New York, Düsseldorf Heute vor einer Woche ließ Waldimir Putin seine Truppen in die Ukraine marschieren. Und es gab schnell keinen Zweifel daran, dass der russische Machthaber bei seiner Invasion den ganzen Nachbarstaat unter Beschuss nehmen würde.
So setzt die russische Armee in der zweiten Kriegswoche ihre Offensive in der Ukraine fort: Sie feuerte über Nacht Raketen auf Kiew ab und verstärkte ihren Vorstoß auf Städte im Süden. Raketen- und Luftangriffe soll es auf dien ostukrainische Metropole Charkiw gegeben haben. Noch scheint die Stadt in ukrainischer Hand, wie es von beiden Seiten heißt.
Heftig umkämpft ist die Hafenstadt Cherson, in der zuletzt 280.0000 Menschen lebten. Sie könnte die erste größere Stadt sein, die endgültig in russische Hände fällt. In der Hauptstadt Kiew beschreibt Bürgermeister Vitali Klitschko die State of affairs als „schwierig, aber unter Kontrolle“.
Die Meldungen über die anhaltenden Gefechte decken sich mit den Aussagen des russischen Außenministers Sergej Lawrow. Er erklärte sich am Donnerstag auf der einen Seite zu Verhandlungen bereit, betonte aber zugleich, dass die Angriffe auf ukrainische Militäreinrichtungen fortgesetzt würden.
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Gespräche mit der ukrainischen Delegation sind noch für diesen Donnerstag geplant. Die russische Seite habe ihre Forderungen dargelegt und warte nun auf eine Reaktion der Ukraine, so Lawrow.
„Ich bin überzeugt, dass diese Hysterie vergeht“, sagte der russische Außenminister bei einem Gespräch mit Journalisten internationaler Medien. Mit Blick auf die Sanktionen gegen sein Land Russland meinte Lawrow, dass sich „unsere westlichen Associate die Hörner abstoßen“. Es werde wie in einem „Movie aus Hollywood“ so getan, als gebe es das „absolute Böse“ und das „absolute Gute“.
„Wir sind immer bereit zum Dialog“, betonte Lawrow. Bedingung sei allerdings, dass auf Grundlage der Gleichberechtigung und der Wertschätzung gegenseitiger Interessen gesprochen werde. In einer möglichen Friedensvereinbarung mit der Ukraine müsse auch der Punkt der Entmilitarisierung des Landes enthalten sein.
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Die ukrainische Führung wiederum fordert vor der neuen Verhandlungsrunde Schadenersatz für die angerichteten Kriegsschäden. „Ihr werdet uns alles ersetzen, was Ihr der Ukraine angetan habt. In vollem Umfang“, sagte Präsident Wolodimir Selenski in einer Videobotschaft.
An Russland gerichtet, betonte der Staatschef: „Lernt die Wörter Reparationen und Kontributionen.“ Kiew airplane, jedes Haus, jede Straße, jede Stadt wieder aufzubauen. Keiner der Toten werde vergessen.
Selenski sagte, die geplante internationale Legion solle eine Größe von 16.000 Kämpfern haben. Die ersten Freiwilligen aus dem Ausland seien bereits eingetroffen. „Sie kommen, um die Freiheit, das Leben zu verteidigen. Für uns, für uns alle“, sagte der Präsident. Der 44-Jährige hat per Erlass allen freiwilligen Kämpfern aus dem Ausland eine visafreie Einreise garantiert.
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Angesichts der Bilder aus der Ukraine ist die Hilfsbereitschaft vieler Menschen in Europa groß – sei es bei Geld- oder Sachspenden. Die EU will die Verteilung von Hilfsgütern für die Ukraine über ein neues Logistikzentrum in Rumänien koordinieren. Das sagten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis am Donnerstag in Bukarest.
Von der Leyen lobte die Hilfsbereitschaft der Rumänen: „Sie sind ein leuchtendes Beispiel für europäische Solidarität“. Als der Krieg begann, seien Rumänen in Scharen zur Grenze geeilt, um die Flüchtlinge mit Lebensmitteln, Wasser, Decken und Babymilch zu empfangen.
