Das Streaminggeschäft von Disney schreibt weiter rote Zahlen.
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Düsseldorf Disney steht vor drastischen Veränderungen. Der US-Unterhaltungsriese, der dieses Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, könnte sich von seinem klassischen TV-Geschäft trennen.
Der US-Medienunternehmer Byron Allen hatte am Freitag ein milliardenschweres Kaufangebot für die Disney-Sender abgegeben. Laut eines Sprechers biete Allen zehn Milliarden Dollar für das TV-Geschäft. Dem Unternehmer gehören in Amerika bereits eine Reihe von TV-Sendern. Darüber hinaus verhandle Disney mit Lokalsender-Betreiber Nexstar, dem heute die meisten TV-Stationen in den USA gehören, berichten mehrere US-Medien.
Zu Disney gehören der nationale Sender ABC, die Kabelkanäle FX und National Geographic sowie verschiedene Lokalprogramme. ABC hat Partnerschaftsvereinbarungen mit rund 240 lokalen TV-Sendern, die fast alle US-Fernsehhaushalte erreichen.
Disney prüfe „eine Vielzahl von strategischen Optionen für unseren linearen Geschäftsbereich“, teilte der Konzern mit. Zum jetzigen Zeitpunkt sei aber noch keine Entscheidung getroffen.
Der Verkauf würde Disney verändern. Über viele Jahre war die TV-Sparte für den Konzern sehr lukrativ. Zuletzt sind Erlöse und Gewinne in diesem Bereich aber geschrumpft. Im vergangenen Quartal waren die Umsätze um sieben Prozent auf 6,7 Milliarden Dollar zurückgegangen. Das operative Ergebnis war sogar um 23 Prozent auf 1,9 Milliarden Dollar gefallen.
Das lineare Fernsehgeschäft hat in den USA ein Problem: Verbraucher kündigen ihre Kabel-TV-Verträge und wandern zu Streamingdiensten ab. Mit den Zuschauern wenden sich auch die Werbekunden ab. Viele Unternehmen werben mittlerweile lieber im Netz.
Disney-Konzernchef Bob Iger hatte darum bereits im Juli angekündigt, den Konzern umzubauen. Er stellte dabei ausdrücklich infrage, ob das klassische TV-Geschäft auf lange Sicht Teil von Disney bleiben kann. Der Umbruch im linearen Fernsehen sei noch viel größer, als er erwartet habe, sagte Iger im Sommer.
Disney+: Weiterhin Verluste im Streaminggeschäft
Der Netflix-Konkurrent ist selbst im Streaminggeschäft aktiv. Neben Disney+ gehören auch der Dienst Hulu und ESPN+, das vor allem Sportübertragungen zeigt, zum US-Medienriesen. Doch diese Angebote schreiben seit Jahren rote Zahlen.
Allein in den vergangenen neun Monaten türmten sich Verluste im Streaming von über 2,2 Milliarden Dollar auf, bei einem Umsatz von 16,3 Milliarden Dollar im gleichen Zeitraum. Das profitable TV-Geschäft konnte diese Verluste bislang ausgleichen.
Nutzer kündigen wegen Preiserhöhungen – dennoch verteuert Disney+ das Jahresabo deutlich.
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Konzernchef Iger will daher das Streaminggeschäft so aufstellen, dass es Gewinn abwirft. Dazu erhöht Disney erneut die Preise. In Deutschland müssen Nutzer ab November für den bisherigen Leistungsumfang 120 statt der bisherigen 90 Euro pro Jahr zahlen. Wer das Angebot mit Werbung nutzt, zahlt weniger. Diese Abos machen laut Iger mittlerweile 40 Prozent der Neuzugänge aus.
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Zudem will der Manager die Kosten um 5,5 Milliarden Dollar drücken. Man werde künftig weniger Serien für Disney+ produzieren und diese auch kostengünstiger. Man habe insgesamt zu viel Geld für die Produktion von Inhalten ausgegeben, räumte der Manager im Sommer ein. Zudem hat Iger angekündigt, 7000 Stellen abbauen zu wollen. Die Maßnahmen scheinen Wirkung zu zeigen: Die Streaming-Verluste fielen zuletzt weniger groß aus als in den Vorjahren.
Doch auch Disneys Streaminggeschäft wächst weniger stark als erhofft. Das im Sommer 2022 verkündete Ziel, bis zum Jahr 2024 zwischen 215 und 245 Millionen Abonnenten bei Disney+ zu haben, hat der Konzern offenbar wieder einkassiert, berichtet die Agentur Bloomberg. Im vergangenen Quartal zählte Disney+ 105,7 Millionen Abonnenten.
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Disney+ leidet neben der starken Streaming-Konkurrenz darunter, dass Nutzer wegen der Preiserhöhungen kündigen. In Zeiten steigender Lebenshaltungskosten wollen 30 Prozent der Deutschen an ihren Streamingabos sparen, zeigte zuletzt eine Studie der Beratung Simon-Kucher. Zudem hat es Disney in Indien nicht erneut geschafft, sich die Streamingrechte von Cricket-Spielen zu sichern.
Iger will künftig keine Prognosen über die Entwicklung von Nutzerzahlen machen – und orientiert sich dabei an Konkurrent Netflix. Iger gilt als Architekt des heutigen Disney-Konzerns. Der 72-Jährige war im Herbst 2022 aus dem Ruhestand zurückgekehrt und erneut Chef des Unternehmens geworden. Er hatte zunächst einen Zwei-Jahres-Vertrag bekommen, der im Sommer um zwei weitere Jahre verlängert wurde.
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