Zürich Anleger wollen mit der Ernennung eines eigenen Vertreters Bewegung in die verfahrene Situation beim Verius-Immobilienfinanzierungsfonds bringen. Dafür wurde für den 13. Juni eine Gläubigerversammlung einberufen, wie aus einer im Bundesanzeiger veröffentlichten Einladung hervorgeht.
Das Anlagevehikel, in das Profianleger wie Pensionskassen und Versicherer rund 1,2 Milliarden Euro investiert hatten, ist seit rund sechs Monaten eingefroren. Das bedeutet: Anleger wissen nicht, wie viel ihr Investment noch wert ist. Sie können auch keine Fondsanteile kündigen und kommen daher nicht an ihr Geld.
Viele Investoren fühlen sich von den Verantwortlichen, der Bank Hauck & Aufhäuser als sogenanntem Alternative-Investment-Fondsmanager (AIFM) sowie der Verius Capital AG als Fondsberater, unzureichend informiert. Die für Mitte Juni einberufene Gläubigerversammlung haben Anleihegläubiger durchgesetzt.
Für die Ausschüttung fehlte die Liquidität
Auslöser der Krise war, dass der Fonds mangels Liquidität die fällige Ausschüttung an die Investoren nicht zahlen konnte. Daher will Hauck & Aufhäuser die Wertpapiere, in die der Fonds investiert hat, umfassend neu bewerten lassen.
Bei diesen handelt es sich überwiegend um riskante und wenig liquide nachrangige Schuldverschreibungen und Darlehen von Immobilienprojektentwicklern aus Deutschland und Österreich.
Für die Neubewertung des Portfolios hatte Hauck & Aufhäuser mindestens vier Monate veranschlagt, wie aus mehreren Informationsschreiben an Anleger hervorgeht, die dem Handelsblatt vorliegen. Die vier Monate sind um – doch wann der Fonds die Wertberechnung seiner Anteile wiederaufnimmt, ist völlig unklar.
Unterdessen weisen sich Hauck & Aufhäuser und die in der Schweiz ansässige Verius Capital AG gegenseitig die Schuld zu. Hauck & Aufhäuser (H&A) versuche, „mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln und im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Aufgaben, einen neutralen Überblick über das Portfolio und dessen derzeitige Werthaltigkeit zu erlangen“, heißt es in einem Schreiben an die Anleger.
Verius zeigt sich „irritiert“
Die Hauck-Aufhäuser-Manager Lisa Backes und Christoph Kraiker deuten in dem Schreiben auch an, wen sie für die Krise verantwortlich machen. So heißt es darin weiter: Anfang Oktober vergangenen Jahres habe H&A den Berater Verius sowie den delegierten Portfoliomanager, die Quantus AG aus Zürich, „über drohende Liquiditätsengpässe im Fonds informiert und gebeten, unverzüglich tätig zu werden“.
Allein, es half nichts: Weil mehrere Projektentwickler ihre Schulden nicht fristgerecht an den Fonds zurückzahlten, war nicht genügend Liquidität vorhanden, um die fällige Ausschüttung zu bezahlen. „Die laut Planung erwarteten, allerdings nicht planmäßig eingetroffenen Liquiditätsströme aus den Vermögenswerten des Fonds verschärfen die Liquiditätssituation weiter und stellen einen weiteren Grund dar, einen unabhängigen Sachverständigen mit der Begutachtung des Portfolios des Fonds zu betrauen“, führte H&A weiter aus.
Bei Verius im schweizerischen Steuerparadies Zug will man diese Spitzen offenbar nicht auf sich sitzen lassen. In einem eigenen Schreiben an die Anleger des Verius-Fonds geht das Verius-Management um die beiden Partner Maximilian Thiel und Alexander Werner in die Gegenoffensive: Das Einfrieren des Fonds sei nicht notwendig gewesen. „Das einseitige Vorgehen“ von H&A habe „nicht nur Sie als Anleger irritiert, sondern stellt auch uns vor Herausforderungen und Fragen.“
Sie spielen den Ball an H&A zurück. Verius’ Aufgabe als Anlageberater sei es, die Investitionen des Fonds sowie die erwarteten Rückflüsse für H&A „nach bestem Wissen darzustellen“. So schickte Verius nach eigenen Angaben ein wöchentliches Reporting an H&A. „Wir sind stets unserer gesellschaftsrechtlichen Pflicht als Leitungsorgan des Fonds nachgekommen“, beteuert das Verius-Management.
„Allein zuständig und in letzter Instanz verantwortlich für das Liquiditätsmanagement des Fonds ist von Gesetzes wegen der alternative Investmentfondsmanager“, sprich H&A. Aus Sicht von Verius hätte H&A also viel früher auffallen müssen, dass die Liquidität für die versprochene Ausschüttung nicht ausreicht. Weder Verius noch Hauck & Aufhäuser wollten sich zu den Inhalten der Anlegerschreiben äußern. Hauck & Aufhäuser verweist auf Anfrage auf eine Beschreibung der Dienstleisterrollen aller beteiligten Firmen, die sich unter anderem aus der Fondsdokumentation ergebe.
Verhängnisvolles Kompetenzwirrwarr
Darin heißt es: Zwei von Verius kontrollierte Firmen seien verantwortlich für den „wirtschaftlichen Erfolg des Fonds“ sowie die „Überwachung der Cash-Flows und die Erarbeitung von Cash-Flow-Szenarien.“ Der Portfoliomanager Quantus wiederum sei verantwortlich, „dass er die wirtschaftliche Leistungskraft der Investitionen des Fonds fortlaufend überwacht und sicherstellt, dass die entsprechende Liquidität aus diesen Investitionen für den Fonds fließen“.
Über die Rolle von Hauck & Aufhäuser als sogenannter alternativer Investmentfondsmanager heißt es in dem Dokument, dass dieser die Liquidität ständig überwacht. „Für die Liquiditätsbeschaffung in Zeiten von Liquiditätsengpässen ist der AIFM hingegen nicht verantwortlich.“
In der Krise wird den Anlegern zum Verhängnis, dass die Kompetenzen für den Fonds auf insgesamt drei Unternehmen und noch mehr Tochterfirmen verteilt sind, die in der Zuständigkeit dreier Finanzaufsichten in der Schweiz, Luxemburg und Deutschland liegen.
Der jüngste Portfolio-Überblick für den Verius-Fonds trägt nicht dazu bei, das Vertrauen der Anleger zu stärken. Bei Schuldverschreibungen mit einem Gesamtwert von rund 158 Millionen Euro musste der Verius-Fonds bereits die Rückzahlung über das ursprünglich geplante Datum hinaus verschieben, wie aus internen Unterlagen hervorgeht.
Bei weiteren Projekten im Gesamtwert von knapp 36 Millionen Euro scheiterte die Rückzahlung. Bei diesen muss Verius das Geld anderweitig eintreiben, etwa durch einen Zwangsverkauf. Weder Verius noch H&A wollten sich dazu auf Anfrage äußern.
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