Qingdao, München Die Winterjacke von Arc’teryx, die Chinas Staatschef Xi Jinping bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele trug, struggle bei chinesischen Onlinehändlern blitzschnell ausverkauft. Trotz des Preises von umgerechnet mehr als 1000 Euro. Die Webseite des Ausstatters der kanadischen Olympioniken, die Yoga-Marke Lululemon, brach sogar zeitweise zusammen, weil die Kundennachfrage aus China sprunghaft anstieg.
Auch wenn die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen Olympischer Spiele traditionell gering sind, hoffen die Sportartikelhersteller auf künftiges Wachstum im Milliardenmarkt China. Solche Großereignisse förderten eine sportliche Grundhaltung in der Gesellschaft und seien wichtig fürs Picture der Anbieter, sagt Branchenexperte und Ex-Präsident von Intersport Worldwide, Klaus Jost. „Das Geschäft ist ein sehr emotionales.“
Die chinesische Staatsführung unterstützt das Geschäft bewusst: Sie hat im vergangenen Jahr einen ehrgeizigen Plan vorgelegt, wonach der chinesische Sportsektor bis 2025 auf fünf Billionen Yuan, umgerechnet quick 700 Milliarden Euro, anwachsen soll. Das wären 70 Prozent mehr als noch 2019. Damit würde der Bereich mehr als drei Prozent des vom IWF für 2025 prognostizierten Bruttoinlandsprodukts Chinas ausmachen.
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Seit Jahren versucht die Staatsführung, die immer adipöser werdende chinesische Bevölkerung zu mehr Körperertüchtigung zu animieren. Die Gesundheit der Menschen sei „ein wichtiger Bestandteil des Aufbaus einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand“, so Staatschef Xi Jinping. Bis 2025 soll mindestens jeder dritte Chinese language regelmäßig Sport treiben. Vor allem die Menschen in Chinas kleineren Millionenstädten aus der zweiten und dritten Reihe haben Experten zufolge noch Nachholbedarf.
Bislang sorgten Fabriken für Turnschuhe, Sportkleidung und Bälle für einen Großteil des Umsatzes der Sportbranche – von dem vor allem ausländische Hersteller wie Adidas profitierten. Geht es nach Chinas staatlichen Wirtschaftsplanern, so soll künftig die einheimische Bevölkerung nicht nur mehr chinesische Sportkleidung und Fitnessgeräte kaufen, sondern auch Sportkurse und Fitnessstudios besuchen.
Dadurch sollen die Chinesen nicht nur fitter werden, sondern mit ihrem Geld auch das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft trimmen. Denn ein stärkerer Binnenkonsum mache das Land unabhängiger von Exporten sowie schuldenfinanzierten Infrastrukturinvestitionen. Chinesen investieren aktuell deutlich weniger in ihre Health als US-Konsumenten.
Chinesischer Markt wird für Adidas und Co. schwieriger
Trotz des angestrebten Wachstums ist der Markt für nicht chinesische Sportartikelhersteller schwieriger geworden. Im vergangenen Frühjahr hatten Chinas staatliche Medien und Nutzer sozialer Medien zeitweise zu einem Boykott bestimmter westlicher Marken aufgerufen. Die auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Industrievereinigung „Higher Cotton Initiative“ hatte angekündigt, wegen der Menschenrechtslage in der westchinesischen Provinz Xinjiang keine Baumwolle mehr von dort beziehen wollen. Der Umsatz von Mitgliedern der Initiative wie Adidas und Puma ging auf dem chinesischen Markt in der Folge deutlich zurück.
Die konkreten Folgen für das Geschäftsjahr 2021 werden aber erst sichtbar, wenn Adidas Anfang März seine Zahlen vorlegt. Für die kommenden Jahre hatte sich die weltweite Nummer zwei vorgenommen, jedes Jahr ein zweistelliges Plus in China zu erzielen und dabei weitere Marktanteile zu erobern. China ist damit nach wie vor die wichtigste Wachstumsregion für die Marke.
IOC-Präsident Thomas Bach trägt einen Mantel des chinesischen Sportartikelherstellers Anta, Sponsor der Olympischen Winterspiele in Peking.
