Bei einer Polymyalgia rheumatica können trotz Behandlung neue Schübe auftreten. Wann das Risiko besteht und was dann zu tun ist.
Wer an Polymyalgia rheumatica erkrankt ist, hat mit belastenden Beschwerden zu tun, die weit über gewöhnliche „Alterswehwechen“ hinausgehen: Typisch sind vor allem Schmerzen in den Schulter-, Nacken- und Hüftmuskeln, verbunden mit einer ausgeprägten Morgensteifigkeit und einem allgemeinen Krankheitsgefühl.
Auslöser der Symptome sind Entzündungen in den Blutgefäßen, die die Muskeln im Bereich der Schultern und Hüften versorgen. Wie genau es dazu kommt, ist nicht hinlänglich geklärt. Dennoch lässt sich die Erkrankung in der Regel gut medikamentös behandeln: Durch Glukokortikoide, die auch als Kortisonpräparate bezeichnet werden, lassen sich die Entzündungen – und damit die Beschwerden – normalerweise wirksam und sehr schnell in den Griff bekommen.
Allerdings dauert es oftmals Jahre, bis die Betroffenen ohne Medikamente beschwerdefrei sind. Und bei manchen von ihnen flammen die Entzündungen trotz der Behandlung wieder auf.
Bei einem Großteil der Betroffenen gehen die Schmerzen und die Steifigkeit im Rahmen der Therapie binnen weniger Tage bis Wochen zurück. Nicht selten – bei rund 40 von 100 Erkrankten – ereignen sich jedoch innerhalb des Jahres nach Therapiebeginn Rückfälle, das heißt, ihre Schulter- und Hüftmuskeln beginnen wieder zu schmerzen.
Bestimmte Risikofaktoren begünstigen solche erneuten Schübe. Wie sich gezeigt hat, ereignen sich diese insbesondere bei Erkrankten, die
- weiblich sind,
- zu Beginn der Behandlung stark ausgeprägte Entzündungen (also hohe Entzündungswerte) aufweisen, und/oder
- zusätzlich Gelenkentzündungen (periphere Arthritis) haben.
Darüber hinaus können neue Schübe auftreten, wenn die erkrankte Person
- eine zu geringe Kortisondosis verordnet bekommen hat, oder
- die Behandlung frühzeitig abbricht.
Ersteres kann vorkommen, wenn die Kortisonbehandlung zu rasch ausgeschlichen wird. Die Ärztin oder der Arzt muss die Kortisondosis zwar im Verlauf der Behandlung nach und nach immer weiter verringern. Das ist richtig und notwendig – auch, um das Risiko für unerwünschte Wirkungen zu mindern, welches mit der Dauer der Einnahme steigt. Wird die Dosis allerdings zu früh zu stark gesenkt, kann es erneut zu Entzündungen kommen.
Um das zu verhindern, sind die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen wichtig. In deren Rahmen überprüft die Ärztin oder der Arzt die aktuellen Entzündungswerte und den allgemeinen Gesundheitszustand der erkrankten Person.
Die Befunde geben Auskunft darüber, ob die Behandlung ausreichend hilft und ob die Dosis im richtigen Tempo gesenkt wurde. Falls nicht, muss die Dosis angepasst werden. Im besten Fall lassen sich erneute Schübe so rechtzeitig abwenden.
Wenn eine an Polymyalgia rheumatica erkrankte Person trotz Kortisonbehandlung Entzündungsschübe bei sich bemerkt, sollte sie das ihrer Ärztin oder ihrem Arzt mitteilen. Sie wird versuchen, die Behandlung so anzupassen, dass die Entzündungen – und somit die Beschwerden – schnellstmöglich wieder nachlassen.
Dazu kann einerseits eine höhere Kortisondosis nötig sein, welche dann wieder langsam gesenkt wird. Andererseits kann die Ärztin oder der Arzt in Erwägung ziehen, zusätzlich ein anderes Medikament zu verordnen: Methotrexat.
Das ist ursprünglich ein Krebsmedikament. Wie sich gezeigt hat, kann es aber auch bei verschiedenen entzündlichen Autoimmunerkrankungen helfen, zu denen auch Polymyalgia rheumatica gehört.
Da die Wirksamkeit von Methotrexat bei dieser Krankheit nicht so gut belegt ist wie die der Kortisontherapie, kommt es jedoch nur in bestimmten Fällen zum Einsatz – nämlich, wenn
- die Kortisonbehandlung nicht reicht, sodass Rückfälle (also Schübe der Erkrankung) auftreten, und/oder
- absehbar ist, dass die Nebenwirkungen der Kortisontherapie die Gesundheit der oder des Erkrankten zu stark belasten werden.
Eine Polymyalgia rheumatica ist nicht lebensbedrohlich. Wenn aber immer wieder neue Schübe auftreten, die eine langwierige Behandlung mit Kortison notwendig machen, können ernste Nebenwirkungen auftreten. Unter anderem können sich Bluthochdruck, Osteoporose und Diabetes mellitus entwickeln.
Ob und inwieweit das Risiko für diese Erkrankungen bei einer betroffenen Person besteht, hängt von ihren individuellen gesundheitlichen Voraussetzungen sowie von der Dauer und Dosierung der Kortisontherapie ab.
Nur die ärztliche Fachkraft kann dazu eine fundierte Einschätzung abgeben. Möglicherweise kann sie zudem Maßnahmen vorschlagen, durch die sich das Risiko für unerwünschte Folgen der Kortisonbehandlung verringern lässt. Zur Vorbeugung von Diabetes mellitus können zum Beispiel Bewegung und eine gesunde Ernährung beitragen.