Bei vielen Bestandsimmobilien sind teure Sanierungen und Modernisierungen fällig.
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Berlin Bauministerin Klara Geywitz hat mehr Unterstützung für Familien beim Hauskauf angekündigt. „Wir haben viele alte Häuser, und wir haben einen wachsenden Bedarf an Wohnraum und an bezahlbaren Einfamilienhäusern“, sagte die SPD-Politikerin der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
„Um das zusammenzubringen, will ich ein neues Programm zur Förderung des Erwerbs von Bestandsimmobilien aus der Taufe heben, und zwar zusätzlich zur bestehenden Neubauförderung.“ Das Volumen stehe noch nicht fest. Die Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung liefen noch.
Geywitz’ Ankündigung kommt kurz vor dem geplanten Wohnungsbaugipfel am 25. September im Kanzleramt. In den letzten Monaten war nur noch der Erwerb von energieeffizientem Neubau staatlich gefördert worden. Bei Bestandsbauten wurde lediglich die Sanierung finanziell unterstützt.
Das neue Förderprogramm könnte aus Sicht der Ministerin auch den Wertverfall unsanierter Häuser stoppen oder zumindest bremsen. „Wenn wir die Nachfrage nach Bestandshäusern stärken, dürfte das auch die Preise im Bestand stabilisieren“, sagte Geywitz. „Und wenn dadurch mehr saniert wird, ist das auch ein Gewinn für Umwelt und Klima.“
Die Ministerin trat Vorwürfen entgegen, die kürzlich verabschiedete Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) führe zur „Enteignung“ von Besitzern älterer Immobilien, da diese an Wert verlören. „Auch ohne Gebäudeenergiegesetz würde das Heizen mit Öl und Gas wegen der CO2-Bepreisung stetig und deutlich teurer, so dass moderne Heizungen eingebaut werden müssten“, sagte Geywitz.
Hinzu komme, dass der Immobilienboom wegen des billigen Geldes zu überhöhten Preisen auch für in die Jahre gekommene Häuser geführt habe. „Der Boom ist vorbei. Das ist der Hauptgrund für die sinkenden Preise.“
Die Ministerin trat Vorwürfen entgegen, das kürzlich verabschiedete Gebäudeenergiegesetz führe zur „Enteignung“ von Besitzern älterer Immobilien.
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Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), begrüßte die Pläne als „Chance, um etwas Druck aus dem überhitzten Mietmarkt zu nehmen“. Es müssten aber Mittel in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, damit die Investoren in diesem Segment starten könnten.
Bauherren können mehr abschreiben
Zuletzt hatte Bauministerin Geywitz erleichterte Abschreibungsmöglichkeiten im Wohnungsbau in Aussicht gestellt. Für Wohngebäude, mit deren Bau nach dem September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 begonnen wird, plant die Regierung eine Abschreibung von sechs Prozent der Investitionskosten, ohne Baukostenobergrenze.
Für einen „viel größeren Hebel für mehr Wohnungsbau“ hält Pakleppa eine Neuausrichtung der Förderprogramme der staatlichen Förderbank KfW. Rund zwei Drittel aller Wohnungen würden von Selbstnutzern in Auftrag gegeben, sagte er. Die Regierung sollte deswegen die Wohneigentumsförderung für Familien vom Effizienzhausstandard EH40 abkoppeln und auch für den EH55-Standard verfügbar machen.
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Um diese beiden energetischen Standards hatte es schon in den vergangenen Monaten heftige Debatten gegeben. Staatliche Fördermittel fließen seit einigen Monaten nur noch für den anspruchsvolleren und damit teureren EH40-Standard. Der EH55-Standard wurde von der Regierung zum gesetzlichen Mindeststandard beim Neubau erklärt. Die neuen Abschreibungsregelungen sollen dagegen auch für den EH55-Standard gelten.
Christian Noll, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) sprach mit Blick auf ein neues Förderprogramm zum Kauf von Bestandsimmobilien von „Etikettenschwindel“. Deutlich wichtiger wäre es, Standards und bessere Förderbedingungen für energetische Sanierungsmaßnahmen zu schaffen, sagte Noll.
Geywitz’ Idee greife zu kurz: „Wir brauchen mehr Anreize, in die Wertstabilisierung von Immobilien zu investieren und die hohen und steigenden Heizkosten unsanierter Immobilien massiv zu senken.“ Deren schlechter Zustand habe zusammen mit den gestiegenen Zinsen und Energiepreisen überhaupt erst zum Preisverfall geführt.
Rückendeckung bekam Geywitz vom Verband der Gebäudeenergieberater (GIH). „Wer behauptet, das Gebäudeenergiegesetz wäre schuld an Vernichtung von Eigentumswerten, weil der Immobilienpreis gedrückt wird, liegt falsch und vereinfacht seine Argumentation schon sehr“, sagte der GIH-Bundesvorsitzende Stefan Bolln der Zeitung. „Auch ohne Robert Habeck wollen viele Menschen CO2 einsparen, und wohl jeder will die eigenen Heizkosten senken.“ Auch daran werde es liegen, dass unsanierte Häuser nicht mehr so gefragt seien wie gut gedämmte.
Mit Agenturmaterial
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