Apple verkauft in China im Jahr rund 50 Millionen Geräte, schätzen Analysten.
(Foto: REUTERS)
San Francisco China ist das mit Abstand wichtigste Absatz- und Produktionsland für Apple. Nun könnte das Geschäft für den iPhone-Konzern in der Volksrepublik deutlich schwieriger werden. Beschäftigte von Behörden und Regierungsagenturen dürfen künftig iPhones nicht mehr dienstlich nutzen. Das berichteten übereinstimmend die US-Medien Bloomberg und Wall Street Journal.
Zunächst griff keines der großen chinesischen Medien das Thema auf. Es gab auch keine offizielle Bestätigung von Peking. Dennoch lösten die Berichte einen Einbruch der Börsenbewertung von Apple aus. Innerhalb von zwei Tagen fiel die Marktkapitalisierung von Apple um rund 200 Milliarden Dollar oder rund sechs Prozent.
Peking hatte bereits vor Jahren Ministerien und Behörden angewiesen, Hardware vor allem von chinesischen Herstellern zu beziehen. Ein Verbot von ausländischen Smartphone-Herstellern wäre daher keine ganz neue Entwicklung.
Während der vergangenen Jahre hatte Apple-CEO Tim Cook eigentlich das Verhältnis zu China immer weiter vertieft. Er war unter anderem der Forderung der Staatsführung von Peking nachgekommen, chinesische Clouddienste für Apple-Angebote in China zu nutzen. Dieser Schritt war von Menschenrechtsaktivisten stark kritisiert worden, da er die Sicherheit von Daten von Regierungskritikern gefährdet.
Während sich der US-Suchmaschinenbetreiber Google aus China zurückgezogen hatte und beispielsweise seinen E-Maildienst Gmail sehr stark vor chinesischer Spionage schützt, hatte Cook daran gearbeitet, China zum wichtigsten Absatzmarkt für Apple zu machen. Mehr noch: Bis heute ist China auch der wichtigste Produktionsstandort für Apple. Mehr als 90 Prozent aller hergestellten iPhones sollen laut Branchenanalysen in China gefertigt werden.
China ist der wichtigste Wachstumstreiber für Apple. Tim Cook hatte bei der Vorstellung der jüngsten Quartalszahlen vom Geschäft in China geschwärmt. Noch nie sei es Apple gelungen, so viele Kunden zum Wechsel von einem anderen Smartphone-Hersteller zum iPhone zu bewegen. „Wir haben einen Rekord aufgestellt“, sagte Cook. „Das war das Herzstück unserer Ergebnisse dort.“
Apple verkauft in China rund 50 Millionen iPhones im Jahr
Apple selbst hat aufgehört, Absatzzahlen für das iPhone zu veröffentlichen. Für das Gesamtjahr 2022 wird die Zahl der verkauften Geräte auf rund 225 Millionen geschätzt. Die Bank of America geht davon aus, dass rund 50 Millionen der Geräte in der Volksrepublik abgesetzt wurden. Die Auswirkungen eines Verbotes für Beamte und Regierungsorganisationen beziffert die Bank mit fünf bis zehn Millionen Geräten.
Die Kaufbeschränkungen könnten aber auch auf Staatsbetriebe ausgeweitet werden und hätten dann deutlich größere Auswirkungen, rechnet Analyst Toni Sacconaghi von der Investmentbank Bernstein vor. Er geht dabei von mindestens zwölf Millionen Geräten im Jahr aus.
Die indirekten Auswirkungen des Verkaufsverbotes für Beamte seien aber deutlich gravierender, argumentiert Sacconaghi. „Die eingeschränkte Nutzung von iPhones durch Regierungsangestellte könnte sich negativ auf Verkäufe unter Verbrauchern auswirken.“ Auch Familienmitglieder von Beamten könnten nicht mehr mit iPhones gesehen werden wollen.
Da iPhones oft nur der Einstieg in das Ökosystem von Apple sind, könnte das Unternehmen weitere Auswirkungen zu spüren bekommen. Demnach könne Apple auch weniger Zubehör oder weniger kostenpflichtige Zusatzdienste verkaufen.
Sacconaghi wertete die Entwicklung in China als möglichen Vorboten von weiteren Einschränkungen. „Ein China-Verbot für iPhones könnte einen ersten Schritt in einem eskalierenden Handelskrieg mit China signalisieren“, schrieb der Analyst. Darunter würde Apple weiter leiden.
Die USA hatten im Jahr 2019 den chinesischen Apple-Rivalen Huawei mit strengen Sanktionen belegt. Washington hatte Huawei von wichtigen Chiplieferungen abgeschnitten.
Vergangene Woche stellte Huawei das Smartphone Mate 60 Pro vor, das trotz US-Sanktionen den modernen Mobilfunkstandard 5G unterstützt.
Neues iPhone 15 soll am Dienstag vorgestellt werden
Die Nachrichten um ein mögliches Verkaufsverbot treffen Apple in einer wichtigen Phase. Für kommende Woche Dienstag hat der Konzern zu einer Veranstaltung in die Firmenzentrale in Cupertino geladen. Dort dürfte das neue iPhone 15 in vermutlich vier unterschiedlichen Varianten vorgestellt werden.
Branchenexperten vermuten, dass es beschränkte Verbesserungen zur Vorgängergeneration bieten wird. Ein wesentlicher Unterschied könnte der Einsatz des USB-C-Anschlusses anstatt eines proprietären Formates von Apple sein. Die EU-Kommission hatte Apple dazu gedrängt, sich wie andere Smartphone-Hersteller dem Standard anzuschließen.
Apple zählt weltweit laut Berechnungen des Marktforschers Counterpoint Research rund 1,2 Milliarden iPhone-Nutzer. Alleine im Jahresendquartal mit dem wichtigen Weihnachtsgeschäft werde Apple vermutlich 78 Millionen Geräte verkaufen können, prognostizierte Counterpoint. Damit könnte Apple beim Verkaufsvolumen erstmals am Rivalen Samsung vorbeiziehen.
Mehr: Höhepunkt für den „Buy Chinese“-Trend: Neues Huawei-Smartphone macht Chinesen stolz.