In der Pandemie baute der Auftragshersteller große Produktionskapazitäten auf. Für diese sucht das Unternehmen nun eine neue Verwendung – und erwägt bei der Suche nach Geldgebern dafür auch einen Verkauf.
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Frankfurt Der Arzneimittel-Auftragsfertiger IDT Biologika sucht neue Geldgeber. In der Coronavirus-Pandemie hatte das Unternehmen Covid-Impfstoffe für Astra-Zeneca und Johnson & Johnson hergestellt. Nun will sich das Unternehmen umorientieren und prüft Optionen wie den Verkauf eines Minderheits- oder Mehrheitsanteils an einen Investor, wie mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen dem Handelsblatt sagten.
Das Vorhaben sei allerdings noch in einem frühen Stadium, der offizielle Prozess werde frühestens in einigen Monaten starten. Eine weitere Möglichkeit sei die Finanzierung des geplanten Wachstums durch die Muttergesellschaft Klocke, die unter anderem Arzneimittel-Verpackungen herstellt.
Klocke habe dafür die Investmentbank Evercore als Berater engagiert, hieß es in Finanzkreisen. Bei einem Deal könnte die Firma mit dem 15-fachen des erwarteten Betriebsgewinns (Ebitda) von etwa 40 Millionen Euro bewertet werden. Das entspräche rund 600 Millionen Euro.
„Schon in der Vergangenheit gab es großes Interesse an der IDT, was eine gute Anerkennung unserer Leistungen ist. Generell ist es kein Geheimnis, dass unser Unternehmen in den letzten Jahren bereits stark gewachsen ist und weiterhin ambitionierte Wachstumsziele verfolgt“, sagte Firmenchef Jürgen Betzing, lehnte eine Stellungnahme zum Investorenprozess aber ebenso ab wie die Bank Evercore. Die Muttergesellschaft Klocke war zunächst nicht erreichbar.
Während der Coronavirus-Pandemie hatte IDT Biologika Covid-Impfstoffe hergestellt und angekündigt, die europaweit größten Kapazitäten zur Herstellung von Impfstoffen aufzubauen. Im Mai 2022 schloss IDT bis 2029 laufende Pandemieverträge mit der Bundesregierung ab. Das Unternehmen kündigte vergangenes Jahr die Schaffung von 350 Arbeitsplätzen an, außerdem Investitionen von rund 100 Millionen Euro in neue Bioreaktoren und Hochgeschwindigkeits-Abfülllinien.
Corona-Impfstoffe: Nach der Pandemie brauchen Produktionsanlagen neue Aufgaben
Mittlerweile ist die Pandemie vorüber. Die Nachfrage nach Covid-Impstoffen ist eingebrochen, die neue Produktionstechnik kann dafür also nicht mehr im ursprünglich anvisierten Maß genutzt werden. Im Herbst hatte IDT etwa die Beendigung der Produktion von Covid-Impfstoffen für die französische Valneva bekannt gegeben.
„Eine entscheidende Frage für einen Investor wird es sein, mit welchem Kunden aus der Pharmabranche sich die neuen Anlagen künftig nutzen lassen könnten“, sagte ein Private-Equity-Manager, der sich mit dem Kauf von IDT beschäftigt. Arzneimittel-Auftragsfertiger sind ein beliebtes Übernahmeziel für Finanzinvestoren. Vergangenes Jahr hatte etwa Private-Equity-Investor Astorg den Kauf des Heidelberger Impfstoffzulieferers Corden Pharma angekündigt, der dabei mit gut 2,5 Milliarden Euro bewertet worden sein soll.
IDT wurde nach der Wende zum Erfolgsunternehmen
IDT wurde 1921 als „Bakteriologisches Institut der Anhaltischen Kreise“ zur Bekämpfung von Tierseuchen in Dessau gegründet. Das Unternehmen beschäftigt heute 1600 Mitarbeiter. Nach der deutschen Wiedervereinigung kaufte die badische Klocke-Gruppe im Jahr 1990 das damals als Impfstoffwerk Dessau-Tornau firmierende Unternehmen. Obwohl von der Treuhand zuvor als „nicht sanierungsfähig“ eingestuft, gelang Klocke die Umstellung der Firma auf die Auftragsfertigung von Arzneien und Impfstoffen.
Unter anderem erwarb IDT 2015 den amerikanischen Wettbewerber Aeras und gab die tiermedizinischen Aktivitäten 2019 an die französische Ceva Sante Animal ab. 2020 verbuchte IDT Biologika einen Umsatz von 200 Millionen Euro, 2021 waren es rund 250 Millionen. Damit machte IDT den Großteil des Umsatzes der Klocke-Gruppe aus, die 2021 auf einen Umsatz von 379 und ein Ebitda von 85 Millionen kam.
IDT will sich künftig auf andere Bereiche wie Krebszell-auflösende („onkolytische“) Viren konzentrieren. Dafür verkündete das Unternehmen im Frühjahr eine Kooperation mit der Schweizer Firma CanVirex bei der Entwicklung solcher sogenannter Immuno-Virotherapien. In der Vergangenheit hatte IDT Biologika in Zusammenarbeit mit Pharmaunternehmen unter anderem an Impfstoffen gegen Tuberkulose, AIDS, Malaria, Dengue-Fieber und Ebola mitgearbeitet.
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