Nutella ist fast überall auf der Welt beliebt. Nun wird der Nuss-Nougat-Aufstrich 60. Ein Blick in die Geschichte – und ob Nutella mit oder ohne Butter besser ist.
Es gibt nun wirklich wichtigere Fragen auf der Welt. Aber unabhängig von den großen Zeitläuften und all den alltäglichen Problemen beschäftigt eine Frage die Frühstückstische schon seit Jahrzehnten: Nutella mit Butter oder ohne? Der Riss geht durch Familien, durch Wohngemeinschaften und auch durchs Bundeskabinett.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), gewissermaßen vom Fach, hält beides zusammen für eine „eklige Angelegenheit“. Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock hingegen: „Wenn, dann natürlich mit Butter, richtig ungesund.“ An diesem Samstag (20. April) wird der zuckersüße Dickmacher – 81 Kalorien auf einen Löffel – 60 Jahre alt.
Wobei „Butter oder nicht?“ eine typisch deutsche Frage ist. In Italien, dem Heimatland der Nuss-Nougat-Crème, legt man aufs Frühstück grundsätzlich weniger Wert und auf Butter auch. Dafür leistet man sich andere Extravaganzen: In Rom und anderswo gibt es Nutella auch als Pizza, mit Puderzucker obendrauf. Die Kombination ist so mächtig, dass sie nur in kleinen Teilen verkauft wird, 1,20 Euro das Stück. Das reicht für viele Stunden. In Frankreich wiederum, wie man vom Sommerurlaub weiß, gehören dick damit bestrichene Crèpes zu den beliebtesten süßen Sünden.
Haselnüsse statt Kakaopulver
Das erste Glas Nutella lief am 20. April 1964 in einem damals noch verhältnismäßig kleinen Familienbetrieb namens Ferrero in Alba vom Band, einem Städtchen im Piemont. Im Norden Italiens hatte man schon im 19. Jahrhundert damit angefangen, bei der Herstellung von Süßwaren anstelle von Kakaopulver gemahlene Haselnüsse zu verwenden. Das ergab braune Nougatcreme, beispielsweise in Form von Gianduiotti-Pralinen. Die Rohmasse gab es im Laden aber auch als Aufstrich zu kaufen. Der Sohn des Firmengründers, Michele Ferrero, kam dann auf die Idee, das Ganze in Gläser abzufüllen.
In den ersten Jahren hieß dies noch „Supercrema“. Der Durchbruch kam aber erst mit der erzwungenen Umbenennung in den 1960ern, weil in Italien seither nichts mehr mit dem Prädikat Super verkauft werden darf: Nut- steht für Nuss, -ella ist eine der klassischen italienischen Endungen. Heute ist Ferrero (auch: „Mon chéri“, „Ferrero Küsschen“, „Kinder Schokolade“) ein riesiger Betrieb mit einem Jahresumsatz von mehr als 17 Milliarden Euro, der seine Produkte in fast allen Ländern der Welt verkauft. Die Deutschen gehören seit jeher zu den treuesten Kunden. Aus DDR-Zeiten hält sich bis heute aber auch die Konkurrenz von Nudossi am Leben.
Von 13 bis 51 Prozent Nuss
Aus Nutella ist längst ein Synonym für Nuss-Nougat-Aufstriche aller Art geworden. In italienischen Feinkostgeschäften gibt es die verschiedenen Sorten dutzendweise im Angebot: je mehr Nuss (Nutella: 13 Prozent, andere auch 51 Prozent) und je weniger Palmöl, desto teurer. Der Markt ist groß genug. Der italienische Gastro-Experte Alberto Grandi meint: „Gerade die vielen Kopien sichern oder vergrößern noch den Ruf des Originals.“ Nutella sei zwar ein klassisches Industrieprodukt, aber bis heute verknüpft mit der Vorstellung von Genuss und italienischer Lebenskunst.
Ferrero behauptet nach einigen Jahren mit viel Kritik, nur noch Palmöl aus zertifiziert nachhaltiger Herstellung zu verwenden. Von Umweltschützern kommen aber weiterhin Vorwürfe – auch, weil in Italien ganze Landstriche durch Haselnuss-Monokulturen veröden. Nach Schätzungen wird heutzutage etwa ein Viertel der weltweiten Haselnuss-Produktion für Nutella verwendet. Ernährungsberater wiederum verweisen darauf, dass ein 400-Gramm-Glas 72 Stück Würfelzucker enthält. Gesund ist anders.
Originalrezept wird geheim gehalten
Über die genaue Zusammensetzung des Originals schweigt sich der Konzern seit jeher aus. Im Internet gibt es inzwischen aber auch in großer Menge Rezepte zur Herstellung in Eigenproduktion („Crema alle nocciole – beste Nuss-Nougat-Crème der Welt“), auch in veganen Varianten, zum Beispiel mit Ahornsirup, Mandelmilch oder Kokosöl. Fachleute raten eher davon ab, weil die Haselnussstücke in der eigenen Küche nicht ausreichend zerkleinert werden können, die Masse dann zu warm wird und das Öl verbrennt.