New York Die Scenario für die Menschen in vielen Städten der Ukraine wird 13 Tage nach dem russischen Einmarsch immer dramatischer. In der von Russland belagerten Hafenstadt Mariupol gibt es nach Angaben des Stadtrats „keine Straße ohne kaputte Fenster, zerstörte Wohnungen oder Häuser.“
Die Stadt sei ohne Strom, Wasser und Fuel. Mariupol liegt nahe der sogenannten Kontaktlinie zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischer Armee im Verwaltungsbezirk Donezk und hat deshalb eine große strategische Bedeutung.
Bei Luftangriffen auf die nordostukrainische Großstadt Sumy wurden den örtlichen Behörden zufolge mehr als zehn Menschen getötet. „In einigen Ortschaften wurden Wohngebäude bombardiert. Und quick im Zentrum von Sumy wurden mehrere Häuser durch einen Bombentreffer zerstört“, teilte der Chef der Gebietsverwaltung, Dmitro Schywyzki, mit. Auch in zahlreichen anderen Städten im Osten des Landes und rund um Kiew habe es Luftangriffe gegeben. Die Angaben waren nicht unabhängig zu prüfen.
Russland bietet nach Angaben seines UN-Botschafters am Dienstag eine erneute Feuerpause zur Öffnung humanitärer Korridore an. Wassili Nebensja sagte vor dem UN-Sicherheitsrat, am Vormittag sollten humanitäre Korridore in Kiew, Tschernihiw, Sumy, Charkiw und Mariupol geöffnet werden.
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Wie schon beim Angebot am Vortag sprach das russische Verteidigungsministerium von einem anschließenden Transport nach Russland. Der ukrainische US-Botschafter Serhij Kyslyzja warf Russland vor, mit Routen nur über Russland und Belarus den neuen Anlauf zu untergraben. Nebensja sagte, es werde auch eine Evakuierung in Richtung ukrainischer Städte westlich von Kiew angeboten.
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Die militärische Scenario
Russische Truppen sollen am Montag weiterhin harte Angriffe auf ukrainische Städte und zivile Infrastruktur gefahren haben. Russland habe fünf Siedlungen an der Grenze der Gebiete Donezk und Saporischschja eingenommen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.
Den Einwohnern der Ortschaften „wird humanitäre Hilfe zuteil“, hieß es. Zudem hätten Kampfjets und Bomber 26 weitere militärische Objekte zerstört, teilte das Ministerium weiter mit. Darunter seien zwei Kommandoposten, eine Radarstation und fünf Munitionsdepots. Russland beharrt darauf, die Truppen griffen keine zivilen, sondern nur militärische Ziele an.
Bei Kämpfen um die zweitgrößte ukrainische Stadt Charkiw ist nach Angaben des ukrainischen Militärgeheimdienstes ein russischer Normal getötet worden. Demnach handelt es sich um Generalmajor Witali Gerassimow.
Der 45-Jährige habe mit russischen Truppen in Syrien und Tschetschenien gekämpft und an der Besetzung der Krim 2014 teilgenommen, hieß es. Russland äußerte sich zunächst nicht. Die Angaben waren nicht unabhängig zu prüfen.
Die ukrainischen Streitkräfte fügten den Angreifern auch sonst nach eigenen Angaben schwere Verluste bei. Einige russische Einheiten hätten bei Kämpfen um Konotop und Ochtyrka im Nordosten des Landes bis zu 50 Prozent ihres Personals verloren. „Der moralische und psychologische Zustand des Feindes bleibt extrem niedrig“, behauptete der Generalstab in Kiew.
Russische Soldaten würden in Scharen desertieren. Der Generalstab warf den russischen Truppen vor, noch schwerere Luftangriffe auf ukrainische Städte zu fliege. Die Angaben der beiden Kriegsparteien ließen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen.
Ukraine: Milliardenschäden an Verkehrs-Infrastruktur
Der ukrainische Infrastrukturminister Alexander Kubrakow hat die Schäden am Verkehrssystem im Land durch den russischen Einmarsch auf bisher mehr als zehn Milliarden US-Greenback geschätzt.
