Sandra Maischberger diskutierte über Friedrich Merz und die Option Schwarz-Grün. Carsten Linnemann und Omid Nouripour lieferten sich einen launigen Schlagabtausch.
Am Abend der Bekanntgabe von Friedrich Merz’ Kanzlerkandidatur war das Thema bei Sandra Maischberger gesetzt. Als speziellen Spin hatte sich die Moderatorin vorgenommen, zu ergründen, was die Entscheidung für den CDU-Vorsitzenden – und gegen sein CSU-Pendant Markus Söder – in Bezug auf mögliche Koalitionsoptionen bedeutet. Gleich mehrfach fragte sie nach, ob die Tür für Schwarz-Grün mit Merz wohl etwas offener sei. Während der Grünen-Co-Vorsitzende Omid Nouripour sich gegen „Ausschließeritis“ aussprach, reagierte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bei dem Thema aber eher reserviert.
Die Gäste:
- Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen), Parteivorsitzender
- Carsten Linnemann (CDU), Generalsekretär
- Constantin Schreiber, „Tagesschau“-Sprecher und Autor
- Petra Gerster, Autorin und ehemalige „heute“-Moderatorin
- Yasmine M’Barek, Journalistin („Zeit Online“)
- Michael Bröcker, Chefredakteur „Table Media“
Linnemann, der angab, der Verkündungstermin zur K-Frage habe schon „länger“ gestanden, nämlich „seit mehreren Tagen“, mochte nicht einmal die Formulierung akzeptieren, dass der bayerische Ministerpräsident „zurückgezogen“ habe. „Wir wollen hier die Zukunft gewinnen – mit Markus Söder“, so der CDU-Politiker. Die Union habe mit der Verkündung der Personalie vor der Brandenburg-Wahl einen „Überraschungseffekt“ erzielen wollen, was auch gelungen sei.
„Wir nehmen alle, die da kommen“, kommentierte Omid Nouripour die Entscheidung und wollte sich nicht anmerken lassen, ob er lieber Hendrik Wüst oder eben Söder als Wettbewerber gehabt hätte: „Jeder dieser drei hat Schwächen, mit denen man arbeiten kann“, so der Grünen-Chef. Auf die Frage, ob er glaube, dass Markus Söder sich von nun an als Teamplayer erweise, hatte er eine launige Antwort: „Markus Söder ist komplett unberechenbar, also ist es auch denkbar, dass er konstruktiv ist.“ Man müsse das aber langfristig beobachten, schließlich besitze der CSU-Chef eine „gigantische Flexibilität“.
Um inhaltliche Unterschiede zwischen den beiden herauszuarbeiten, griff Sandra Maischberger zum bewährten Mittel der „Ja-Nein-Fragen“. Herrschte noch Einigkeit über die Notwendigkeit der Ukraine-Unterstützung mit Langstreckenwaffen oder die Stationierung US-amerikanischer Raketen in Deutschland, so fielen die Antworten auf zwei zentrale Fragen gegensätzlich aus: „Nein“, beschied Carsten Linnemann die Frage, ob die nächste Bundesregierung die Schuldenbremse reformieren werde; „auf alle Fälle“, meinte dazu Omid Nouripour. Dass „umfassende Zurückweisungen an den Grenzen das Gebot der Stunde“ seien, bejahte der CDU-Mann, während der Grüne mit „Nein, geht gar nicht“ antwortete. Damit war das aktuelle Aufregerthema Migrationspolitik erreicht.
„Für die Demokratie ist das super, dass wir beiden uns jetzt streiten“, warf dazu Carsten Linnemann ein und lobte, dass Friedrich Merz diese Debatte „in die Mitte des Parlaments“ geholt habe. Während Omid Nouripour der CDU die Schuld am Scheitern der jüngsten Gespräche zwischen Ampelkoalition und Opposition gab („Die CDU hat gesagt: Entweder ihr macht, was wir wollen, oder wir stehen auf und gehen.“), bestritt Linnemann, dass es seitens der Union ein Ultimatum gegeben habe. Vielmehr habe Innenministerin Nancy Faeser zunächst zugesagt, über Zurückweisungen an der Grenze reden zu wollen, dann aber sei dies kein Thema mehr gewesen.
Omid Nouripour indes zeigte sich skeptisch, dass die nun beschlossenen Grenzkontrollen der richtige Weg seien: „Ich bin sehr gespannt, wie lange die Maßnahme hält“, so der Grüne. Zum einen habe die Bundespolizei gar nicht die finanziellen Kapazitäten, um dauerhaft die deutschen Außengrenzen zu überwachen. Zum anderen können man den „Binnenmarkt nicht komplett pulverisieren“. Dass Grenzkontrollen „für die Handelspolitik ein Fiasko“ seien, gestand auch Linnemann ein. „Aber für mich geht Sicherheit vor.“ Der CDU-General forderte, Asylverfahren in Drittstaaten auszulagern und Kontingente zu vereinbaren, damit „die Richtigen zu uns kommen“. Omid Nouripour verwies darauf, dass es nicht möglich sei, „Probleme im Sicherheitsbereich einfach abzuschieben“.
Nachdem Sandra Maischberger mit Erwähnung der schwarz-grünen Landesregierungen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen noch einmal die Koalitionsthematik aufgebracht hatte, kam die Rede auf Omid Nouripours vielbeachtetes Zitat von der Ampel als „Übergangskoalition“ und die Frage, wie lange es bis zur nächsten Bundestagswahl überhaupt noch dauern werde. „Dann macht doch jetzt bitte Schluss“, rief Carsten Linnemann und zeigte sich offen für rasche Neuwahlen. Omid Nouripour aber gab an, dass die Ampelkoalition allen Querelen zum Trotz „noch ein paar Sachen“ vorhabe. Und eine kleine Spitze in Richtung FDP konnte er sich auch nicht verkneifen: „Es ist nicht so einfach zu sagen, in vier Wochen hört der Streit auf. Unter anderem, weil der Twitter-Account von Herrn Kubicki noch existiert.“