Maybrit Illner diskutierte über die russische Abhörattacke und die Taurus-Raketen. Kevin Kühnert konterte Kritik am Kanzler mit einem Verweis auf dessen Amtseid.
Die Gäste:
- Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär
- Roderich Kiesewetter (CDU), Obmann im Auswärtigen Ausschuss
- Daniel Cohn-Bendit, deutsch-französischer Publizist (zugeschaltet)
- Carlo Masala, Militärexperte (zugeschaltet)
- Sarah Pagung, Politikwissenschaftlerin
„Wirklich Neues gab es nicht“, ordnete zunächst der Militärexperte Carlo Masala den Inhalt des 38-minütigen von Russland veröffentlichten Mitschnitts ein. Bis auf „ein paar technische Details“ sei nichts gesagt worden, „was man nicht schon wusste“.
Das Bekannte sei aber eben von „autoritativen Sprechern“ geäußert worden, was ein anderes Gewicht habe als etwa Presseberichte. Er sprach von einem „Glücksfall“ für die Abhörer und von einem „Zufallsfund“.
Cohn-Bendit interpretiert Macrons Vorstoß
So einfach wollte Roderich Kiesewetter den Vorfall nicht abtun. Nicht Pech, sondern eine „grundsätzliche Laxheit“ sei für die Panne verantwortlich, so der CDU-Außenpolitiker. Er forderte ein „anderes Sicherheitsverständnis“. Mit der Veröffentlichung habe Russland am Tag der Beisetzung des Kremlkritikers Alexej Nawalny zum einen ablenken und zum anderen Misstrauen zwischen Deutschland und seinen Nachbarstaaten säen wollen, was zunächst auch gelungen sei. Die Politikwissenschaftlerin Sarah Pagung vermutete, dass Wladimir Putin vor allem „die deutsche Öffentlichkeit“ habe erreichen wollen, um die kontroverse Debatte über Taurus-Lieferungen weiter anzuheizen.
Ob der Aufruf, „nicht feige zu sein“, auf Olaf Scholz gemünzt gewesen sei, wollte die Moderatorin von dem langjährigen grünen EU-Abgeordneten wissen – aber der interpretierte Macrons neue Härte eher als selbstkritische Abkehr von seiner einstigen Warnung, Russland nicht zu demütigen. Während Cohn-Bendit leidenschaftlich für eine Taurus-Lieferung warb,
kam dem einstigen Scholz-Kritiker Kevin Kühnert die Rolle des Kanzler-Verteidigers zu.
Der SPD-Generalsekretär verwies darauf, dass Deutschland zweitgrößter Ukraine-Unterstützer sei. Er widersprach der Einschätzung, Scholz habe mit seinen Äußerungen zur Zielsteuerung der Marschflugkörper, die Deutschland nicht so machen könne wie Briten und Franzosen, Alliierte desavouiert. Der Kanzler habe vielmehr seine Argumente dargelegt, was vielfach gefordert worden sei. „Wir machen den Flurschaden gerade größer, als er ist“, sagte Kühnert mit Blick auf den gestrigen betont harmonischen Besuch des britischen Außenministers David Cameron in Berlin.
Schlagabtausch zwischen Kiesewetter und Kühnert
Verständnis für die „Irritationen“ äußerte dagegen Carlo Masala, der zudem der Kanzler-Argumentation widersprach, die Taurus seien nur mit Beteiligung deutscher Soldaten einsetzbar. Er beklagte „innereuropäische Kämpfe“ und „ein katastrophales Bild der Unentschlossenheit und Divergenz“.
Gar „ein Desaster“ nannte Roderich Kiesewetter die Kommunikation des Kanzlers. Sie zeige, dass er kein Vertrauen in die Ukraine habe, und führe dazu, dass Russland sich „zurücklehnen“ könne. Als er dem Regierungschef Führungsschwäche und „unterlassene Hilfeleistung“ vorwarf, kam es zum heftigen Schlagabtausch mit Kühnert.
Gleich zweimal verwies der SPD-General auf den Amtseid des Kanzlers, der ihn verpflichtet, Schaden vom deutschen Volk zu wenden. Bei der „Folgenabschätzung“ einer Taurus-Lieferung sei Olaf Scholz eben zu seiner ablehnenden Entscheidung gekommen. Und dann brach es regelrecht aus Kühnert heraus: „Dafür kann man ihn kritisieren, man kann es anders sehen, man kann dazu aufrufen, ihn nicht noch mal zu wählen, wenn man das falsch findet – aber man sollte respektieren, dass der Bundeskanzler im Rahmen seiner Richtlinienkompetenz und in der Verantwortung, in der er steht, eine Entscheidung getroffen hat. Punkt.“