Betroffen seien etwa Brücken, Eisenbahn und Flughäfen, sagte er der Onlinezeitung Ukrajinska Prawda zufolge. Er sei überzeugt, dass die meisten Schäden in spätestens zwei Jahren beseitigt sein könnten.
Dabei rechnet Kubrakow wohl auch mit ausländischer Hilfe. „Dieser Krieg ist nicht der unsere“, sagte er. Die Ukraine verteidige die Interessen der gesamten zivilisierten Welt. „Wir werden das Land nicht auf eigene Faust wiederherstellen.“
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Selenski: „Ich bleibe in Kiew“
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski will trotz der Kämpfe um Kiew die Hauptstadt nicht verlassen. „Ich bleibe in Kiew“, sagte er in einer am Montagabend veröffentlichten Videobotschaft.
Er verstecke sich nicht und habe vor niemandem Angst. Man werde weiter mit Russland sprechen, sagte Selenski. „Wir werden auf Verhandlungen bestehen, bis wir einen Weg finden, unseren Menschen zu sagen: So kommen wir zum Frieden.“ Jeder Tag des Kampfes schaffe „bessere Bedingungen“ für die Ukraine. „Eine starke Place. Um unsere Zukunft zu sichern. Nach diesem Krieg.“
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Russland droht mit Fuel-Lieferstopp über Nord Stream 1
Russland droht erstmals offen mit einem Fuel-Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. „Wir haben das volle Recht, eine „spiegelgerechte“ Entscheidung zu treffen und ein Embargo auf die Durchleitung des Gases durch die Pipeline Nord Stream 1 zu erlassen“, sagte Vize-Regierungschef Alexander Nowak in einer am Montagabend ausgestrahlten Rede.
Er bezog sich auf die gestoppte Leitung Nord Stream 2, deren Inbetriebnahme Russland anstrebt. „Aber noch treffen wir diese Entscheidung nicht. Niemand gewinnt dabei“, sagte Nowak.
Außenminister der Ukraine bestätigt geplantes Treffen mit Lawrow
Der ukrainische Außenminister Dmitro Kuleba bestätigte den Plan für ein baldiges Gespräch mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. „Derzeit ist der 10. (März) geplant“, sagte er in einer Videobotschaft.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte zuvor gesagt, beide Seiten würden am 10. März in Antalya erwartet. Kuleba sagte, wenn Lawrow zu einem ernsthaften Gespräch bereit sei, werde man von Diplomat und Diplomat reden. „Falls er anfängt, die absurde Propaganda zu wiederholen, die in letzter Zeit ausgeteilt wurde, wird er von mir die harte Wahrheit hören, die er verdient.“
US-Demokraten bereiten Milliarden-Hilfspaket für Ukraine vor
Die Demokraten im US-Senat bereiten ein Paket für die Ukraine im Umfang von mehr als zwölf Milliarden Greenback (elf Milliarden Euro) für humanitäre Hilfe und Unterstützung des Militärs vor.
Die Mittel würden Flüchtlingen und Vertriebenen zu Gute kommen, genauso wie der medizinischen Versorgung, der Ernährungssicherheit und dem Switch von Waffen in die Ukraine, sagte der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer. Das Paket solle noch im Laufe der Woche als Teil des Haushalts beschlossen werden.
Weltbank mit Ukraine-Hilfspaket von über 700 Millionen Greenback
Die Weltbank beschloss zur Unterstützung der Ukraine ein Paket, das dem Land 723 Millionen Greenback (665 Millionen Euro) neuer Kredite und Hilfen einbringen soll. Die schnelle Auszahlung werde der Regierung helfen, Sozialleistungen zu finanzieren sowie Mitarbeiter des Gesundheitswesens und Renten zu zahlen, erklärte die Weltbank. Dies sei nur „der erste von vielen Schritten“, um der Ukraine zu helfen.
Mit Agenturmaterial.
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