Der indisch-amerikanische Geschäftsmann Renjen soll den SAP-Mitgründer Plattner im kommenden Jahr an der Spitze des Aufsichtsrats ablösen.
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Düsseldorf Die Machtverhältnisse bei SAP bekommen Aktionäre und Fotografen seit Jahren zum Auftakt der Hauptversammlung vorgeführt: Ein bauchhohes Logo des Softwareherstellers dient als Requisite, vor der sich Aufsichtsratschef Hasso Plattner mit wechselnden Vorstandssprechern zeigt. Zumindest, wenn eine Pandemie es nicht verhindert.
An diesem Donnerstag dokumentierte das Bild den Beginn einer neuen Ära: Punit Renjen trat mit auf die Bühne. Der indisch-amerikanische Geschäftsmann, bis zum Jahreswechsel Chef der Unternehmensberatung Deloitte, stand für den Aufsichtsrat zur Wahl. In einem Jahr soll er nach einer Einarbeitungsphase von Plattner die Leitung des Gremiums übernehmen.
Die Nachfolgeplanung, die SAP nach langer Unklarheit im Februar kommuniziert hatte, stieß bei den Aktionären auf viel Zustimmung, Renjen erhielt 99,2 Prozent der Stimmen. „Jetzt haben wir ein Ende der Ungewissheit – das ist sehr wichtig“, sagte Jella Benner-Heinacher von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
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Die Veränderungen, die bei SAP anstehen, dürften nicht nur optisch sein. Mit Punit Renjen tritt ein Manager an die Spitze des Aufsichtsrats, der nicht zur Gründergeneration des Unternehmens zählt, der weder die Feinheiten einer deutschen Aktiengesellschaft kennt noch Deutsch spricht. Letzteres war lange ein Ausschlusskriterium für die Nachfolge.
„Hasso Plattner ist einzigartig, eine Ikone, eine Legende. Die Fußstapfen, die er hinterlässt, könnten nicht größer sein“, sagte Renjen. „Deshalb möchte ich eines klarstellen: Ich bin nicht Hasso und werde auch nicht versuchen, es zu sein.“ Er verfüge aber über die Erfahrung und Leidenschaft, um SAP in die Zukunft zu führen.
Punit Renjen: Eine Bilderbuchkarriere bei Deloitte
Renjen, der in Indien zur Welt kam und mit einem Stipendium in die USA ging, machte bei Deloitte eine Bilderbuchkarriere, die ihn bis an die Spitze führte. Sieben Jahre war er der globale Chef der Beratungsgesellschaft, die aktuell 415.000 Mitarbeiter an 150 Standorten hat.
In dieser Zeit steigerte das Unternehmen den Umsatz von 35 auf 59 Milliarden Dollar. „Ich weiß aus erster Hand, was es braucht, um eine globale Gemeinschaft aufzubauen“, sagte der Manager selbstbewusst.
Das Softwaregeschäft kenne er auch als jemand von außen gut, betonte Renjen. So hat er als Partner eine ganze Zeit Projekte zur Einführung von SAP-Software verantwortet. Er wisse um die Möglichkeiten der Technologie – „aber auch, wo es am ehesten hakt und wo Kunden der Ansicht sind, dass SAP mehr tun muss“. Zudem habe er als Berater eine Vielzahl von Unternehmen und Branchen kennengelernt mit all ihren komplexen Problemen.
Vorstandsprecher Christian Klein, Aufsichtsratschef Hasso Plattner und sein designierter Nachfolger Punit Renjen (v.l.) posierten gemeinsam auf der Bühne.
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Aktionärsvertreter bewerteten die Nominierung positiv. Ein Vertreter von außerhalb an der Spitze des Aufsichtsrats komme einer „Revolution“ gleich, betonte Ingo Speich, Fondsmanager bei der Deka – „möglicherweise ist es aber genau das, was SAP benötigt“. Allerdings sei die Einarbeitungszeit von einem Jahr sehr ambitioniert, sagte er in Richtung Renjen. „In jedem Fall benötigt das Unterfangen auch von Ihnen einen hohen Zeiteinsatz.“
Profitabilität „muss sich deutlich verbessern“
Wenn Renjen wie geplant im kommenden Jahr zum Chefaufseher wird, dürfte er ein Unternehmen kontrollieren, das die strategische Neuausrichtung weitgehend geschafft hat.
„Durch unser sehr robustes und nachhaltiges Geschäftsmodell ist SAP widerstandsfähiger denn je“, sagte Vorstandssprecher Christian Klein in seiner Rede.
Der Umsatz stieg im vergangenen Jahr um elf Prozent auf 30,9 Milliarden Euro – maßgeblich durch den Verkauf von Cloudprodukten, die das Management bei Entwicklung und Vertrieb in den Mittelpunkt stellt.
Allerdings lässt die Profitabilität noch zu wünschen übrig, die operative Marge sank auf 15 Prozent.
SAP notiert derzeit bei rund 122 Euro, mehr als 30 Prozent höher als noch vor einem Jahr. Damit entwickelte sich die Aktie des Softwareherstellers deutlich besser als der Dax und der Branchenindex MSCI World Software.
SAP scheine die Schwächephase überwunden zu haben, lobte Deka-Fondsmanager Speich, mahnte aber eine Verbesserung der Ertragskraft an. Das sei wichtig, um bei der Bewertung gegenüber Konkurrenten wie Salesforce aufzuholen. „Wachstum und Ertrag müssen sich deutlich verbessern, damit SAP zukünftig noch in der globalen Liga mitspielen kann.“
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