Die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette ist gefasst. Von den beiden anderen Mitgliedern der Roten Armee Fraktion fehlt allerdings weiter jede Spur. So könnte die Polizei vorgehen.
Tut sie es nicht, müssen die Ermittler auf andere Methoden zurückgreifen. Und das könnte bedeuten, dass sie erneut lange Zeit im Dunklen tappen werden. „Die Polizei ist beim Thema Digitalisierung noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen“, erklärt Alexander Poitz, der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), im Gespräch mit t-online. Nicht einmal Smartphones und Tablets seien flächendeckend als Hilfsmittel bei Ermittlungen bei den Behörden in Verwendung.
Viel Kritik an der Polizei
Im Zuge der Verhaftung von Daniela Klette hatte es zuvor viel Kritik an den Sicherheitsbehörden gegeben. Das lag unter anderem daran, dass Journalisten zuvor innerhalb weniger Minuten auf die Spur der gesuchten Ex-Terroristin gekommen waren, indem sie eine Software einsetzten, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) Klettes Gesicht mit Fotos im Internet abglich. Mehr dazu lesen Sie hier.
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Quelle: t-online
Doch diese Software darf die Polizei in Deutschland aufgrund von Einschränkungen durch das KI-Gesetz nicht anwenden. „Im KI-Gesetz sind mehrere Sicherheitsstufen festgelegt – und wir als Sicherheitsbehörde unterliegen der höchsten“, sagt Poitz. Das bedeutet, dass alle Anwendungen, die die Polizei nutzen möchte, zunächst eingehend geprüft werden müssen.
Insbesondere der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware sei heikel, führt Poitz aus. Entsprechende Tools müssten zunächst einen Datensatz aufbauen und dazu Daten im öffentlichen Raum sammeln. Darüber hinaus müssten Beamtinnen und Beamte diese Daten dann händisch auswerten, aufbereiten und dabei alle Datenschutzrichtlinien beachten.
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GdP-Sprecher: Wollen keine Überwachung wie in „1984“
Benjamin Jendro ist Pressesprecher der GdP Berlin und erzählt im Gespräch mit t-online, dass die Polizei schon Testläufe bestimmter KI-Programme begonnen habe. „Aber auch wenn diese danach zum festen Bestandteil unserer Ermittlungsarbeit werden, sind die Bürgerinnen und Bürger nicht so überwacht wie im Film ‚Staatsfeind Nr. 1‘ oder im Buch ‚1984‘“, erklärt er. Und fügt hinzu: „Und das wollen wir auch gar nicht.“
Er kann die Kritik vieler Bürgerinnen und Bürger an der langwierigen Ermittlung im Fall Daniela Klette nachvollziehen. Allerdings unterliege die Polizei deutlich strengeren Gesetzen als etwa die Journalisten, die Klette mithilfe der KI-Gesichtserkennungssoftware aufspüren konnten. „Sämtliche Sicherheitsbehörden hängen den technischen Möglichkeiten hinterher“, sagt Jendro. Die Sicherheit sei Ländersache, die Behörden unterlägen den Polizei- und Datenschutzgesetzen der Bundesländer. „Wir haben einen sicherheitspolitischen Flickenteppich in Deutschland.“
Polizei ist im Digitalen nicht gut aufgestellt
Bis zur effektiven Nutzung von Künstlicher Intelligenz sei es allerdings noch ein weiter Weg, vermutet der Sprecher der GdP Berlin. Auf dem Feld der sogenannten Open Source Intelligence (OSINT), also der Nachrichtengewinnung und -auswertung durch öffentlich zugängliche Quellen, sehe er derzeit mehr Potenzial. „Aber auch hier brauchen wir mehr rechtliche Möglichkeiten sowie technische und personelle Kapazitäten“, sagt Jendro.
Die deutschen Sicherheitsbehörden müssten hinsichtlich der Datenerhebung im öffentlichen Raum besser aufgestellt sein. Als Beispiel führt Jendro den Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz an, bei dem am 19. Dezember 2016 13 Menschen starben. „Damals musste die Polizei ein Onlineportal einrichten und die Bevölkerung dazu aufrufen, Bilder und Videos hochzuladen – denn es gab schlichtweg kein staatliches Material.“