Leverkusen feiert nach dem Einzug ins Europa-League-Finale. Das höhnische Abspielen der Antifaschismus-Hymne „Bella Ciao“ hätte sich der Verein aber sparen sollen.
Nach dem Unentschieden gegen die AS Roma feierte Bayer Leverkusen zu Recht den Einzug ins Europa-League-Finale. Allerdings zeigte sich auch hier, dass es zuweilen nicht nur schlechte Verlierer, sondern manchmal auch schlechte Gewinner gibt. Das Abspielen des Liedes „Bella Ciao“ im Stadion war eine unnötige und geschmacklose Provokation.
„Bella Ciao“ ist ein italienisches Partisanenlied aus dem Zweiten Weltkrieg, das von den Mitgliedern der Resistenza, der Widerstandsbewegung gegen den Faschismus und der deutschen Besatzung in Italien, gesungen wurde. Zehntausende italienische Partisanen wurden von deutschen Wehrmachtssoldaten bei Kriegsverbrechen ermordet.
Taugt nicht zum Partylied
Und eben jenes „Bella Ciao“ thematisiert dies, das Lied endet mit den Zeilen: „Das ist die Blume des Partisanen, der für die Freiheit starb“ – im Kampf gegen deutsche Soldaten. Dass in einem deutschen Stadion ein Lied gespielt wird, das vom Leid im Widerstand gegen die deutsche Besatzung handelt, um eine italienische Mannschaft und ihre Fans zu verhöhnen, mutet im besten Fall peinlich an.
Erst recht, wenn man weiß, dass das Lied in Italien noch heute bei Gedenkveranstaltungen, die an die Massaker im Zweiten Weltkrieg erinnern, gesungen wird und eine Art inoffizielle Nationalhymne des Antifaschismus ist. Zum Partylied wie in anderen Ländern taugt es dort nicht – wegen des eindeutigen Inhalts.
4.500 Zwangsarbeiter in Leverkusen
Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt. Im vergangenen Jahr hat die Bayer AG endlich eine Stiftung gegründet, die sich dem dunkelsten Kapitel ihrer Geschichte widmet. Die Hans und Berthold Finkelstein Stiftung soll „eine Erinnerungskultur im Unternehmen schärfen und Forschungsprojekte insbesondere zum Thema Zwangsarbeit unterstützen“.
Der Bayer-Konzern, der sein Fußballteam seit jeher mit etlichen Millionen aufspritzt, gehörte in der Zeit des Nationalsozialismus zur I.G. Farben. Und im Leverkusener Werk wurden zwischen 1940 und 1944 bis zu 4.500 Zwangsarbeiter ausgebeutet, misshandelt, gequält. Darunter auch 250 Italiener. Vielleicht ist dieser Aspekt noch nicht bis zur Fußball-Abteilung von Bayer durchgedrungen.
Natürlich werden die allermeisten Fans im Stadion nicht gewusst haben, welche Bedeutung und Geschichte der Text des Liedes hat. Vermutlich auch der Stadionsprecher nicht. Mit mehr Hintergrundwissen wird das Abspielen aber zum Unding.
In Italien wurde die „Bella Ciao“-Nummer jedenfalls nicht gut aufgenommen. Die Tageszeitung „La Stampa“ schrieb von „purem Hohn“, die Sportzeitung „Corriere dello Sport“ titelte „Was für eine Provokation“.
Leverkusen Manager Simon Rolfes sagte zum Abspielen im Stadion: „Eine kleine Spitze darf es mal geben.“ Da hat er natürlich recht. Diese Spitzen sollten aber nicht so geschichtsvergessen sein wie in diesem Fall.