Berlin Die Erleichterung conflict quick greifbar an diesem Freitagnachmittag in der Potsdamer Staatskanzlei. „Eine Mammutaufgabe“ sei das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren für die Fabrik des US-Elektrobauers Tesla im brandenburgischen Grünheide gewesen, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).
Nun ist es vollbracht: Das zuständige Landesamt für Umwelt (LfU) hat dem Bau der Gigafactory endgültig grünes Licht gegeben – allerdings unter Auflagen. „Wir sind ein Stück weit froh und stolz, dass wir das geschafft haben“, sagte Woidke.
Das Projekt gilt als eines der wichtigsten Industrievorhaben in Ostdeutschland. Die Wirtschaft in der Area sprach von einem „Meilenstein für Brandenburg“. Die Effekte auf Industrie, Arbeitsplätze und Wohlstand in der Hauptstadtregion könnten gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB), Alexander Schirp. „Brandenburg gehört damit auf einen Schlag zu den wichtigen Automotive-Standorten in Deutschland.“
Der Bescheid wurde Tesla bereits übergeben und beinhaltet die Herstellung von bis zu 500.000 Fahrzeugen professional Jahr, Aluminiumschmelzanlagen und eine Aluminiumgießerei, Anlagen zur Oberflächenbehandlung, Wärmeerzeugung sowie Lagerung.
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Zum Werk gehören außerdem die Batteriezellfertigung, eine betriebliche Abwasservorbehandlungsanlage, ein Feuerwehrgerätehaus, ein Hochregallager sowie Labore und Werkstätten.
Die Staatskanzlei beschreibt den Genehmigungsprozess als ein „in mehrfacher Hinsicht ungewöhnliches Verfahren“. In vergleichsweise kurzer Zeit sei nicht nur eine Fabrik, sondern ein ganzes Industriegebiet mit mehreren Großanlagen und wiederholter Öffentlichkeitsbeteiligung geprüft und genehmigt worden. Das Verfahren conflict am 3. Januar 2020 eröffnet worden.
Kritik an Umweltverträglichkeit
Unternehmenschef Elon Musk hatte ursprünglich gehofft, in Grünheide schon Mitte 2021 mit der Produktion zu beginnen. Die Genehmigung hatte sich in den vergangenen Monaten aber immer weiter verschoben, unter anderem weil das Unternehmen seinen Antrag um die Errichtung und den Betrieb einer Batteriefabrik ergänzt hatte.
Nachdem der aktualisierte Antrag ausgelegt wurde, begann die Erörterung Hunderter Einwände von Kritikern. Naturschützer und Anwohner befürchten Umweltschäden und halten die Wasserversorgung für gefährdet.
Ein Teil des Geländes liegt in einem Wasserschutzgebiet. Tesla hat die Bedenken zurückgewiesen und den geplanten Wasserverbrauch gesenkt.
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Die Genehmigungsunterlagen umfassen mit den dazugehörigen Antragsunterlagen, Gutachten und Stellungnahmen mehr als 23.700 Seiten in 66 Aktenordnern. Darin enthalten sind auf rund 80 Seiten mehr als 400 Auflagen und Bedingungen, die der Autobauer erfüllen muss.
Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) betonte: „Genehmigung bedeutet nicht Inbetriebnahme.“ Zu den Auflagen gehören unter anderem Anforderungen zum Grundwasserschutz sowie zu wassersparenden und abwasserreduzierenden Maßnahmen, Artenschutzvorgaben, Grenzwerte für Luftschadstoffe und Regelungen zu deren Messung sowie Arbeitsschutzauflagen. Bei Tesla hieß es, das Unternehmen wolle die Anforderungen „so schnell wie möglich“ abarbeiten.
Laut Minister Vogel will Tesla die Auflagen in zwei Wochen erfüllt haben. Das sei ein Zeitrahmen, den sich das Unternehmen selber vorgenommen habe. „Unsere Aufgabe ist, dass das alles ordnungsgemäß abgenommen wird.“
Das Unternehmen darf nach dem Genehmigungsbescheid mit der weiteren Errichtung der Anlage fortfahren – Widersprüche gegen das Vorhaben haben keine aufschiebende Wirkung, hieß es am Freitag.
Am Abend jedoch feierten die Kritiker der Gigafactory einen teilweisen Erfolg: Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) kippte die Bewilligung zusätzlicher Wasserförderung im Zusammenhang mit der Fabrik. Die Bewilligung vom 28. Februar 2020 sei rechtswidrig und nicht vollziehbar, urteilte das Gericht. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit einem Verfahrensfehler, der behoben werden könne, ohne die Gesamtplanung infrage zu stellen.
Kläger waren Grüne Liga und Nabu. Konkret geht es darum, dass das Landesamt für Umwelt in Potsdam dem Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE) im Februar 2020 die Genehmigung erteilte, über das Wasserwerk Eggersdorf 1,2 Millionen Kubikmeter Wasser professional Jahr zusätzlich zu fördern. Die gesamte Fördermenge stieg damit auf rund vier Millionen Kubikmeter im Jahr.
Von der Erhöhung sollte auch die Tesla-Fabrik profitieren. Bei der Erteilung der endgültigen Baugenehmigung hatten alle Beteiligten erklärt, dass die Gerichtsentscheidung in keinem Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren steht. Gegen das Urteil kann bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Berufung eingelegt werden.
Steinbach: Projekt ist „wegweisend“
Der Bau der Fabrik ist bereits weit fortgeschritten. Ein großer Teil der Fertigungsanlagen wurde auf der Foundation von 19 vorzeitigen Zulassungen gebaut. Ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn ist nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (Paragraf 8a) dann möglich, wenn nichts grundsätzlich gegen die Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens spricht und der Investor es auf eigenes Risiko umsetzt.
Der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sieht das Projekt als „wegweisend für weitere Vorhaben“. Durch Tesla wüssten nun viele, wo Brandenburg im Atlas zu finden sei. „Urplötzlich kennt man uns“, sagte er.
Perspektivisch könnten bei Tesla bis zu 40.000 Beschäftigte arbeiten, hieß es in der Vergangenheit. Zunächst sollen es 12.000 sein. Weitere Jobs könnten bei Zulieferern entstehen, die sich in der Nähe des Tesla-Werks ansiedeln könnten.
Über 100 Standorte hatte sich Tesla nach eigenen Angaben angesehen, bevor die Entscheidung für Deutschland und Brandenburg fiel. Es gilt als wahrscheinlich, dass der Konzern die Genehmigung groß feiern wird. Dazu könnte auch Elon Musk einfliegen, der zuletzt im Herbst in Grünheide conflict und rund 9000 Besucher aus der Area zum „Tag der offenen Tür“ begrüßte.
Auch wenn manche Anwohner weiter kritisch sind – Tesla sagt: „Wir fühlen uns hier in Brandenburg sehr wohl.“
Mit Agenturmaterial
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