Am 10. März 1950 kam es im Deutschen Bundestag zur bislang einzigen Prügelei im hohen Haus. Im Mittelpunkt: Ein Altnazi und mehrere SPD-Abgeordnete.
Es hatte eigentlich ganz harmlos begonnen: Bundestagspräsident Erich Köhler verwies Wolfgang Hedler während der Bundestagssitzung am 10. März 1950 des Saals. Der aber weigerte sich, den Plenarsaal zu verlassen. Daher entschlossen sich mehrere SPD-Abgeordnete nachzuhelfen. Es eskalierte ein Konflikt, der bereits ein Jahr zuvor entstanden war.
Nach der ersten Bundestagswahl 1949 war die Deutsche Partei (DP) mit vier Prozent der Stimmen in den Bundestag eingezogen. Die Fünfprozenthürde wurde zu dieser Zeit noch anders ausgelegt. Sie galt getrennt für jedes Bundesland. Erst 1953 wurde sie bundesweit eingeführt. Mit der DP war auch Altnazi Wolfgang Hedler in den Bundestag eingezogen. Doch das ehemalige NSDAP-Parteimitglied sollte nicht lange Teil der Partei bleiben.
Parteiausschluss
Denn kurz nach der Wahl hielt Hedler eine Rede bei einer Veranstaltung im Deutschen Haus in Schleswig-Holstein. Ein SPD-Abgeordneter war auch vor Ort und hielt die Worte des DP-Abgeordneten fest. Und die hatten es in sich.
„Die Deutsche Partei stellt fest, dass Deutschland die geringste Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hat. Schuld an unserem Elend tragen die Widerstandskämpfer. Denn Deutschland ist nicht an totaler Erschöpfung, sondern am Verrat oder an der Sabotage durch die Widerstandsbewegung zugrunde gegangen“, sagte Hedler den Aufzeichnungen zufolge auf der Veranstaltung.
Holocaust-Relativierung
Auch zum Holocaust äußerte sich das ehemalige Parteimitglied der NSDAP: „Ob das Mittel, die Juden zu vergasen, das gegebene gewesen ist, darüber kann man geteilter Meinung sein. Vielleicht hätte es auch andere Wege gegeben, sich ihrer zu entledigen.“ Die Aussagen lösten Empörung aus. In der Folge schloss die Deutsche Partei, die gemeinsam mit Adenauers Union und der FDP regierte, Hedler im Januar 1950 aus der Partei aus.
Deutsche Partei (DP)
Das Ziel der Deutschen Partei war laut ihrem ersten Vorsitzenden, Heinrich Hellwege, politisch Heimatlosen nach 1945 eine Heimat zu geben. Die rechte, nationalkonservative Partei war zwischen 1949 und 1960 an der Regierung beteiligt. 1961 löste sich die Partei auf, nachdem immer mehr Mitglieder zur CDU abgewandert waren.
Trotz seines Parteiausschlusses erschien Hedler zur Sitzung des Bundestags am 10. März 1950. Das Plenum war außer sich, der Bundestagspräsident forderte ihn auf, den Saal zu verlassen. Doch Hedler weigerte sich.
Handgemenge und leichte Verletzungen
Herbert Wehner, seinerzeit Fraktionschef der SPD, und weitere SPD-Abgeordnete nahmen die Dinge selbst in die Hand. Einige, darunter auch Wehner, wendeten dabei Gewalt an. Hedler fiel bei der Auseinandersetzung durch eine Glastür. Auch eine Treppe soll er hinabgestürzt sein und sich leichte Verletzungen zugezogen haben.
Die beteiligten Abgeordneten der Sozialdemokraten wurden für eine Woche von Bundestagssitzungen ausgeschlossen. Die Zahlung eines Schmerzensgeldes wurde für die SPD-Abgeordneten ebenfalls fällig.