München Man muss nicht aus der Nahrungsmittelbranche kommen, um ein neues Produkt im Frühstücksmarkt zu etablieren. Philipp Reif und Tim Horn waren IT-Spezialisten bei der Deutschen Bank und der Telekom, als sie beschlossen, mit ihrer Firma Oatsome als Erste fertige „Smoothie Bowls“ über das Internet zu vertreiben.
„Wir entwickeln die Rezepte wie eine neue Software program“, sagt Horn. Die Mischungen aus Porridge, gefriergetrockneten Früchten, Nüssen, Chiasamen und anderen Zutaten würden sehr früh in einer Model 1.0 auf den Markt gebracht. Dann analysiere man, welche Toppings die Kundschaft bevorzugt und welche Zimtsorte am besten ankommt. Es wird viel getestet, rasch umgestellt – und wenn etwas nicht funktioniert, wieder eingestellt. Die Produktzyklen können so, wie in anderen Branchen auch, durch Assessments stark verkürzt werden.
Bislang ist das Rezept aufgegangen. Die Umsätze von Oatsome sind mit hohen Wachstumsraten laut Branchenschätzungen auf einen zweistelligen Millionenbetrag gestiegen. Für 2022 ist eine weitere Verdoppelung geplant. Das Unternehmen ist seit der Gründung vor vier Jahren profitabel – und will jetzt auch in Auslandsmärkte außerhalb des deutschsprachigen Raums expandieren.
Ein wenig erinnert die Geschichte von Oatsome an Mymuesli. „Das struggle ja eines der ersten großen Begin-ups im Foodbereich“, sagt Reif. „Natürlich haben wir uns das genau angesehen.“
High-Jobs des Tages
Jetzt die besten Jobs finden und
per E-Mail benachrichtigt werden.
Mymuesli struggle vor etwa 15 Jahren mit einem Onlinehandel für individualisierbares Biomüsli gestartet, das später auch den Weg in Supermärkte und eigene stationäre Läden schaffte. Mit der Expansion verhob sich Mymuesli zwischenzeitlich. Das Unternehmen rutschte in die Verlustzone und musste Filialen schließen.
Datengewinnung aus dem eigenen Onlineshop
Bei Oatsome vermieden die Gründer bislang den Fehler, zu sehr in die Breite zu gehen. „Unser Schwerpunkt wird immer on-line bleiben“, sagt Reif. Denn Daten zum Beispiel über die Geschmackspräferenzen der Kunden kann man am besten im eigenen Onlineshop gewinnen. Nach dem Vorbild von Amazon können zum Beispiel individualisiert ähnliche Produkte empfohlen werden. „Bei Verkauf in den Läden haben die Händler die Daten“, sagt Horn.
Eine gewisse Präsenz im stationären Handel hilft aber zum Beispiel auch, um die Markenbekanntheit zu steigern. Und so sind die Produkte von Oatsome etwa in den dm-Drogeriemärkten erhältlich. „Wir wollen das schon weiter ausbauen“, sagt Reif. Doch werde man aufpassen, sich nicht zu überdehnen.
Die beiden kamen auf die Idee für Oatsome, als sie ein gesundes Frühstück suchten, das schnell zubereitet ist. „Neben Arbeit und Sport hat man nicht viel Zeit, will sich aber trotzdem intestine ernähren“, sagt Reif, der Freizeit-Triathlet ist. Auf Instagram sahen sie auf vielen Bildern selbst gemachte Smoothie Bowls, einen Fertiganbieter gab es aber noch nicht. So entwickelten sie in der WG-Küche die ersten Rezepturen. Die Bowls müssen nur mit Wasser angerührt werden.
Für unterwegs gibt es bei Oatsome zudem die „Bliss Balls“ – kleine Bälle auf Dattelbasis. Ziel sei es, „bewusste Ernährung so einfach und lecker wie möglich zu machen“.
Der Markt für Müsli, Cornflakes und Haferflocken ist in Deutschland intestine eine Milliarde Euro groß. Doch tritt Oatsome auch gegen eine Reihe von Anbietern von Flüssignahrung an, die die wichtigsten Nährstoffe liefern soll.
Vorreiter waren Marken wie Soylent aus den USA und Huel aus Großbritannien, die auf pflanzliche Proteine setzen. In Deutschland wurde YFood durch die Sendung „Höhle der Löwen“ mit einer Flüssigfertignahrung bekannt, die auf Milch als Grundstoff setzt.
75 Vitamine, Mineralstoffe und andere Zutaten
Zudem gibt es Hersteller, die sich vor allem an Sportler wenden. So wirbt Athletic Greens für ein Pulver, das 75 Vitamine, Mineralstoffe und andere Zutaten enthält und einmal am Tag mit Wasser gemischt getrunken werden soll.
Doch gerade diese Flüssignahrungsmittel werden in erster Linie von Männern gekauft. Oatsome stieß mit seinen Smoothie Bowls hingegen in eine Marktlücke bei Frauen.
Mit seiner Marketingstrategie ist Oatsome weniger mit Mymuesli vergleichbar, sondern eher mit Start-ups wie Everdrop, das Putzmittel ohne Verpackung vor allem über das Internet vertreibt. Auch Everdrop setzt mit Social-Media-Advertising and marketing zum Beispiel auf Instagram auf eine hippe, intestine verdienende Klientel, die sich gesund ernähren und Gutes bewirken will – dabei aber auch Wert auf Ästhetik legt.
Die Bowls von Oatsome tragen Namen wie „Zimterella“, „Alice im Beerenland“ und „Tom und Cherry“. Eine Packung mit 400 Gramm soll für etwa acht Portionen reichen und kostet im Onlineshop knapp 15 Euro. Ein selbst gemachtes Müsli ist da in der Regel deutlich billiger. Die Flüssiggetränke wiederum sind oft noch einmal teurer.
Als Investoren hat Oatsome zwei Enterprise-Angels an Bord. Wolf Michael Nietzer hat mit den Meals Angels Germany in eine Reihe von Unternehmen in der Branche investiert. Oatsome habe eine starke Marke im Phase der vollwertigen, gesunden und leckeren Frühstücke und Nachmittagssnacks. Die Führung habe ein tiefes Verständnis von „Datenauswertung, Efficiency-Marketing und Social Media“. Expansionspotenzial gebe es sowohl in Sachen Internationalisierung als auch im Bereich des stationären Handels.
Für die Kundschaft ist es heute wichtig, dass der Bioanteil möglichst hoch ist. „Bei den Früchten ist das am schwierigsten“, sagt Reif. Ziel sei es, die gesamte Produktpalette umzustellen. Einzelne Zutaten und Produkte sind bereits biozertifiziert.
Allein auf dem Markt ist Oatsome inzwischen nicht mehr. Andere Begin-ups haben ähnliche Mischungen auf den Markt gebracht. „Doch das bestätigt uns eher, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt Reif. Und ein wenig geehrt fühlt man sich bei Oatsome auch: Das einstige Vorbild Mymuesli hat inzwischen nachgezogen und ebenfalls Smoothie Bowls ins Programm aufgenommen.
Mehr: Dieses Start-up will den Markt für koffeinfreien Kaffee in Deutschland aufrollen