Ob auf der Arbeit oder im privaten: Wir kommunizieren immer.
(Foto: DigitalVision/Getty Images)
San Francisco Sprache bestimmt die soziale Interaktion. Ein Forscherteam der Harvard-Universität unterstrich dies mit einem einfachen Experiment: Es versuchte, sich am Drucker einer Hochschule vorzudrängeln.
Die eine Gruppe fragte lediglich freundlich, ob sie sofort den Drucker nutzen dürfe. Die andere Gruppe fügte ihrer Bitte noch den Nachsatz zu: „weil ich es eilig habe“.
Nur ein kleines Wort habe „einen riesigen Unterschied gemacht“, sagt der Sprachexperte Jonah Berger. „Inhaltlich macht das natürlich keinen Unterschied. Eile ist kaum eine gute Begründung“, sagte Berger. Darum gehe es aber gar nicht.
Tatsächlich erhöhte die Verwendung des Wortes „weil“ in dem Experiment die Wahrscheinlichkeit, direkt an den Drucker gelassen zu werden, um 50 Prozent. „Allein das Wort „weil“ hat die Überzeugungskraft deutlich gesteigert“, sagt Berger dem Handelsblatt.
Der Sprachexperte ist selbst Professor an der Wharton School der University of Pennsylvania. Er hat mehrere Bestseller geschrieben, die sich mit Sprache und menschlicher Interaktion beschäftigen. Für sein jüngstes Buch „Magic Words“ (auf Deutsch erscheint „Die magischen Worte“ im Juni im Redline Verlag) hat er Regeln definiert, die eine besonders zielgerichtete Sprache auszeichnen sollen.
Die vier Kernthesen:
Aktive Sprache überzeugt
Die Begriffe „Du“ oder „Sie“ können die Überzeugungskraft von Aussagen und Texten stärken, schließt Berger aus seinen Studien. Demnach sei ein Artikel mit einer Überschrift wie „Fünf Tipps, die Geld sparen“ deutlich weniger ansprechend als: „Fünf Tipps, wie Sie Geld sparen“.
Ähnlich wirke das Personalisieren von Aussagen. In einer Untersuchung mit Kindern an der Stanford-Universität sollte herausgefunden werden, ob sie durch bestimmte Begriffe eher beim Aufräumen helfen. Die Kinder kooperierten dabei deutlich häufiger, wenn sie gefragt wurden, ob sie ein „Helfer“ sein wollten, als wenn sie einfach nur gefragt wurden, ob sie „helfen“ wollen.
Abwägen schadet
In unserer Sprache verwenden wir oft Begriffe, mit denen wir uns absichern. „Könnte“, „meiner Meinung nach“, „möglicherweise“ sind Beispiele dafür. Diese führten jedoch dazu, dass der Sprechende als weniger kompetent und überzeugend wahrgenommen wird. „Wägen Sie nicht ab, sondern treffen Sie klare Aussagen“, fordert Berger.
Schlüsselbegriffe wie „definitiv“, „deutlich“ oder „offensichtlich“ könnten unsere Kommunikation stärken und zu überzeugenderen Aussagen führen. Diese Überzeugung ließe sich aber nicht nur durch einzelne Begriffe, sondern auch durch das verwendete Sprachtempus unterstreichen, sagt Berger.
Jonah Berger: Magic Words
Englische Ausgabe
Harper Business
New York 2023
256 Seiten
22,99 Euro
Es sei besser zu sagen, „etwas gefällt mir“, anstatt, „etwas hat mir gefallen“. „Wer nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart spricht, wird andere eher überzeugen zuzuhören“, sagt Berger.
Richtige Fragen stellen
Fragen offenbaren nicht unser Unwissen, sondern können das Gegenteil vermitteln, sagt Berger. „Das Stellen von Fragen lässt uns gut aussehen.“ Das gelte besonders für gute Nachfragen.
Zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Fragen zu stellen sei eine Kunst, die perfektioniert werden könne. Um nicht unnötig in Fettnäpfchen zu treten, empfiehlt Berger, mit einfachen, wenig kontroversen Fragen anzufangen und sich dann vorzutasten.
Konkret ist besser
Die Telefonhotline von Unternehmen ist oft ein schwieriger Ort. Häufig melden sich Menschen, die ein Problem haben oder unzufrieden sind. Obwohl der Ablauf solcher Gespräch meist einem konkret vorgegebenen Muster folgt, werden sie von der Kundschaft oft sehr unterschiedlich wahrgenommen.
Berger wertete für eine Untersuchung viele dieser Gespräche aus und kam zu einem Schluss: Je konkreter Aussagen waren, desto stärker fühlten sich Kundinnen und Kunden gehört. Eine allgemeine Entschuldigung für „entstandene Schwierigkeiten“ sei weniger zielführend als eine Entschuldigung, dass der Techniker nicht zum ausgemachten Termin erschienen ist.
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Fazit: Berger hat viele nützliche Aussagen zusammengetragen. Einige der zitierten Studien sind nicht neu, sondern schon vor Jahrzehnten durchgeführt worden. Berger bringt die Erkenntnisse aber in eine gut lesbare Form und destilliert daraus nützliche Schlüsse.
Dabei gibt es jedoch eine wichtige Einschränkung: Nahezu alle Ergebnisse basieren auf der Verwendung der englischen Sprache in einem US-Kontext. Auf Deutschland lässt sich vieles davon direkt übertragen. Aber nicht alles passt. Smalltalk ist in den USA eine Kunstform, die in Deutschland kaum existiert.
Dafür kommunizieren die US-Amerikaner oft deutlich zurückhaltender im Geschäftsumfeld, während in deutschen Firmen Aussagen deutlich konkreter getroffen werden. Das muss beim Lesen des Buches immer bedacht werden.
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