(Foto: Reuters)
Allerdings bekommen die westlichen Konzerne auf dem chinesischen Markt zunehmend Konkurrenz durch heimische Sportartikelhersteller wie Anta und Lining. Vor allem Anta traut Branchenexperte Jost zu, künftig auch auf den Weltmärkten eine wichtige Rolle zu spielen. Das Unternehmen stieg vom Auftragsfertiger zum inzwischen drittwertvollsten Sportartikelhersteller weltweit auf, gemessen an der Marktkapitalisierung.
Zwar sei die Marke selbst nicht sonderlich positiv aufgeladen, so Jost. Doch habe sich der chinesische Konzern mit der Übernahme der finnischen Amer Sports activities Group wesentlich verstärkt.
In der Olympia-Berichterstattung im chinesischen Staatsfernsehen ist Anta omnipräsent. Selbst die Moderatoren tragen das Emblem des Olympia-Sponsors als Anstecknadel. IOC-Präsident Thomas Bach zeigt sich mit einem Mantel des chinesischen Ausrüsters.
Und auch die kanadische Outdoormarke Arc’teryx, die Staatschef Xi bei der Eröffnungsfeier heat hielt, gehört seit 2019 zu Anta. Zudem zählen Atomic, Salomon, Wilson und Peak seit der Amer-Übernahme zum Markenportfolio.
Chinesische Sportartikelhersteller gewinnen Marktanteile
Als er das erste Mal Anfang der 1990er-Jahre nach China gekommen sei, hätten die chinesischen Anbieter kaum eine Rolle gespielt, erinnert sich Branchenexperte Jost. Doch inzwischen müssten Adidas, Nike und Co. die heimische Konkurrenz sehr ernst nehmen. „Die chinesischen Anbieter werden in den kommenden Jahren weiter vorankommen“, ist Jost überzeugt.
Allerdings geschehe dies unter zum Teil menschenrechtlich kritikwürdigen Bedingungen, so Jost. Nach der Kritik westlicher Modemarken an den Produktionsbedingungen in Xinjiang, die inzwischen weitgehend verstummt ist, hatte Anta angekündigt, weiterhin „Baumwolle aus China zu kaufen und zu verwenden“.
Schon zuvor struggle Anta Chinas führende heimische Sportbekleidungsmarke. Doch das Bekenntnis zu Baumwolle aus Xinjiang hat dem Konzern zusätzliche Nachfrage beschert. Vor allem gegenüber Adidas hat das Unternehmen Marktanteile gewonnen. Mitte Januar erhöhte es seine Gewinnerwartung für 2021. Man gehe von einem Rekordplus von „nicht weniger als 35 Prozent“ gegenüber dem Vorjahr aus. In einem früheren Finanzbericht wurde das gestiegene Interesse der Kunden an heimischen Marken als Grund für die optimistic Umsatzentwicklung genannt.
Für eine erfolgreiche internationale Growth müsste der chinesische Konzern allerdings westliche Topmanager einstellen, um die Weltmärkte besser zu verstehen und bedienen zu können, glaubt Branchenexperte Jost. Das globale Wachstum zählt allerdings nicht zu den Kernzielen der aktuellen Unternehmensstrategie, die noch bis Mitte nächsten Jahres läuft.
Trotz aller Probleme traut Jost auch Adidas, Nike und Puma grundsätzlich zu, auf dem chinesischen Markt weiter eine führende Rolle zu spielen. Die Marken seien noch immer stark. „Ich mache mir da wenig Sorgen.“ Doch der Wettbewerb mit chinesischen Anbietern werde noch intensiver.
Dennoch verstärken ausländische Hersteller ihr Engagement auf dem chinesischen Markt. Im Vorfeld der Olympischen Spiele haben vor allem Wintersportmarken ihre Präsenz in China ausgebaut. Die Münchener Luxussportmarke Bogner gründete im Dezember ein Joint Enterprise mit der großen chinesischen Bekleidungskette Bosideng. Gemeinsam wollen die Unternehmen in China einen digitalen Vertrieb aufbauen und in den nächsten fünf Jahren rund 80 Geschäfte eröffnen.
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