1992 hat Peter Kloeppel seine erste Sendung „RTL aktuell“ moderiert. Im August wird er aufhören. Wenn sich jemand 32 Jahre lang auf einem Stuhl hält, dann hat er viel richtig gemacht. Eine Würdigung.
Nachrichten im Fernsehen zu moderieren, das ist grundsätzlich kein Hexenwerk.
„Du setzt dich da ins Studio. Auf dem Teleprompter steht, was du sagen sollst, und das liest du vor. Wäre gut, wenn Du eine schöne Stimme hättest, aber das kann man coachen.“
„Die Pickel schminken wir Dir weg, kein Problem. Wäre gut, wenn Du nicht zunimmst. Übergewicht kann man nicht kaschieren.“
„Brich die Dinge herunter! Versuch, jeden Beitrag in 25 Sekunden anmoderiert zu bekommen – länger hört Dir im Fernsehen eh keiner zu!“
„Gib den Leuten das Gefühl, Du wüsstest, wovon Du erzählst und dass es Dich interessiert, was sie bewegt. Den Rest machen wir.“
Wer diese vier Punkte beherzigt, die jede Redaktionskonferenz der Welt einem jungen TV-Moderator mit auf den Weg geben würde, der hat beim Nachrichten-Fernsehen schon mal ganz vernünftige Karten. Wenn all das erfüllt ist und das Team hinter der Kamera funktioniert, dann ist viel gewonnen.
Allerdings: Es gibt einen entscheidenden Unterschied zu dem, was Peter Kloeppel seit 1992 bei RTL tut. Streng genommen sind es sogar zwei. Und es sind nicht einfach nur „Unterschiede“, es sind quasi unlösbare Rätsel.
Erstens: Du musst – gemeinsam mit der Redaktion – den Spagat schaffen zwischen dem, was die Menschen unbedingt erfahren sollten, was relevant ist, und dem, was sie eigentlich interessiert. Du musst ihnen das erklären, was sie unbedingt wissen müssen – in ihrem eigenen Interesse und in dem ihrer Kinder – und Du musst ihnen gleichzeitig das anbieten, was sie beeindruckt, was sie triggert, was ihnen Lust auf mehr macht. Das ist nicht zwangsläufig dasselbe. Oft sind es Dinge, die sehr weit auseinanderliegen. Wie passt das zusammen?
Zweitens – und das ist nicht weniger schwierig: Du musst die Menschen dazu bringen, Dir zu glauben. Dich in ihr Wohnzimmer zu lassen wie einen Gast, der die Neuigkeiten aus der großen, weiten Welt mitbringt und dem man vertrauen kann. Wie einen, dem man die entscheidenden Fragen des Lebens stellt und in dessen Hände man sie legt. Wie einen, der stets der Wahrheit verpflichtet ist und nie der Quote, dem Kommerz oder gar einer wie auch immer gearteten Agenda. Wie soll das funktionieren?
Peter Kloeppel hat diese beiden Herausforderungen so gut bewältigt, dass „RTL aktuell“ heute eine der erfolgreichsten Nachrichtensendungen Deutschlands ist. Hinter dem Flaggschiff „Tagesschau“ kommt die 18.45-Uhr-Ausgabe auf gute 15 Prozent der werberelevanten Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren und beherrscht den News-Markt des Privatfernsehens in Deutschland damit eindeutig – seit Jahrzehnten. Glaubwürdigkeit hat im Fernsehen etwas mit Konstanz zu tun, und die größte Konstante von „RTL aktuell“ ist bis dato Peter Kloeppel. Nun hört er auf – mit 66. „Ist dann auch mal gut“, so lässt er sich zitieren“
Er fand die Balance zwischen dem, was Privatfernsehen rund um die Jahrtausendwende sein wollte – edgy, bunt, knallig, laut, aufgeregt – und dem, was Fernsehzuschauer abends von einem ernsthaften Nachrichtenformat verlangen. Glaubwürdigkeit, Unvoreingenommenheit, Klarheit in der Sprache. Er fand sie erst als Moderator und dann als RTL-Chefredakteur. Sein Coming-of-age-Moment war der 11. September 2001, als die Flugzeuge der Al-Kaida-Terroristen in die Türme des New Yorker World Trade Center rauschten und ins Pentagon in Washington. Während die Nachrichtensender rund um die Welt schon im „Breaking News“-Modus waren, die Vollprogramme hierzulande aber noch zögerten, trafen Kloeppel und sein RTL-Team eine für den Sender bahnbrechende Entscheidung.:“Wir gehen drauf!“