Die Credit Suisse war der erste Praxistest für die extra-strenge Vorschriften, die für die 30 systemrelevantesten Banken der Welt gelten. Dieser Test ist gescheitert.
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Frankfurt Die Zwangsfusion der Schweizer Großbank Credit Suisse mit ihrem größeren Rivalen UBS hat die Lage des Finanzsystems vorerst beruhigt. Dafür bekamen die Schweizer Behörden viel Lob – zu Unrecht.
Denn die willkürlichen Methoden, mit denen die Behörden den Zusammenbruch der Großbank verhinderten, zeigt vor allem eines: Die Reformbemühungen der vergangenen 15 Jahre haben ihr Ziel, ein sicheres Bankensystem zu schaffen, verfehlt.
Denn eigentlich gelten für die 30 systemrelevantesten Banken der Welt spezielle Vorschriften. Mit besonders viel Kapital und viel Liquidität sollen sie im Krisenfall abwickelbar sein, marktwirtschaftlich und ohne Steuergeld.
Die Notlage der Credit Suisse war der erste Praxistest für die Vorschriften. Er ist gescheitert: Die Schweizer Behörden haben das Kartellrecht gebeugt, die Rechte der UBS-Aktionäre ausgehebelt und die Schweizer Steuerzahler über milliardenschwere staatliche Verlustgarantien in Mithaftung genommen. Es ist ein Offenbarungseid der Aufseher.
Mit einem geordneten Verfahren hatte das wenig zu tun. Dabei stand die Schweiz sogar an der Spitze der Bewegung, die das Erpressungspotenzial reduzieren wollte, das von Banken ausgeht, die zu groß sind, um sie fallen zu lassen („too big to fail“). Die Auflagen für ihre heimischen Großbanken UBS und Credit Suisse gingen sogar über die internationalen Standards hinaus.
Das zeigt: Dicke Kapital- und Liquiditätspolster allein sind also keine Überlebensversicherung für eine Bank. Dem Institut fehlte es nach vielen Skandalen nicht an Eigenkapital- und Liquiditätspuffern, sondern an Grundvertrauen von Kunden, Investoren und Geschäftspartnern.
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Das ist ein Problem, das über die Schweiz hinausstrahlt: Denn die Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) und die Notfusion der Credit Suisse machen die globalen Bankgiganten noch größer: In den USA wechseln Kunden mittelgroßer Regionalinstitute in Scharen zu Großbanken wie JP Morgan. Die Schweizer Volkswirtschaft ist von der Stabilität der UBS noch abhängiger als zuvor. Und die chaotische Rettung der Credit Suisse weckt Zweifel daran, dass die Schieflage des nächsten Bankgiganten glatter ablaufen würde.
Das muss Folgen für den Umgang mit globalen Bankriesen haben. Bankenaufseher könnten zum einen versuchen, aktiver gegenzusteuern, wenn sich Missstände wie bei der Credit Suisse häufen. Sie können unfähige Vorstände aus dem Amt drängen oder bestimmte Geschäfte untersagen. Der Erfolg ist aber ungewiss.
„Weiche“ Faktoren wie eine kranke Unternehmenskultur oder ein mieses Risikomanagement lassen sich schwer greifen und daher schwer herbeiregulieren. Marktwirtschaftlich ist das ohnehin fragwürdig. Und es löst auch nicht das Grundproblem, dass manche Banken so groß sind, dass man sie um jeden Preis retten will.
Eine Alternative wäre zum anderen, Größe und globale Relevanz noch unattraktiver zu machen, damit Institute freiwillig schrumpfen. Dafür gibt es Ansätze in den globalen Regeln: Je größer und vernetzter eine systemrelevante Bank, desto härter die Auflagen. Die Credit Suisse ist ein Anlass, um zu prüfen, ob diese Auflagen noch scharf genug sind.
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