Eine Hoteliersfamilie plant am Schliersee den Neubau eines großen Wellnesshotels. Die Bürger fürchten ein neues Tegernsee, einige wollen das Projekt sogar verhindern.
Es ist ein Postkarten-Panorama: Das Seehotel Schlierseer Hof prägt seit vielen Jahrzehnten neben der Kirche St. Sixtus die Uferpromenade des gleichnamigen Sees im bayerischen Alpenvorland. Mit seinen Bergen im Hintergrund ist der Schliersee Ziel vieler Ausflügler aus München und dem Umland. Doch derzeit wird heftig um den Schlierseer Hof gestritten. Die Inhaberfamilie um Investor Walter de Alwis will ein großes Wellnesshotel bauen. Das Vorhaben stößt jedoch bei den Einwohnern auf erhebliche Skepsis.
„Wir haben Bedenken, dass das Tegernsee-Feeling hier herüberschwappt, dass das gesamte Nordufer mit Hotelkästen dieser Größenordnung bepflastert wird“, erklärt Alexander von Schoeler. Der 76-jährige Rechtsanwalt ist ein großer Fan des Schliersees, im Mai zog er in die gleichnamige Gemeinde, nachdem er seine Kindheit weiter südlich in Neuhaus an der bayerisch-österreichischen Grenze verbracht hatte.
Bürgerbegehren gegen die Pläne: Furcht vor „totaler Kommerzilalisierung“
Von Schoeler und andere Mitstreiter hatten zuletzt ein Bürgerbegehren gestartet, sie wollen einen Neubau des Hotels nach den aktuellen Plänen verhindern – unbedingt. „Der Schliersee hat im Vergleich zum Tegernsee noch eine gewisse Idylle und Bescheidenheit, mehr Entspanntheit und etwas weniger Geld in der Luft. Das ist für den Schlierseer Bürger ein großer Wert. Jetzt fürchtet mancher die Gefahr einer totalen Kommerzialisierung“, sagt er im Gespräch mit t-online: „Die Dimension, die Herr de Alwis mit dem Schlierseer Hof plant, ist für viele in der Gemeinde ein Graus.“
Besagte Dimension liest sich wie folgt: Über dem Erdgeschoss und der Tiefgarage soll es fünf komplett neugebaute Stockwerke für 116 statt bislang 46 Zimmer geben. Zwei Restaurants, ein asiatisches À-la-carte-Restaurant mit 70 Plätzen und eines als „Seetheater“ mit 200 Plätzen, ein großer Wellnessbereich, Tagungssäle und eine Markthalle mit lokalen Produkten.
Das Spa soll laut Zeichnungen des Salzburger Planungsbüros Kirchmayr aus „Infinitypool“, zwei Saunen sowie begrünter Liegewiese unmittelbar am Seeufer bestehen. Die drei Hauptgebäude sollen holzverschalt sein und aus den Zimmern den besten Blick auf die Berge bieten. 55 Millionen Euro soll das Vorhaben laut Hoteliers kosten, finanziert durch regionale Banken.
„Jetzt fehlt nur noch ein ‚Go‘ der Gemeinde“
„Die Pläne sind im Januar 2023 mit einer großen Mehrheit im Gemeinderat beschlossen worden. Deshalb wurden die Planungen auch fortgeführt und sind nach vielen Absprachen mit den notwendigen Ämtern, zum Beispiel für Verkehr, Naturschutz oder Abwasser, bereit, in die Phase des Bebauungsplans zu gehen“, erklärt Hoteliers-Sohn und Betriebsleiter Marcel de Alwis t-online: „Jetzt fehlt nur noch ein ‚Go‘ der Gemeinde. Der Bau hätte bereits 2023 beginnen sollen, wurde durch die Vorkommnisse aber leider gezwungenermaßen nach hinten verschoben.“
Die Initiatoren der Bürgerinitiative bemühen sich derzeit um 800 Unterschriften von Bürgern, die in Schliersee gemeldet sind. Die Marktgemeinde hat knapp 7.000 Einwohner. Erkennt die Verwaltung 800 vorgelegte Unterschriften an, kommt es zu einer Bürgerbefragung für oder gegen die Pläne zum neuen Schlierseer Hof. Das Projekt wäre vorerst geblockt. Dabei verspricht sich der Gemeinderat laut Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer „unmittelbare Einnahmen durch das Hotel, wie Gewerbesteuer, Fremdenverkehrsabgabe und Kurbeitrag. Weiterhin gehen wir davon aus, dass diese Investition weitere Investitionen in touristische Infrastruktur nach sich ziehen wird“, erklärt der Rathauschef auf Anfrage von t-online.
Gemeinde erhofft sich eine Belebung des Einzelhandels
Ein großes Hotel habe „selbstverständlich deutliche positive Auswirkungen auf eine touristisch geprägte Gemeinde“, lässt Bürgermeister Schnitzenbaumer wissen und verweist auf eine erwartete „Belebung des Einzelhandels und der Gastronomie, was wiederum für Steuereinahmen sorgt“.
Selbstverständlich bedeute ein Neubau in den geplanten Dimensionen eine deutliche Veränderung des Ortsbildes, erklärt er zu geäußerten Bedenken: „Ob diese Veränderung verträglich ist oder das Gesamtbild stört, darüber gibt es halt unterschiedliche Meinungen.“ Obwohl sich die geplante Großbaustelle direkt an der Bundesstraße 307 befände, vermutet er keine „starken Verkehrsbeeinträchtigungen“, schließlich sei auch das „Parkstrandbad mehr als 300 Meter von der Baustelle entfernt“.