Bei Morbus Meulengracht ist der Bilirubinspiegel erhöht. Diese erblich bedingte Veränderung ist harmlos – und hat möglicherweise sogar Vorteile.
Morbus Meulengracht (Meulengracht-Syndrom, Gilbert-Syndrom) ist eine häufig vorkommende Störung des Bilirubinstoffwechsels. Bei Menschen mit diesem Syndrom kann der Körper den gelb-bräunlichen Gallefarbstoff Biliribin nicht so schnell abbauen.
Viele Menschen wissen gar nicht, dass sie das Meulengracht-Syndrom haben, denn Beschwerden treten nur auf, wenn der Bilirubinspiegel eine bestimmte Höhe überschritten hat. Mehr über die Entstehung und die Symptome von Morbus Meulengracht lesen Sie hier.
Das Meulengracht-Syndrom ist nicht als Krankheit anzusehen und ungefährlich. Aus Sicht mancher Fachleute bietet es unter Umständen sogar Vorteile. Aber auch gewisse Nachteile sind nicht von der Hand zu weisen.
Morbus Meulengracht: Mögliche Vorteile
Die Lebenserwartung von Menschen mit Meulengracht-Syndrom ist so hoch wie in der Normalbevölkerung – mindestens: Studien zeigen, dass die Lebenserwartung vielleicht sogar etwas höher ist.
Das könnte daran liegen, dass das Risiko für bestimmte Erkrankungen niedriger ist. So sind Menschen mit Morbus Meulengracht möglicherweise besser vor Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems und Gefäßschäden bei Diabetes mellitus geschützt. Ursache sind vermutlich antioxidative Effekte des Bilirubins, sodass der Körper besser gegen sogenannten oxidativem Stress gewappnet ist. Auch ein niedrigeres Risiko für bestimmte Krebserkrankungen wie zum Beispiel Non-Hodgkin-Lymphome wird diskutiert.
Morbus Meulengracht: Gibt es auch Nachteile?
Das Meulengracht-Syndrom hat also wahrscheinlich einige Vorteile. Es gibt aber auch Nachteile beziehungsweise potenzielle Gefahren.
Der Bilirubinspiegel kann phasenweise so sehr ansteigen, dass eine vorübergehende Gelbsucht entsteht: Das Weiß der Augen und sowie die Haut erscheinen dann gelblich. Weitere mögliche Beschwerden sind zum Beispiel leichte Magen-Darm-Probleme oder Abgeschlagenheit. Viele Menschen mit Morbus Meulengracht bemerken solche Symptome nie oder nur sporadisch. Ein Teil empfindet die Beschwerden jedoch als sehr belastend.
Möglicherweise ist das Risiko für bestimmte Gallensteine (Bilirubinsteine) bei Menschen mit Meulengracht-Syndrom erhöht.
Meulengracht-Syndrom und Medikamente
Darüber hinaus könnte sich ein Nachteil bei bestimmten Medikamenten ergeben: Manche Wirkstoffe werden ähnlich verstoffwechselt wie Bilirubin und somit ebenfalls langsamer abgebaut. Besondere Einschränkungen sind jedoch nach aktuellem Wissensstand in der Regel nicht nötig. Allerdings könnten die Wirkstoff Atazanavir zur Behandlung von HIV sowie Irinocetan zur Behandlung von Krebs eine verstärkte Gelbsucht hervorrufen und zu einem zu hohen Medikamentenspiegel führen, was Ärztinnen und Ärzte berücksichtigen müssen.
Auch Paracetamol wird über ähnliche Stoffwechselvorgänge verarbeitet wie Bilirubin. Kurzfristig und in therapeutischen Dosen eingenommen sind jedoch in Verbindung mit Morbus Meulengracht keine Probleme zu erwarten – so die Ansicht der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. In Packungsbeilagen von Paracetamol wird allerdings vorsichtshalber darauf hingewiesen, dass Personen mit Morbus Meulengracht den Wirkstoff nur nach ärztlicher Rücksprache einnehmen sollten. Wenn ein anderes Medikament eine Gelbsucht verursacht, sollten Patientinnen und Patienten ebenfalls ärztlichen Rat einholen.
Andere Erkrankungen könnten übersehen werden
Wichtig zu wissen ist, dass Symptome wie Gelbsucht oder Bauchschmerzen viele andere Ursachen haben können. Zudem kann der Bilirubinspiegel auch im Zuge anderer Erkrankungen erhöht sein.
Damit andere, eventuell zusätzlich bestehende Erkrankungen nicht übersehen werden, ist daher eine gründliche Untersuchung unerlässlich. Bei Morbus Meulengracht ist typischerweise nur der Bilirubinwert erhöht. Sind auch andere Blutwerte verändert, etwa die Leberwerte, weist das eher auf eine andere oder eine zusätzliche Erkrankung hin.