Essen Das Geschäft läuft intestine für den Essener Energiekonzern RWE. Das drückt sich auch in den Zahlen für das Geschäftsjahr 2021, die der Konzern am Dienstag vorlegte. Das bereinigte Ebit lag mit 2,19 Milliarden Euro deutlich über dem Vorjahresergebnis. Damit übertraf der Konzern die eigene Prognose. Im Januar hatte RWE bereits mit Rekordergebnissen überrascht und kurz darauf eine deutliche Erhöhung der Jahresprognose angekündigt.
Als Grund für das gute Ergebnis nannte RWE die „außergewöhnlich starke Efficiency des Energiehandels“ und höhere Ergebnisbeiträge aus der konventionellen Stromerzeugung.
Die Preise für Strom, Fuel und andere Energieträger sind in den vergangenen Monaten massiv gestiegen. Durch den Ukrainekrieg herrschte am weltweiten Energiemarkt zwischenzeitlich Panikstimmung. Der Gaspreis stieg im Spotmarkt auf mehr als 300 Euro je Megawattstunde (MWh) und lag damit mehr als zehnmal so hoch wie noch vor einem Jahr.
Auch die Kohlepreise schossen in die Höhe: Kostete eine Megawattstunde vor einem Jahr noch 67 Euro, liegt der Preis aktuell bei 387 Euro. Im Stromgroßhandel kostete eine MWh zwischenzeitlich 500 Euro – ebenfalls zehnmal so hoch wie vor Jahresfrist.
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Die Energiekonzerne Uniper, VNG und Leag mussten zuletzt KfW-Kredite in Milliardenhöhe nehmen, um bei den hohen Preisen genug Liquidität für Sicherheitszahlungen vorzuhalten. RWE hat das nach eigenen Angaben bislang nicht nötig.
Während die Geschäftsbereiche Offshore Wind und Biomasse/Wasser/Fuel bei RWE zulegen konnten, lag das bereinigte Ebitda der Sparte Onshore Wind/Photo voltaic deutlich unter dem Vorjahresergebnis. Das führt der Konzern vor allem auf die Kältewelle im US-Bundesstaat Texas zurück, bei der zahlreiche Kraftwerke ausfielen. Die Wetterkapriolen führten zu einem Minus von insgesamt 400 Millionen Euro. Für das laufende Geschäftsjahr geht der Konzern von einem normalen Geschäftsverlauf aus.
Der Energiehandel konnte aufgrund der aktuellen Preisrallye ordentlich zulegen. Hier kletterte das Ebitda von 539 Millionen Euro im Vorjahr auf 769 Millionen Euro 2021. Auch das Kohlegeschäft legt noch einmal deutlich zu: Das Ebitda im Phase Kohle/Kernenergie steigt von 559 Millionen Euro auf 889 Millionen Euro. Die Gewinne mit dem Verkauf von Kohlestrom dürften für RWE nun sogar länger fließen als gedacht.
Comeback für die Kohle?
Um sich unabhängiger von Russland zu machen, prüft Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck einen Weiterbetrieb alter Kohlekraftwerke. Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine müsse gewährleistet sein, dass Kohlekraftwerke als Again-up zur Verfügung stünden, heißt es in einem Papier des Ministeriums. Darin wird auf Braunkohlekraftwerke aus der sogenannten Sicherheitsbereitschaft verwiesen.
„Es ist das Gebot der Stunde, dass die Politik das ganze Spektrum der Maßnahmen ins Auge fasst, mit denen unsere Abhängigkeit von Rohstoffeinfuhren aus Russland verringert werden kann. Eine Möglichkeit kann dabei sein, Kohlekraftwerke, die sich in der Reserve oder Sicherheitsbereitschaft befinden, wieder zu nutzen“, hatte ein RWE-Sprecher dazu vor wenigen Tagen erklärt. Auch könne geprüft werden, ob bereits stillgelegte Anlagen zurück ans Netz gebracht werden könnten.
Eine weitere Möglichkeit, dem System zu helfen, sei es, Stilllegungen, die in diesem Jahr anstehen, zu verschieben. „Für unsere Braunkohlekraftwerke prüfen wir das, damit wir handlungsfähig sind, wenn die Bundesregierung derartige Maßnahmen für notwendig erachtet“, so der RWE-Sprecher weiter.
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Aber auch ohne zusätzliche Kohleenergie rechnet RWE auf Konzernebene mit einem ordentlichen Ergebnis für 2022, zwischen 3,6 und vier Milliarden Euro. Bisher hatte das Unternehmen eine Spanne von 3,3 bis 3,6 Milliarden in Aussicht gestellt. Für 2022 will der Versorger die Dividende stabil halten.
RWE ist mitten im Wandel vom einstigen Kohlegiganten zu einem der größten Ökostromanbieter Europas. Mithilfe einer milliardenschweren Investitionsoffensive will RWE seine grünen Kapazitäten von aktuell 25 auf 50 Gigawatt bis zum Jahr 2030 ausbauen.
2021 flossen insgesamt rund 3,7 Milliarden Euro brutto in den Ausbau der Erneuerbaren. Das sind zwölf Prozent mehr als im Vorjahr.
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