Für Nutzer von Neobroker-Apps war der Aktienhandel lange Zeit kostenlos. Das ändert sich nun. Was bedeutet das für Anleger?
2015 kamen die ersten Neobroker auf den Markt. Unternehmen wie Trade Republic, Smartbroker, Robinhood und Scalable hatten eines gemeinsam: Börsenneulinge und unerfahrene junge Trader konnten auf der Suche nach dem schnellen Gewinn über ihr Smartphone Aktien kaufen und verkaufen – und das zu unschlagbar günstigen Preisen.
Das Geschäftsmodell der Neobroker basiert auf teilweise sehr niedrigen Ordergebühren oder sogar komplett provisionsfreiem Handel. Die Bedienung der Apps ist sehr einfach und intuitiv gehalten. Gerade für Börsenneulinge sinken dadurch die Einstiegshürden in den Aktienhandel. Doch mit den geringen Gebühren soll bald Schluss sein. Was bedeutet das für Anleger?
Was steckt hinter dem provisionsfreien Handel?
Günstig oder kostenlos Aktien kaufen und verkaufen – damit soll es ab 2026 laut EU-Beschluss vorbei sein. Die sogenannte Praxis der Neobroker heißt Payment for Order Flow (PFOF), zu Deutsch: Rückvergütungen. Bereits im Juni 2023 hatten sich der Europäische Rat und das EU-Parlament darauf geeinigt, diese zu verbieten. Ein Gesetz soll folgen.
Wie funktioniert Payment for Order Flow?
Das Kürzel PFOF beschreibt Provisionszahlungen für die Auftragsvermittlung von Handelsaufträgen, sogenannte Rückvergütungen oder Kickback-Provisionen. Einfach ausgedrückt: Broker leiten die Handelsaufträge ihrer Kunden an bestimmte Handelsplätze weiter und lassen sich dafür bezahlen. So können Broker Anlegern den Kauf von Aktien sehr günstig oder manchmal gar zum Nulltarif anbieten.
Die Kritik der EU an den Trading-Apps, die mit Rückvergütungen arbeiten, ist, dass Anleger sich oft nicht aussuchen können, über welchen Handelsplatz der Auftrag ausgeführt wird. Bei klassischen Brokern ist das möglich – ebenso werden der exakte Kurs des Wertpapiers als auch die anfallenden Kosten transparent angezeigt. Trading-Apps bieten diese Vielfalt oft nicht, sondern wickeln den Handel über spezialisierte Handelsplätze ab, wo womöglich ein schlechterer Kurs gilt.
Für ein Verbot der Rückvergütungen spricht sich Sophie Thurner, Mitbegründerin der Investmentplattform Beatvest, aus. Sie sehe in der gängigen Praxis keinen optimalen Weg für Kleinanleger. Durch niedrige Gebühren würden falsche Anreize gesetzt und Verbraucher zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren motiviert. „Je mehr Kleinanleger in ihre Positionen hinein- oder heraushandeln, desto mehr Geld verlieren sie“, sagt Thurner bei „dasinvestment.com“.
Kritik an EU-Entscheidung
„Das Verbot von Payment for Order Flow ist ein Riesenerfolg für die Monopolbörsen“, kritisiert Christian Hecker von Trade Republic die EU-Entscheidung in einem Interview mit „tagesschau.de“. „Sie wollen sich damit verbraucherfreundliche, günstige und einfache Konkurrenz vom Leib halten und haben auf diesem Weg in Brüssel nun einen Meilenstein erzielt“, so Hecker weiter.
Auch Erik Podzuweit, Gründer und CEO von Scalable Capital, bezeichnet das Verbot als eine „böse Überraschung“. Seiner Ansicht nach sind die Nutzer solcher Trading-Apps die größten Verlierer. Kleine Anleger würden über die großen Börsen nicht handeln, weil die Kurse zwar gut seien, aber die Nebengebühren viel zu hoch. „Die handeln in Deutschland auf spezialisierten Börsen für Kleinanleger“, sagt Podzuweit.
Kritik kommt auch von der Bundesregierung, berichtet „tagesschau.de“. Man habe sich in den Verhandlungen auf EU-Ebene dagegen ausgesprochen, sei aber mit dieser Haltung isoliert, heißt es aus dem FDP-geführten Bundesfinanzministerium. Der EU-Abgeordneter Markus Färber (CSU) beklagt, dass ein Verbot genau das falsche Signal sei. „Es wird vor allem ein Resultat haben: höhere Kosten für Wertpapiertransaktionen. Der Zugang zum Kapitalmarkt wird wieder ein Stück unattraktiver für Kleinanleger.“
Zuversichtlich für neue Geschäftsmodelle
Mitgründer des Online-Brokers Trade Republic Christian Hecker verspricht seinen Kunden, dass man ETF-Sparpläne auch weiterhin gebührenfrei anbieten möchte. Auch Eric Podzuweit von Scalable Capital will die Preise niedrig halten dank des technologischen Vorteils gegenüber klassischen Banken. Außerdem denke man über neue Einnahmequellen nach, wie beispielsweise Monatsmitgliedsbeiträge oder Zinsgeschäfte.
Für Neobroker in Deutschland verändert sich vorerst wenig. Sie haben bis ins Jahr 2026 Zeit, auf die neuen Regeln zu reagieren. Dann endet die Übergangsphase.