenen Geschäftsjahr ohnehin nur knapp 1,5 Milliarden Euro zum Gesamtumsatz von 25 Milliarden Euro bei.
Überraschend kommt der Rückzug aus weiteren Ländern nicht. Im Rahmen des Strategieprozesses sei eine Überprüfung des aktuellen Portfolios elementarer Bestandteil, hatte Greubel Mitte vergangenen Jahres in einer Telefonkonferenz gesagt. Jedes Land werde auf seine strategische Bedeutung für den Konzern und seine wirtschaftliche Perspektive geprüft.
Digitalisierung soll den Umsatz treiben
Olaf Koch magazine der Stratege sein, sein Nachfolger ist ein Umsetzer. Und das, obwohl er 14 Jahre lang bei der Unternehmensberatung McKinsey gearbeitet hatte. Anders als sein Vorgänger ist der Unterfranke kein Portfolio-Supervisor, sondern ein Mann der Praxis, der sich auch um Particulars kümmert.
Geprägt hat ihn die Zeit beim Schraubenkonzern Würth, wo er einen straff organisierten Vertrieb kennen und schätzen lernte und die Verkaufsprofis ihm ihre besten Tips verrieten. Dort profilierte er sich auch als Sanierer, als er das Italiengeschäft aus der Krise führte.
Mit diesen Erfahrungen will Greubel den Vertrieb bei Metro auf höhere Effizienz trimmen. Statt wie in der Vergangenheit darauf zu warten, dass die Geschäftskunden in die Metro-Märkte kommen, soll der Außendienst künftig stärker in den aktiven Verkauf gehen, das Vertriebsteam personell verstärkt werden.
Weiter ausbauen will er die digitalen Instruments, die Metro entwickelt hat und den Kunden zur Verfügung stellt, wie etwa die Reservierungssoftware für Eating places oder Programme zur Optimierung des Wareneinsatzes. Mit diesen Instrumenten will er die Kunden enger an den Großhändler binden und einen größeren Teil ihres Einkaufsvolumens gewinnen.
Eine wichtige Rolle soll dabei die neue Kunden-App „M-Companion“ spielen, die im vergangenen Geschäftsjahr 1,4 Millionen Downloads hatte. Erste Auswertungen haben gezeigt, dass die Nutzer der App quick doppelt so oft bestellen wie der Durchschnittskunde.
Investitionen verhindern Anstieg des Gewinns
Das Ziel: eine deutlich höhere Rentabilität als in der Vergangenheit. Gerade im wichtigsten Markt Deutschland wird da noch Luft nach oben gesehen. Im vergangenen Jahr wurde hierzulande schon durch ein strenges Kostenmanagement die Marge deutlich erhöht und der operative Gewinn trotz eines Umsatzrückgangs von 125 auf 149 Millionen Euro gesteigert.
Bereits eingeplant in seine Prognosen für das laufende Geschäftsjahr hat Greubel ein zumindest leichtes Abflauen der Corona-Pandemie. Deshalb rechnet er mit einem Umsatzwachstum zwischen drei und sieben Prozent.
Der seit neun Monaten amtierende Metro-Chef zieht sich nicht nur aus Weltregionen zurück. Er will expandieren. Zum Wachstum beitragen sollen Übernahmen. Allerdings keine Großakquisitionen oder Zukäufe, um schlicht Marktanteile in einem Land hinzuzugewinnen.
Akquisitionsziele sind für ihn Unternehmen, die neue Fähigkeiten oder Kundengruppen einbringen, wie beispielsweise der spanische Lieferdienst Davigel. Die Firma hatte Metro vor anderthalb Jahren gekauft.
Auf den operativen Gewinn (Ebitda) wird die angestrebte höhere Effizienz im Vertrieb dagegen zunächst wohl wenig Auswirkungen haben. Investitionen in die Vertriebsmannschaft und die Digitalisierung werden das Ebitda im laufenden Jahr voraussichtlich ungefähr auf das Vorjahresniveau hieven – so lautet die bisherige Ankündigung.
Großaktionäre stehen hinter der neuen Strategie
Gegenüber seinem Vorgänger hat Greubel einen unschlagbaren Vorteil: Er hat die volle Rückendeckung der größten Anteilseigner. Während Koch immer wieder durch Querschüsse oder mangelnde Unterstützung aus deren Reihen gebremst wurde, sind die Großaktionäre von Greubels Vorgehen überzeugt, wie es aus dem Aufsichtsrat hieß. Selbst den Ausfall der Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr verzeihen sie ihm.
Steffen Greubel führt einen intensiven Dialog mit den drei Großaktionären Daniel Kretinsky, der über seine Holding EP World Commerce 40,6 Prozent an der Metro hält, und den Familien Schmidt-Ruthenbeck und Beisheim, die mit ihren gepoolten Anteilen zusammen auf 23,94 Prozent kommen. Er wird von deren Seite als „offen und ansprechbar“ bezeichnet.
Hilfreich ist es auch, dass Kretinsky eine Artwork Waffenstillstand mit den wichtigen Altaktionären geschlossen hat. Zweimal hatte der tschechische Milliardär vergeblich den Versuch unternommen, Metro komplett zu übernehmen und von der Börse zu nehmen.
Die Gründerfamilien Schmidt-Ruthenbeck und Beisheim hatten sich erbittert gegen die Übernahme gewehrt. Das Gebot von zunächst 16 Euro professional Aktie hatten sie als viel zu niedrig bezeichnet. Schließlich hatten sie ihre Anteile gepoolt und sogar noch zugekauft, um Kretinsky abzuwehren. So warfare Kretinsky, der ansonsten eher im Energiebereich investiert ist, auf halbem Wege stehen geblieben.
Mittlerweile aber ziehen die Großeigner an einem Strang und können sich in den wichtigen Fragen einigen. So warfare die Berufung von Greubel auf den Chefposten zwischen ihnen nicht umstritten.
Zurücklehnen kann sich der Metro-Frontmann trotzdem nicht: Über seinen Vorgänger Koch hatte Haupteigner Kretinsky stets gesagt, dass die Richtung zwar stimme, er aber zu langsam sei. Diese Messlatte wird er auch an Greubel anlegen. Tempo muss der neue Chef machen.
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