Polyphasisches Schlafen, auch Intervallschlafen genannt, ist eine Schlaftechnik, bei welcher der Schlaf auf mehrere kurze Schlafphasen aufgeteilt wird – ganz nach dem Motto: Weniger ist mehr.
Das Wichtigste im Überblick
Die Schlafintervalle sollen dem Körper Energie schenken und ihn leistungsfähiger machen, aber auch Zeit sparen. Doch ist dieser Optimierungsschlaf gesund?
Monophasischer Schlaf: die gängige Schlafmethode
Beim monophasischen Schlaf schläft der Körper mehrere Stunden am Stück – in der Regel nachts – und führt während dieser Zeit wichtige Regenerations- und Heilungsprozesse durch. Wie viel Schlaf ein Mensch braucht, um ausgeruht in den Tag zu starten, ist individuell verschieden. Die durchschnittliche nächtliche Schlafdauer liegt bei Erwachsenen zwischen sieben und acht Stunden. Manche Menschen benötigen weniger Schlaf, um sich fit zu fühlen, andere mehr.
Während wir schlafen, durchläuft unser Körper mehrere Schlafzyklen, welche sich aus vier Schlafphasen zusammensetzen: Einschlafphase, Leichtschlafphase, Tiefschlafphase und REM-Schlaf. Besonders der Tiefschlaf sowie der REM-Schlaf sind für die Reparaturprozesse von Bedeutung: Im Tiefschlaf werden vor allem körperliche Heilungsprozesse angestoßen, im REM-Schlaf steht die Regeneration des Gehirns im Fokus. Der Nachtschlaf gilt für die Gesundheit als bedeutsam – auch, weil der Mensch ein tagaktives Wesen ist.
Was ist polyphasischer Schlaf?
Beim polyphasischen Schlaf ist der Schlaf in mehrere kürzere Schlafintervalle unterteilt. Daher kommt auch der Name Intervallschlafen. Die Idee hinter polyphasischem Schlaf ist, weniger Schlaf zu benötigen und dennoch ausgeruht und leistungsfähig zu sein. Der polyphasische Schlaf kann unterschiedlich aufgeteilt sein. Beispielsweise kann der Nachtschlaf auf vier Stunden reduziert sein und am Tag werden zwei Schlafphasen von 1,5 bis 2 Stunden Dauer genutzt. Manche geübte Intervallschläfer reduzieren ihre Gesamtschlafdauer innerhalb von 24 Stunden auf gerade einmal drei Stunden.
Zur Person
Dr. med. Alfred Wiater ist ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) sowie Kinder- und Jugendarzt mit dem Schwerpunkt Schlafmedizin. Außerdem hat der Schlafexperte zusammen mit Dr. med. Christoph Schöbel das Buch „Ticken Sie richtig? Wie Sie zu Ihrem gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus finden“ (Scorpio Verlag) verfasst. Dr. Wiater ist Leiter einer Onlinepraxis für Kinderschlafmedizin (www.telepraxis-kinderschlaf.de).
Schlafforscher Dr. Alfred Wiater erklärt hierzu: „Natürlicherweise finden wir polyphasischen Schlaf bei Säuglingen, bei denen die Schlaf-Wach-Regulation noch auf den 24-Stunden-Rhythmus ausgerichtet ist. Die Entwicklung zum überwiegenden Schlaf in der Nacht und Wachsein am Tage erfolgt im Laufe des ersten Lebensjahres.“ Im Erwachsenenalter bestehe dann meist das Bedürfnis des Körpers, den Nachtschlaf zur Erholung zu nutzen.
Polyphasischer Schlaf im Erwachsenenalter – gesund oder schädlich?
Öfter schlafen, aber dafür kürzer: Was macht das mit dem Körper? Gesund sind die Nickerchen nicht – und auch kein Ersatz für einen guten Nachtschlaf, so die Einschätzung des Schlafmediziners. Denn: Je kürzer der Schlaf ist, desto kürzer ist die Heilungszeit für den Körper. „Wird dem Körper Schlaf entzogen und der natürliche Schlaf-Wach-Rhythmus gestört, beeinträchtigt das die Regenerationsprozesse. Körper und Psyche können sich nicht richtig erholen“, sagt Wiater. „Beim Kurzschlaf hat der Körper nicht die Möglichkeit, die Tiefschlafphase und den REM-Schlaf in voller Länge zu durchlaufen. Das schmälert schließlich auch die Leistungsfähigkeit, schwächt das Immunsystem und verschlechtert die Gehirnleistung.“
Polyphasischen Schlaf besser nur kurz anwenden
Wer nur über einige Tage hinweg nach dem polyphasischen Schlafmuster schläft, muss in der Regel keine Beeinträchtigungen befürchten. Der Körper gleicht das Schlafdefizit anschließend wieder aus und erholt sich. Bei Sportarten beispielsweise, bei denen die Sportler an mehrtägigen Marathons oder Radrennen teilnehmen, wird polyphasischer Schlaf eingesetzt. Auch in stressigen Phasen, etwa in Lernphasen oder vor der Abgabe eines wichtigen Projekts, fällt der Schlaf oft kürzer aus. Kritisch wird es, wenn der individuelle Schlaf-Wach-Rhythmus längerfristig übergangen wird. Dann gerät die gesamte Biologie des Körpers durcheinander.
„Wer entgegen dem natürlichen Schlafbedürfnis agiert, muss mit Beeinträchtigungen der Gesundheit rechnen, wie wir sie von der Schichtarbeit kennen“, sagt Wiater. „Ignorieren wir unsere innere Uhr, können neben Schlafstörungen unter anderem auch Magen-Darm-Beschwerden, Herz-Kreislauf-Probleme sowie psychische Probleme bis hin zu Angststörungen und Depression auftreten.“ Außerdem leidet die Leistungsfähigkeit: Fehlen dem Körper ausreichend Schlaf und eine gute Schlafqualität, sind Tagesmüdigkeit, ein verlangsamtes Reaktionsvermögen, Konzentrationsprobleme, Vergesslichkeit, Stimmungsschwankungen und Kopfschmerzen die Folge. Auch das Unfallrisiko steigt.
Erhöhtes Demenzrisiko durch Schlafmangel
Im Zusammenhang mit altersbedingten Erkrankungen diskutieren Wissenschaftler zudem die Frage, inwiefern Schlafstörungen beziehungsweise Schlafmangel von Bedeutung sind. „Die Zusammenhänge zwischen chronischen Schlafstörungen und einem erhöhten Demenzrisiko sind in der Schlafmedizin bereits seit Längerem bekannt“, sagt Wiater. „Dem Schlaf kommt eine entscheidende Rolle bei der Entsorgung von Stoffwechselabbauprodukten im Gehirn zu, die sich im Wachzustand dort anhäufen.“
Welcher Schlaf ist gesund?
Wichtig ist laut dem Schlafexperten, auf die innere Uhr zu hören: „Berücksichtigen Sie ungeachtet von Trends Ihr individuelles Schlafbedürfnis. Alles andere beeinträchtigt die Gesundheit“, so Wiater. „Der Schlaf ist dann gesund, wenn Sie ausgeruht aufwachen.“ Gestört sei der Schlaf hingegen, wenn man ständig müde sei, der Schlaf nicht die erhoffte Energie bringe und bestimmte Schlaffaktoren selbst als belastend empfunden würden, etwa weil das Durchschlafen nicht gelingt oder man sehr früh wieder aufwacht. Länger als einen Monat anhaltende Schlafstörungen sollten ärztlich abgeklärt werden.