Laut einer Expertin der Europäischen Frauenlobby ist die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in Bereichen, die als „ernsthaft“ gelten, wie etwa in der Außenpolitik oder der Wirtschaft, stärker ausgeprägt.
Das im Juni gewählte Europäische Parlament ist das erste in der Geschichte, in dem die Zahl der weiblichen Abgeordneten zurückgegangen ist. Welche Auswirkungen hat dies auf die Führung verschiedener Ausschüsse und wie hoch ist der derzeitige Anteil weiblicher Vertreter in diesen Ausschüssen?
Jéromine Andolfatto von der Europäischen Frauenlobby sagt, dass in vielen Ausschüssen, insbesondere in den traditionell als „seriös“ geltenden, Männer die Mehrheit stellen. Andolfatto betont, dass „die Schlüsselressorts – diejenigen, bei denen es um Geld und Macht geht, wie Außenpolitik, Haushalt und Wirtschaft – in der Regel von Männern in Ausschusspositionen geleitet werden.“
Auch die Mitgliederzahlen in diesen Ausschüssen seien sehr männerdominiert, so der Experte. So habe der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten 79 Mitglieder, von denen nur 14 Frauen seien. Ebenso habe der Haushaltsausschuss 40 Mitglieder, von denen nur 8 Frauen seien, und der Wirtschaftsausschuss habe 60 Mitglieder, darunter 16 Frauen.
Der Einfluss der extremen Rechten
Dieser Unterschied, sagt Andolfatto, habe nicht direkt mit dem Aufstieg der extremen Rechten bei diesen Wahlen zu tun. Sie betont jedoch, dass Frauen, die von rechtsextremen Parteien gewählt wurden, nicht unbedingt für Frauenrechte eintreten, was sie als „besorgniserregend“ bezeichnet.
„Rechtsextreme Parteien oder Gruppen im Europaparlament haben in manchen Fällen einen recht hohen Frauenanteil. Sie sind jedoch nicht dafür bekannt, die Rechte der Frauen zu unterstützen und stehen ihnen oft sehr feindselig gegenüber“, erklärt Andolfatto. Sie fügt hinzu, dass es in der neuen Legislaturperiode Teil ihrer Arbeit sein wird, „herauszufinden, wer uns unterstützen wird“.
Die Europäische Frauenlobby ist der Ansicht, dass die EU in den vergangenen fünf Jahren wichtige Gesetze verabschiedet hat, darunter das erste Gesetz gegen geschlechtsspezifische Gewalt. „Wir plädieren auch für ein eigenes Budget für Frauenrechte und spezifische Bedingungen für Ausschreibungen und Budgetzuweisungen“, sagt Andolfatto.
Darüber hinaus fordern sie Geschlechterparität im Kollegium der Kommissare, ein Ziel, das auch von Präsidentin Ursula von der Leyen unterstützt wird.