Auch staatliche rumänische Organe wie Katastrophenschutz, Polizei und Grenzschutz haben Hilfe geleistet. Zudem sagte von der Leyen weiteres Geld für humanitäre Zwecke zu. Bereits angekündigt ist eine Hilfe von 500 Millionen Euro.
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Die russische Aggression in der Ukraine sorgt auch in immer mehr Firmenzentralen für ein Umdenken. Am Donnerstag zog Volkswagen Konsequenzen. Die Fertigung an den Standorten Kaluga und Nischni Nowgorod werde bis auf weiteres eingestellt, teilte das Unternehmen mit.
Ebenfalls werden ab sofort keine Fahrzeuge mehr nach Russland exportiert. „Mit der weitgehenden Unterbrechung der Geschäftstätigkeit in Russland zieht der Konzernvorstand die Konsequenzen aus der von starker Unsicherheit und den aktuellen Verwerfungen geprägten Gesamtsituation.“
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DIHK kappt Prognose und sorgt sich
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hat auch wegen der Folgen des Kriegs seine Exportprognose gekappt. Das bisher prognostizierte deutsche Exportwachstum von sechs Prozent für 2022 sei nicht mehr zu schaffen, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Bereits vor dem Krieg habe es weltweite Lieferprobleme und Engpässe gegeben, die durch jetzt verstärkt worden seien.
Dazu belasteten die westlichen Sanktionen gegen Russland, die von der deutschen Wirtschaft unterstützt würden, auch deutsche Firmen. Treier sagte, die Sanktionen kämen einem „Vollembargo“ gleich.
Wegen des Kriegs kommt es auch zu Produktionsunterbrechungen in deutschen Autowerken, weil wichtige Teile von Zulieferern in der Ukraine fehlen. Alexander Markus, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Ukrainischen Industrie- und Handelskammer, rechnet mit noch weiteren Unterbrechungen der Lieferketten. Markus sagte, er selbst sei mittlerweile in Berlin, nachdem das Auswärtige Amt alle Deutschen aufgefordert habe, das Land zu verlassen.
Markus, der sich mittlerweile in Berlin aufhält, hat große Sorgen um Mitarbeiter in der Ukraine. Er habe täglich Kontakt. Sie gingen nachts in Keller und stellten sich morgens oder tagsüber in die Schlange, um Essen oder Medikamente zu kaufen. Die Kammer, so Markus, arbeite trotzdem weiter.
Hier eine Auswahl aktueller Handelsblatt-Berichte:
Jachten im Visier
Die deutschen Behörden wollen offenbar die Megajacht „Dilbar“ des russischen Milliardärs Alisher Usmanov beschlagnahmen, der französische Zoll meldet bereits Vollzug. So sei die Jacht eines russischen Oligarchen für Reparaturen in eine Werft in La Ciotat in der Nähe von Marseille gebracht worden, wo sie dann in der Nacht zu Donnerstag in Beschlag genommen wurde, teilte das französische Wirtschaftsministerium mit.
Die Jacht habe zu Beginn der Zollkontrolle noch auslaufen wollen und damit gegen geltende Regelungen verstoßen. Daraufhin sei die Beschlagnahmung ausgesprochen worden. Als Besitzer stellten die Beamten den Angaben zufolge ein Unternehmen fest, dessen Hauptaktionär auf der Sanktionsliste der Europäischen Union gegen russische Oligarchen stehe.
Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hatte zuvor angekündigt, Besitztümer von sanktionierten Russen in Frankreich beschlagnahmen zu wollen. Hierzu werde man die rechtlichen Voraussetzungen schaffen.
Man arbeite an einer Übersicht über das Finanzvermögen, die Immobilien, Jachten und Luxusfahrzeuge von Russen in Frankreich, die bereits mit Sanktionen belegt sind. „Wir werden außerdem alle russischen Personen mit Vermögen in Frankreich identifizieren, die wegen ihrer Nähe zur russischen Regierung noch auf die europäische Sanktionsliste gesetzt werden könnten.“
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Mit Agenturmaterial