Das Bundesbauministerium verlängert die sogenannten Preisgleitklauseln für wichtige Baumaterialien.
(Foto: dpa)
Berlin Lieferengpässe und stark steigende Preise für viele Baumaterialien infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine machen der Bauwirtschaft weiterhin zu schaffen. Die Bundesregierung verlängert darum die sogenannten Preisgleitklauseln vorläufig bis 31. Dezember 2022.
Preisgleitklauseln sollen eine Anpassung an die Marktentwicklung ermöglichen. Das heißt konkret: Öffentliche Auftraggeber sollen sich in neuen Bauverträgen auch weiterhin an unkalkulierbar steigenden Mehrkosten beim Einkauf von Baumaterialien beteiligen. Im Einzelfall sollen Mehrkosten auch in bestehenden Verträgen vom Auftraggeber übernommen werden. Ursprünglich sollte die Regelung Ende Juni auslaufen.
Der entsprechende neue Erlass des Bundesbauministeriums vom 22. Juni ist mit dem Bundesverkehrsministerium, dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesfinanzministerium abgestimmt und liegt dem Handelsblatt vor. Das Bundesverkehrsministerium wird für seinen Zuständigkeitsbereich inhaltsgleiche Regelungen herausgeben.
Obwohl die Regelungen formal nur für Bauvorhaben des Bundes gelten, hofft das von Klara Geywitz (SPD) geführte Bauministerium auf eine hohe Signalwirkung.
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Für die Länderbauverwaltungen sind die Vorgaben nicht verbindlich. „Zahlreiche Länder übernehmen die Regelung des Bundes jedoch für ihren Zuständigkeitsbereich“, heißt es in dem Erlass. Einige Länder würden auch ihren Kommunen die Anwendung empfehlen. Die nun vorgesehene Verlängerung soll den Unternehmen Planungssicherheit geben.
Öffentliche Auftraggeber sind für die Baubranche sehr bedeutend. Der Umsatz im öffentlichen Bau belief sich nach Daten des Statistischen Bundesamts im Jahr 2020 auf knapp 39 Milliarden Euro. Der Anteil des Umsatzes im öffentlichen Bau am Gesamtumsatz im Bauhauptgewerbe beläuft sich auf rund 25 Prozent.
Neuer Erlass bezieht neue Materialien ein
Der erste Erlass, mit dem das Bundesbau- sowie das Bundesverkehrsministerium den öffentlichen Auftraggebern von Bund und Ländern „Praxishinweise“ zum Umgang mit den Preissteigerungen wichtiger Materialien gegeben hatte, ist auf den 25. März 2022 datiert.
Er umfasst Materialien wie Stahl und Stahllegierungen, Aluminium, Kupfer, Zementprodukte, Holz, gusseiserne Rohre und Erdölprodukte wie Kunststoffrohre, Folien und Asphaltmischgut. Neu ist nun die Öffnung auch für bislang nicht ausdrücklich genannte Materialien.
Möglich ist eine Vertragsanpassung künftig allerdings erst dann, wenn die Kosten für das jeweilige Baumaterial mindestens 5000 Euro betragen. Ab welcher Preissteigerung dem Unternehmen ein Anspruch auf Preisanpassung zusteht beziehungsweise eine Vertragsänderung geboten erscheint, bleibe eine im Einzelfall zu treffende Entscheidung, heißt es im Erlass. „Es gibt keine feste Grenze, ab deren Überschreiten von einer Unzumutbarkeit auszugehen ist“, machte bereits der erste Erlass deutlich.
>> Lesen Sie hier: Öffentliche Auftraggeber sollen sich an Mehrkosten bei Baustoffen beteiligen
Soweit eine Preisgleitklausel in einen schon länger bestehenden Vertrag einbezogen werde, heißt es, „ist darauf zu achten, dass nur solche Preissteigerungen der Gleitung unterworfen werden dürfen, die nach Kriegsausbruch am 24. Februar 2022 eingetreten sind“. Das bedeute, dass gegebenenfalls ein Zwischenwert für den Zeitpunkt 24. Februar ermittelt werden müsse.
Das Baugewerbe hatte die Preisgleitklausel schon im März begrüßt. Engpässe bei Baustoffen und Preissprünge machten eine seriöse Kalkulation von Bauprojekten zunehmend unmöglich, sagte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des deutschen Baugewerbes. Durch die Preisgleitklausel würden die Bauunternehmen überhaupt erst wieder in die Lage versetzt, Angebote abgeben zu können.
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