Eine Fahrt im Nachtzug verspricht eine gute Ökobilanz und Extraurlaub durch Nachtreisen. t-online testet, ob der Reisetraum auf Schienen wahr wird.
Im Schlaf einmal quer durch Europa tuckern, am nächsten Tag in einer anderen Stadt gut erholt aufwachen – damit werben Nachtzüge. Auch in Nürnberg machen sie Halt. Doch sind die Züge eine ernsthafte Alternative oder wird die Fahrt durch die Nacht zum schlaflosen Horrortrip? t-online hat auf der Strecke Nürnberg – Amsterdam den Test gemacht.
Die Züge Richtung Amsterdam fahren täglich mitten in der Nacht ab, die genauen Zeiten variieren von Tag zu Tag leicht. In der Nacht, in der ich zusteige, soll es um 2.14 Uhr losgehen. Die Bahnsteige am Nürnberger Hauptbahnhof sind um diese Zeit komplett leergefegt – die nächsten ICEs, Regionalbahnen und S-Bahnen fahren erst Stunden später wieder.
Auf die Minute pünktlich
Der lange, blau lackierte Nachtzug Richtung Niederlande steht hingegen schon parat, als ich – gute zwanzig Minuten vor Abfahrt – am Bahnsteig eintreffe. Genug Zeit also, um das Abteil zu suchen. Das läuft in den Nachtzügen anders als in einem ICE.
Nachtzüge in Deutschland
Die Deutsche Bahn (DB) ist 2016 aus dem Nachtzuggeschäft komplett ausgestiegen. Die Nachtzüge seien zu unrentabel, hieß es damals von dem Konzern. Einige Strecken hatte darauf die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) übernommen. So sind deren Züge heute die Marktführer auf den deutschen Gleisen in der Nacht, auch die Strecke Nürnberg – Amsterdam wird von den Österreichern bedient. Derzeit erleben die Nachtzüge eine Renaissance, auch weil sie viel umweltfreundlicher als Flugzeuge unterwegs sind. Im Spätsommer 2023 kündigten die DB und die ÖBB deshalb gemeinsam an, das Netz wieder ausbauen zu wollen.
Denn in dem Nachtzug gibt es nicht nur eine erste und eine zweite Klasse, sondern Sitzwagen, Liegewagen und Schlafwagen (die komfortabelste Reiseart mit richtigen Betten). Dazu können Reisende – je nach Verfügbarkeit – für einen Aufpreis in den jeweiligen Kategorien Privatabteile buchen.
Erster Nachteil wird vor der Abfahrt deutlich
Je mehr Komfort, desto teurer sind die Tickets. Auf der Hinfahrt habe ich mich für ein Privatabteil im Sitzwagen entschieden – auf der Rückfahrt für einen normalen Platz im Sitzwagen. Kostenpunkt: 164,90 Euro beziehungsweise 34,90 Euro. Wer im Liegewagen oder gar Schlafwagen reisen will, zahlt je nach Reisetag und Auslastung das Doppelte bis Dreifache.
Dafür wäre in den beiden besseren Kategorien jeweils ein Bett mit Bettwäsche und sogar ein Frühstück inklusive. Dazu kommt, dass im Sitzwagen (anders als im Schlaf- und Liegewagen) die Privatabteile nicht abschließbar sind. Dass das unangenehm werden kann, bekomme ich schon beim Einstieg mit. Denn in meinem bis dato leeren Privatabteil hat es sich ein Pärchen gemütlich gemacht, das ich erst einmal aufscheuchen muss – damit aus dem Abteil auch wirklich ein Privatabteil wird.
Auch wenn das Abteil schon sichtlich in die Jahre gekommen ist, hat es einen Vorteil: Die sechs Sitze lassen sich mit wenigen Handgriffen in eine fast ebene Liegefläche verwandeln. Dank der verschließbaren (aber eben nicht abschließbaren) Tür ist es darin während der Fahrt herrlich ruhig. Zudem schützt ein Vorhang vor neugierigen Blicken aus dem Gang. Auf meinem Reisekissen und unter meiner mitgebrachten Decke schlafe ich dann auch relativ schnell ein.
Reisemöglichkeiten zwischen Nürnberg und Amsterdam
Die beiden Städte trennen gute 650 Kilometer. Wer mit dem Auto fahren will, braucht je nach Verkehrslage zwischen sieben und acht Stunden. Tagsüber erreicht man die Grachten-Metropole ab Nürnberg mit dem ICE in unter sieben Stunden (also etwas schneller als mit dem Nachtzug) – allerdings muss man dafür einmal umsteigen. Am schnellsten geht es mit dem Flieger – Direktflüge werden mehrmals täglich vom Flughafen Nürnberg aus angeboten.
Als ich gegen 8 Uhr am nächsten Morgen wieder aufwache, ist Amsterdam noch zwei Zwischenhalte und drei Stunden Fahrt entfernt. Dank eines Kaffees und zweier Brötchen mit Marmelade vom Schaffner (für 5,50 Euro) geht auch die übrige Zeit im Zug rasch vorüber. Mit rund fünf Minuten Verspätung komme ich einigermaßen ausgeschlafen in der niederländischen Hauptstadt an.
Nach der Ankunft kann das Sightseeing beginnen
Nach einer (dringend notwendigen) Dusche auf dem Hotelzimmer genieße ich tatsächlich den Tag in Amsterdam noch. Test also geglückt? Nun ja, auf mich wartet nach drei Tagen Städtetrip ja noch die Rückfahrt – ohne Privatabteil.