Deutschland könnte im nächsten Jahr mehr Schulden aufnehmen als bisher angenommen. Möglich ist das aufgrund der schwachen Konjunktur.
Der Bund darf im Rahmen der Schuldenbremse für das kommende Jahr mehr Staatskredite aufnehmen als ursprünglich gedacht. Grund dafür ist die schlecht laufende Wirtschaft, die dem Staat eine höhere Verschuldung erlaubt, etwa erwartbar höhere Staatsausgaben durch mehr Arbeitslosigkeit.
Auf Basis der aktualisierten Konjunkturprognose der Bundesregierung, die Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch präsentiert hat, ergibt sich für 2025 ein Schuldenspielraum von insgesamt 56,5 Milliarden Euro. Das sind rund 5,2 Milliarden Euro mehr als bis zuletzt angenommen. Zunächst hatte das Magazin „Spiegel“ darüber berichtet.
Ob die Regierung diesen Spielraum voll ausschöpft und welche Auswirkungen die schwache Konjunktur damit auf den Bundeshaushalt 2025 haben wird, ist derweil noch offen. Im Etatentwurf der Regierung fürs nächste Jahr klafft noch immer eine Milliarden-Lücke.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) schrieb dazu am Freitag im sozialen Netzwerk X: Die Summen aus der Konjunkturprognose zeigten, dass die Schuldenbremse flexibel sei. „Neues zum Haushalt“ seitens des Finanzministeriums gebe es „aber erst nach der Steuerschätzung“. Nach t-online-Informationen gibt es im Finanzministerium derzeit noch keine konkreten Pläne für eine höhere Nettokreditaufnahme.
Die neue Steuerschätzung soll am 24. Oktober veröffentlicht werden. In diesem Jahr schwankten die monatlichen Einnahmen von Bund und Ländern stark. In den ersten acht Monaten zusammen stand ein Plus von 2,3 Prozent zu Buche.
Bei der jüngsten Steuerschätzung Mitte Mai hatten Experten vorausgesagt, dass im Zeitraum 2024 bis 2028 Bund, Länder und Gemeinden mit insgesamt 80,7 Milliarden Euro weniger auskommen müssen als noch im Herbst 2023 erwartet. Allein auf den Bund waren dabei Mindereinnahmen von 41,6 Milliarden Euro entfallen. Seitdem hat sich die konjunkturelle Lage nicht verbessert.
Unabhängig von der Konjunkturprognose und der Steuerschätzung gibt es für Lindner aktuell noch weiteren Gesprächsbedarf in Sachen Neuverschuldung. Anlass dafür sind Vorgaben aus Brüssel: Der EU-Stabilitäts- und Wachstumspakt zwingt die Mitgliedsstaaten zum soliden Haushalten – und verlangt deshalb einen sogenannten „finanzpolitisch-strukturellen Plan“ für die absehbaren Ausgaben der nationalen Regierungen.
Was technisch klingt, kann bisweilen große Auswirkungen auf den finanziellen Spielraum der Bundesregierung haben. Je nach dem, welchen Zeitraum Ausgabenpfad umfasst – vier oder sieben Jahre –, ist der Verschuldungsrahmen für den Bund, aber auch für die Finanzminister der Länder, größer oder kleiner.
Aus dem Finanzministerium hieß es am Freitag, aus den Gesprächen habe sich diese Woche „noch technischer Abstimmungsbedarf mit der EU-Kommission“ ergeben. Aus diesem Grund wurde eine für Freitag ursprünglich anberaumte Sitzung Lindners mit seinen Länder-Kollegen kurzfristig abgesagt. Das Treffen des Gremiums („Stabilitätsrat“) soll demnach im November nachgeholt werden.