Ricarda Lang und Armin Laschet kritisierten die Debattenkultur und die sozialen Medien. Die Grünen-Chefin erklärte, warum sie private Momente dennoch teilt.
Körperliche Angriffe auf politische Akteure, unversöhnliche Positionen in den drängendsten Fragen der Zeit und (soziale) Medien, die auf Spaltung setzen – die Stimmung in Deutschland ist kurz vor der Europawahl angespannt.
In der Talkshow „Caren Miosga“ zum Thema „Hetze, Krisen, Umbrüche – kann Politik noch zusammenführen?“ versuchten die Grünen-Chefin Ricarda Lang und der CDU-Politiker Armin Laschet selbstkritisch zu analysieren, wie es so weit kommen konnte und welchen Anteil ihre eigenen Parteien daran haben.
„Was wir sehen, ist eine Form der Enthemmung“, konstatierte Lang am Sonntagabend in der ARD. Die Gewalt richte sich nicht gegen eine Partei oder einen Politiker, sondern gegen die Art und Weise, wie Demokratie funktioniere.
In einer demokratischen Gesellschaft gelte nicht das Recht des Stärkeren, sondern es konkurrierten unterschiedliche Meinungen, für die frei geworben werde und die am Ende zusammenfinden müssten, so die Grünen-Politikerin.
Gäste
- Ricarda Lang, Parteivorsitzende Bündnis 90/Die Grünen
- Armin Laschet, CDU-Bundestagsabgeordneter
Laschet befand, dass es in der Auseinandersetzung mit politischen Gegnern ein grundlegendes Problem mit der Diskussionskultur gebe. „Was die Debatten so schwierig macht, ist, wenn wir jedes Argument, das wir bringen, moralisch überhöhen und den, der die Dinge anders sieht, in die Ecke stellen“, kritisierte er.
Als Beispiel nannte der Christdemokrat das umstrittene Heizungsgesetz. Man habe so getan, als rettete man mit der Wärmepumpe das Weltklima und als wäre jeder, der das anders sehe, ein Klimaleugner. „Je mehr die eine Seite immer so total moralisch argumentiert, wird die andere Seite immer aggressiver“, erklärte Laschet. Sein Fazit: „Es ist nicht immer alles Rechtspopulismus, wenn man einmal was anders sieht.“
Grünen-Chefin Lang konstatiert Vertrauensverlust
Die demokratischen Parteien hätten alle ihren Anteil am Vertrauensverlust in die Institutionen, der zur Verrohung der Gesellschaft beigetragen habe, gestand die Grünen-Parteivorsitzende ein. Um das Vertrauen wieder zu stärken, müsse man weg von den Empörungsdebatten kommen, die in den letzten Jahren überhandgenommen hätten, und zurück zu den Fragen finden, die den Alltag der Menschen im Land prägten.
Auch die sozialen Medien spielten eine wichtige Rolle. Für persönliche, gemeine Attacken erhalte man dort ein Vielfaches mehr an Likes als für sachliche Kritik. So sei im letzten Bundestagswahlkampf mehr über Laschets Lachen im Flutgebiet gesprochen worden als darüber, wie man das Land außenpolitisch aufstellen sollte oder gerechter machen könne.
Lang äußerte sich zudem zu den Angriffen auf ihre eigene Person. Sie empfinde es nicht als verletzend, wenn sie auf ihr nicht abgeschlossenes Studium angesprochen werde, sagte sie. Anders sei es allerdings, wenn sie wie von Markus Söder in diesem Zusammenhang mit einer Hündin verglichen werde.
Trotzdem scheue sie nicht davor zurück, in sozialen Medien persönliche Einblicke in ihr Leben zu bieten und etwa Aufnahmen von sich und ihrem Partner zu teilen.
Das sei eines ihrer Mittel, um in der Politik Mensch zu bleiben und nicht zynisch zu werden oder sich komplett zurückzuziehen. „Meine Hand bleibt ausgestreckt, mein Ohr bleibt offen, ich verhärte nicht in dieser Zeit“, sagte die 30-Jährige.
CDU-Politiker Laschet blickt auf Bundestagswahlkampf zurück
„Ich würde es nicht machen“, erklärte hingegen Laschet, auch wenn er Langs Entscheidung angesichts ihrer Argumentation richtig fand. In seinem eigenen Fall, schilderte Laschet, hätten seine Kinder unter dem Bundestagswahlkampf gelitten und es persönlich abgekriegt.