Die Ukraine hat laut ihres Botschafters von den Friedensgesprächen aus den Medien erfahren. Norbert Röttgen mahnt die nächsten Koalitionspartner zur Eile.
Auch, wenn es mit dem Frieden binnen 24 Stunden nichts wurde – US-Präsident Donald Trump will einen schnellen Waffenstillstand in der Ukraine. Das angegriffene Land bleibt bei Gesprächen derzeit außen vor, wie bei einem Treffen zwischen USA und Russland in Saudi-Arabien. Die Ukraine werde keine Delegation entsenden, sagte ihr Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, am Sonntagabend bei „Caren Miosga“: „Wir haben von diesen Verhandlungen aus den Medien erfahren.“
- Norbert Röttgen (CDU), Außenpolitiker
- Oleksii Makeiev, Botschafter der Ukraine in Deutschland
- Carlo Masala, Militärexperte
- Constanze Stelzenmüller, Sicherheitsexpertin
Die Position der Stärke, die Makeiev für die Verhandlungen mit dem Aggressor Russland anmahnte, hängt laut Norbert Röttgen auch entscheidend von einer raschen Regierungsbildung in Deutschland ab. Während bei RTL/n-tv das Quadrell lief, befürchtete der Militärexperte Carlo Masala in der ARD-Talkshow: In den drei, vier Monaten nach der Bundestagswahl wird es keine deutsche Führung geben. „Nein, das können wir uns nicht leisten“, widersprach CDU-Außenpolitiker Röttgen ihm.
„Wir können mit den Ritualen der Vergangenheit nicht weitermachen“, ermahnte Röttgen eine Woche vor der vorgezogenen Wahl mögliche Koalitionspartner der Union. Er stellte klar: Hier geht es um weit mehr als die nächste deutsche Regierung. Die Zukunft der Ukraine und damit auch Europas hänge jetzt ganz entscheidend an Deutschland, unterstrich der Christdemokrat. Die Augen vor dem Ernst der Lage zu verschließen oder gar wegzulaufen, sei keine Option mehr, sagte Röttgen: „Wir sind jetzt selber am Abgrund. Das ist jetzt unsere Aufgabe.“
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Denn spätestens seit der Rede des US-Vizepräsidenten J. D. Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz war allen Gästen bei Miosga klar: Künftig ist Europa für das Überleben der Ukraine und für seine eigene Sicherheit verantwortlich. „Es gibt keinen mehr, der es uns abnimmt“, sagte Röttgen. „Europäische Sicherheit, in der Zeit des Krieges in Europa, ist ab diesem Wochenende eine im Grunde allein europäische Aufgabe“, sagte das Mitglied im Auswärtigen Ausschuss.
Dass Trumps Vize Europa einen Verfall der Meinungsfreiheit unterstellte und dies trotz der Bedrohung durch Russland als das eigentliche Problem des Kontinents dargestellt hatte, sei eine Ansprache „für die Rechtsextremen in ganz Europa“ gewesen, sagte Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München. Seine Kollegin Constanze Stelzenmüller sprach gar von einer „ungeheuerlichen Beleidigung“.
„Er glaubt, er ist der Demokrat, wir sind es nicht“, deutete Röttgen den Vance-Auftritt. Trumps Stellvertreter habe in München die gemeinsame kulturelle Wertebasis aufgekündigt. Als den wahren „Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten“ bezeichnete Röttgen hingegen den Tech-Milliardär Elon Musk.
Uneins war sich die ansonsten weitgehend homogene Runde bei der Frage, wie strategisch oder doch eher chaotisch die Trump-Regierung außenpolitisch gerade vorgeht. Klar war für Masala: Der Republikaner verhandelt im Grunde nicht mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin – stattdessen erfülle Trump dessen Wünsche von vornherein, etwa den höchstwahrscheinlichen Ausschluss einer Nato-Mitgliedschaft der Ukraine. „Das sind keine Verhandlungen – das ist Putins Agenda“, stellte der Militärexperte klar.
Stelzenmüller wagte das Gedankenspiel, ob Trump womöglich doch strategisch vorgeht und versucht, Russland durch die Friedensgespräche vom US-„Angstgegner“ China loszueisen. Dafür würden großflächig die Interessen nicht nur der Ukraine, sondern auch Europas geopfert. Wenn Trump aber so sehr die Positionen von Putin übernehme, laufe der US-Präsident Gefahr, als Marionette des Kremls in die Geschichte einzugehen, warnte die Sicherheitsexpertin der Denkfabrik Brookings Institution in Washington, D.C.