Daniela Klette befindet sich nach 30 Jahren Fahndung in Polizeigewahrsam. Die drängendste Frage: Packt sie nun über die Taten der dritten RAF-Generation aus?
Jahrzehntelang war die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette untergetaucht – bis heute. Am Dienstagvormittag wurde bekannt, dass sie in Berlin-Kreuzberg gefasst wurde (lesen Sie hier mehr dazu).
Aber was hat die Festnahme für die Ermittler zu bedeuten? Kommen sie nun auch den Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg auf die Spur? Wird Klette reden? Rechtsanwalt Butz Peters ordnet die aktuellen Entwicklungen im Gespräch mit t-online ein.
t-online: Herr Peters, welche Auswirkungen hat Daniela Klettes Festnahme?
Butz Peters: Nach Daniela Klette wurde seit mehr als 30 Jahren gefahndet. Dass sie heute festgenommen wurde, ist ein riesiger Erfolg für die Zielfahndung in Niedersachsen. Jetzt besteht die Chance, die Verbrechen der dritten RAF-Generation aufzuklären.
Was wird bei der Aufklärung besonders im Fokus stehen?
Ungeklärt ist bei der dritten Generation, wer mit dabei war. Die Erkenntnisse sind rudimentär. Drei Tatverdächtige stehen namentlich fest: Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg. Aber über ein Dutzend Beteiligte sind den Sicherheitsbehörden immer noch völlig unbekannt.
Die dritte Generation hat zwischen 1984 und 1993 zehn Menschen in dieser Republik ermordet, unter anderem Treuhandchef Rohwedder und Deutsche Bank-Vorstandssprecher Herrhausen. Neun von zehn Taten sind bislang so gut wie nicht aufgeklärt. Niemand weiß, wer noch mit von der Partie gewesen ist. Die Ermittler wissen praktisch nichts, was in der dritten Generation passiert ist.
RAF-Taten
RAF steht für Rote Armee Fraktion. Die linksextremistische Gruppierung sorgte primär in den 70er- und 80er-Jahren mit Anschlägen und Entführungen für Schrecken in der Bundesrepublik, mehr als 30 Morde gehen auf ihr Konto. Zu ihren Opfern gehörten Wirtschaftsführer wie der damalige Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer sowie der Generalbundesanwalt Siegfried Buback. Die dritte Generation, der Klette, Staub und Garweg angehörten, verübte außerdem unter anderem Sprengstoffattentate auf Einrichtungen des US-Militärs in Deutschland. 1998 erklärte sich die RAF nach Jahren weitgehender Inaktivität selbst für aufgelöst. Es gibt keine Hinweise darauf, dass sie noch aktiv ist.
Wie ist es bei den Ermittlungen nun zum Durchbruch gekommen?
Das ist noch nicht bekannt. Zuletzt wurde der Fahndungsaufruf nach den RAF-Terroristen in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“ erneuert. Danach gingen Hunderte Hinweise bei der Polizei ein. Und dass die Ermittler auf der Lauer lagen, war ja klar. Es hat Observationen, Telefonüberwachung gegeben.
Ist davon auszugehen, dass Daniela Klette nun auspackt?
Noch ist unklar, ob sie gesprächig ist oder nicht. Die meisten RAF-Terroristen, die gefasst wurden, haben immer eisern geschwiegen. Dabei ist es extrem wichtig, zu erfahren, wo Klette die ganze Zeit gesteckt hat – das war seit über 30 Jahren ein Riesenrätsel.
Video | RAF-Terroristin in Berlin festgenommen: Mit diesen Videos wurde gefahndet
Quelle: t-online
Derzeit können wir nur spekulieren, wie sie die Jahrzehnte auf der Flucht verbracht hat.
Ja, dazu gibt es unterschiedliche Überlegungen. Zum einen kann sie unter einer anderen Identität im deutschsprachigen Raum gelebt haben. Die zweite Möglichkeit wäre, dass sie sich außerhalb des deutschen Kulturkreises aufgehalten hat. Andere RAF-Verdächtige haben etwa in Syrien oder im Damaskus gelebt. Es ist auch möglich, dass die Verdächtige zwischen den beiden Modellen gewechselt hat. Das werden die Ermittlungen ergeben.
Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg werden immer noch gesucht. Verhilft die Festnahme Klettes womöglich bei der Aufspürung der beiden Terrorverdächtigen?
Davon ist auszugehen. Die drei haben gemeinsam Straftaten begangen. Es kann sehr gut sein, dass die beiden nicht fern sind. Es wird spannend, was Klette dazu sagt.
Wie geht es für Daniela Klette nun weiter?
Sie wird dem Ermittlungsrichter vorgeführt, der ihr den Haftbefehl verkündet. Danach kommt Klette vermutlich in Untersuchungshaft. Polizei und Staatsanwaltschaft werden sie fragen, ob sie sofort reden will. Aber sie wird vermutlich geschockt sein – weil sie nach 30 Jahren plötzlich gefasst wurde. Es könnte auch eine Kronzeugenregelung in Betracht gezogen werden. Das heißt, Klette packt aus und bekommt deutlichen Straferlass. Sie wird sich nun entscheiden müssen, ob sie Licht ins Dunkle der Taten der dritten RAF-Generation bringen will – oder eben nicht.
Herr Peters, vielen Dank für das Gespräch.