Er ist seit 19 Jahren bei der Polizei, hat mit Kriminellen und Opfern von Straftaten zu tun. Was er und seine Kollegen leisten, werde finanziell zu wenig gewürdigt, sagt Björn Hoogland.
Die Wirtschaft stagniert. Schuld daran sei auch, dass Deutschland sich vom Leistungsgedanken verabschiedet, kritisieren Politiker und Unternehmer. Stimmt das? Wie denken die Menschen im Land darüber? Und was verstehen wir eigentlich unter Leistung? t-online geht diesen Fragen in einer Serie nach, lässt dazu bekannte und unbekannte Menschen zu Wort kommen. In dieser Folge:
Björn Hoogland, 42, Polizeibeamter und Mitglied der Gewerkschaft der Polizei aus Köln
„Leistung ist für mich, wenn man kontinuierlich auf einem hohen Niveau arbeitet. Das heißt, einerseits die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger erfüllt, etwa, indem ich ihnen helfe und sie unterstütze. Gleichzeitig haben aber auch die Polizei und der Rechtsstaat Erwartungen an mich: dass ich rechtsstaatlich handle, alle gleich behandele, objektiv bin.
Mein Ziel ist es, meine Leistung stets zu verbessern. Um dies langfristig zu erreichen, muss man an der ein oder anderen Stelle seine Komfortzone verlassen oder über das schlicht Notwendige hinausgehen. Ich bin überzeugt, dass wenn alle mehr als das Mindestmaß machen, wird am Ende das gesamte Ergebnis sehr viel besser.
Zur Person
Björn Hoogland ist 42 Jahre alt und stammt aus dem Münsterland. Seine Ausbildung bei der Polizei absolvierte er in Gelsenkirchen im Ruhrgebiet, seit 2004 ist er bei der Polizei in Köln, inzwischen als Wachdienstführer im Stadtteil Kalk, einem sogenannten Brennpunkt. Gleichzeitig engagiert sich Hoogland auch in der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
In meinen 19 Jahren im Polizeidienst habe ich bislang keinen Leistungsverlust erlebt. Wenn man sich irgendwann einmal bewusst für den Polizeiberuf entscheidet, weiß man, was man leisten muss. Das ist ein bestimmter Schlag Mensch, der um die psychischen und physischen Anforderungen des Berufs weiß und dementsprechend ist jeder und jede Einzelne bis in die Haarspitzen motiviert.
Das ist auch wichtig, weil man als Polizeibeamter viele unschöne Dinge erlebt. Ich habe schon Mist für mindestens 20 Menschenleben gesehen. Ich war damals bei der Loveparade in Duisburg 2010 dabei, als bei einer Massenpanik 21 Menschen starben und Hunderte verletzt wurden. An jede Sekunde, die ich dort im Einsatz war, kann ich mich noch erinnern. Wir haben Fälle von plötzlichem Kindstod, Tötungsdelikte und Suizide. An meine erste Leiche erinnere ich mich, als wäre es gestern, obwohl es jetzt auch schon knapp 20 Jahre her ist.
In solchen Momenten einen kühlen Kopf zu bewahren und Leistung zu bringen, ist schwierig. Aber es muss sein. Als ich Polizist wurde, wusste ich, dass so etwas passieren kann.
Leistung lohnt sich immer, weil dann das gesamte Arbeitsergebnis gut wird. Bei der Polizei wird es anerkannt, wenn Kolleginnen und Kollegen leistungsstark sind und positiv auffallen. Alle drei Jahre erfolgt eine Leistungsbeurteilung bei der Polizei – und je besser diese ausfällt, desto höhere Chancen hat man auf eine Beförderung. Das geht mit einer höheren Besoldung einher, aber ansonsten gibt es keine finanziellen Anreize. Die Motivation und Leistungsbereitschaft kommt aus dem Inneren. Der eigene Anspruch muss sein, so gut wie möglich zu arbeiten.
Die Motivation im Polizeiberuf
Deutschlandweit arbeiten rund 280.000 Menschen für die Polizei, die meisten von ihnen in Nordrhein-Westfalen. Im April 2023 veröffentlichte die Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol) eine Studie zur Motivation für den Polizeiberuf. Demnach gab die Mehrzahl der Befragten als wichtigstes Motiv für den Polizeiberuf an, eine sinnvolle und spannende Tätigkeit ausüben sowie Menschen helfen zu wollen. Die Studie zeigt auch, dass sich diese Motivation im Laufe der Dienstjahre nur geringfügig ändert. Dennoch leidet auch die Polizei unter Personalmangel. Laut dem Deutschen Beamtenbund (dbb) fehlen bei der Landespolizei bundesweit 40.500 Beamte, bei der Bundespolizei zusätzlich 11.000 Mitarbeiter (Stand: Oktober 2023).
Dennoch würden meine Kollegen und ich uns wünschen, dass die Leistung auch finanziell mehr gewürdigt wird. Es ist an der Zeit, dass unser Dienstherr die Leistung, die wir hier in Nordrhein-Westfalen bringen, auch entsprechend honoriert – egal ob im Wachdienst, bei der Kripo, bei der Bereitschaftspolizei, in der Verwaltung oder der Direktion Verkehr. Dafür setze ich mich auch als Gewerkschaftsmitglied ein.
Wenn man mich jetzt nach fast 20 Jahren fragen würde, ob ich mich wieder für diesen Beruf entscheiden würde, dann würde ich sagen: jederzeit.
Björn Hoogland
Denn der Leistungsdruck ist tatsächlich hoch. Nicht zu hoch, aber hoch. Das hat auch damit zu tun, dass wir uns hier in Köln in einer Großstadt befinden. Gerade in den sogenannten Problemvierteln gibt es viele Gewaltdelikte und andere Verbrechen. Es gibt für uns viele Einsätze und wir haben nur wenige Ruhephasen. Aber ich mache es trotzdem sehr gerne.
Schließlich gibt es auch viele schöne Momente, etwa wenn man den Menschen helfen kann. Wir haben zum Beispiel auch Einsätze, bei denen an Demenz erkrankte Menschen von zu Hause weglaufen und wir sie suchen müssen. Der Moment, wenn man so jemanden findet und wieder zu den Familienangehörigen zurückbringt, kann einem sehr viel Kraft geben. Da merkt man besonders stark, dass diese Arbeit wichtig und sinnvoll ist. Deswegen: Wenn man mich jetzt nach fast 20 Jahren fragt, ob ich mich wieder für diesen Beruf entscheiden würde, dann sage ich: jederzeit.“