Friedrich Merz will nun doch mit der Ampel weiterreden. Warum nicht gleich? Die Wende in der Migrationspolitik ist zu ernst für Wahlkampf-Stunts.
Erst will er reden, dann wieder nicht. Erst lehnt er weitere Gespräche ab, dann sagt er doch zu: Fast will man lachen über das Theaterstück, das Friedrich Merz und seine CDU dieser Tage aufführen. Wäre es nicht eigentlich zum Weinen.
Nach viel Hin und Her, einem geplatzten Asylgipfel und einem launischen Schlagabtausch im Bundestag mit dem Kanzler hat sich der CDU-Chef nun doch dazu durchgerungen, weiter mit der Ampel über eine Lösung der offenen Migrationsfragen zu diskutieren. Genauer: mit den Ampel-Chefs, so wie es Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgeschlagen hat.
Dass ein solches Treffen zustande kommt, gilt als Formsache. Scholz hat im Bundestag mehrmals betont, die Tür für einen weiteren Austausch zwischen Opposition und Koalition stehe immer offen. Merz, sich seines Fehlers vom Dienstag inzwischen offenbar bewusst, knickt ein und sagt nun doch zu, nachdem er gestern weitere Gespräche ausgeschlossen hatte.
Das ist gut so und auch richtig. Hätte aber auch gleich so kommen können, ja müssen. Denn für kindergartenartigen Hickhack, für Politmanöver und Wahlkampf-Stunts hat in Deutschland kaum einer mehr Verständnis. Das Thema ist zu ernst für Sperenzchen und Taktierereien.
Nach Solingen wollen große Teile der Bevölkerung eine Wende in der Asyl- und Migrationspolitik. Der Terroranschlag hat vielen Menschen vor Augen geführt: Es muss sich etwas ändern, im Umgang mit jenen, die eigentlich in anderen Ländern Asyl erhalten sollten, in der Kontrolle des Zuzugs neuer Flüchtlinge. Und das zügig.
Die Schnelligkeit, mit der die Bundespolitik nach dem Terror gehandelt hat, ist durchaus beeindruckend. Dass gerade Parteien wie die Grünen, aber auch die SPD binnen drei Wochen ihre Überzeugungen grundlegend hinterfragen, teils über Bord werfen, verdient Respekt. Umso weniger sollten deshalb diejenigen Parteien, die traditionell eine härtere Gangart etwa an den Grenzen befürworten, nun mit teils populistischen Forderungen versuchen, ohne Rücksicht auf Verluste das Maximum herauszuschlagen.
Jetzt gilt das, was ausgerechnet Merz’ CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann gerne sagt: Einfach mal machen! Gemünzt auf die aktuelle Lage also: Einfach mal Kompromisse machen, die auf dem Boden des Rechtsstaats stehen – und diese dann auch zügig gemeinsam umsetzen.
Sowohl Ampel als auch Union haben jetzt eine große Chance: Sie können jetzt, aus der demokratischen Mitte heraus, parteiübergreifend zeigen, dass sie gewillt sind, zum Wohle des Landes gemeinsam Lösungen zu finden, die wirklich funktionieren und die Probleme eindämmen.
Gelingt ihnen das nicht und führen sie weiter einen Eiertanz auf, vergrößert das nur den Frust. Dann steigt die Politikverdrossenheit und die radikalen Ränder des politischen Spektrums werden noch stärker.