Seit 2016 konnte sich Ostdeutschland eines gesteigerten Zuzugs erfreuen. Nun aber dreht sich der Trend – vor allem eine Gruppe verlässt die neuen Bundesländer.
Im vergangenen Jahr ist erstmals seit 2016 die Zahl der Menschen, die von Ostdeutschland nach Westdeutschland gezogen sind, wieder höher als die derjenigen, die den umgekehrten Weg genommen haben. Das geht aus neuen Daten der Bundesländer hervor, die von der dts Nachrichtenagentur ausgewertet und vom Statistischen Bundesamt bestätigt wurden.
Laut diesen Daten zogen im Jahr 2023 etwa 85.300 Menschen von den alten in die neuen Bundesländer, wobei Berlin wie üblich bei dieser Statistik unberücksichtigt blieb. Gleichzeitig verlegten rund 88.300 Menschen ihren Wohnsitz von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen oder Thüringen in eines der westlichen Bundesländer.
Der sogenannte „Wanderungssaldo“ zwischen Ost- und Westdeutschland sei daher mit etwa 3.000 Personen aus Sicht des Ostens negativ. Dies stellt eine Umkehrung des Trends der letzten sechs Jahre dar, in denen der Saldo erstmals seit der Wiedervereinigung positiv war. Von 2017 bis 2022 zogen demnach jährlich mehr Menschen vom Westen in den Osten als umgekehrt, wobei das Jahr 2020 ein Bevölkerungsplus von über 6.000 Personen für Ostdeutschland verzeichnete.
Ein bedeutender Faktor für die erneute Abwanderung von Ost nach West seien Ausländer, wie die Untersuchung ergibt. Rund 32.500 Personen ohne deutschen Pass zogen 2023 von Ost nach West, während nur 19.400 den umgekehrten Weg nahmen. Dies ergibt einen negativen Wanderungssaldo von 13.100 Personen für die neuen Bundesländer.
Bei deutschen Staatsbürgern zeigt sich weiterhin eine stärkere Bewegung von West nach Ost. Etwa 65.900 Menschen mit deutschem Pass zogen 2023 in die neuen Bundesländer, während nur 55.800 den umgekehrten Weg wählten. Dies bedeutet einen Wanderungsgewinn von rund 10.100 Personen für den Osten.
Auffällig ist, dass besonders Männer im letzten Jahr verstärkt aus Ostdeutschland wegzogen. Mit einem Minus von genau 2.221 Personen war der Fortzug bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen, bei denen der Unterschied zwischen Zu- und Fortzügen bei minus 741 Personen lag.
Für den Ostbeauftragten der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), sind diese Entwicklungen besorgniserregend. In einem Interview vor zwei Wochen betonte er, dass der Osten „Zuzugsland“ werden müsse, „denn ohne Zuzug gibt es keine Zukunft“. Er fügte hinzu, dass das größte Risiko für einen Standort darin bestehe, wenn Menschen sich nicht mehr willkommen fühlten und deswegen nicht in bestimmte Gegenden ziehen wollten. Schneider wollte die neuen Zahlen für 2023 auf Nachfrage jedoch nicht kommentieren.