Mit seinem Traumtor gegen Frankreich ebnete Yamal Spanien den Weg ins EM-Finale und schoss sich in die Geschichtsbücher. Die Parallelen zu Messi sind fast schon beängstigend.
Aus München berichtet Julian Buhl
Lamine Yamal konnte gar nicht anders, sein spitzbübisches Grinsen breitete sich unweigerlich auf seinem Gesicht aus. Seine silberne Zahnspange blitzte den auf ihn gerichteten Scheinwerfern und Kameras entgegen, als der 16-Jährige gegen 0.15 Uhr als „Man of the match“ auf dem Pressepodium im Bauch der Münchner Arena Platz genommen hatte und auf sein Traumtor angesprochen wurde. Mit einem Distanzschuss aus 25 Metern in den linken Torwinkel zum zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich hatte der Youngster seinem Team gegen Frankreich den Weg zum 2:1-Erfolg und damit ins Finale der Europameisterschaft geebnet.
Es wisse nicht, ob sein Treffer das beste Tor des Turniers sei, antwortete er bescheiden. Er versuche, einfach Spaß zu haben und der Mannschaft zu helfen. Dennoch sei es für ihn „schon ein ganz besonderes Tor“, sagte er und verriet: „Meine Mutter hat immer gesagt, dass es auch ihr Traum ist, dass ich bei der EM ein Tor mache.“ In dem Moment, als der in Erfüllung ging, weinte Mama Sheila Ebana auf der Tribüne der Münchner Arena Tränen der Rührung und Freude.
Mit gerade einmal 16 Jahren und 362 Tagen kürte Yamal sich zum jüngsten Torschützen der Turnier-Geschichte. Auch bei einer WM war bisher kein Torschütze jünger gewesen: Brasiliens Ikone Pele war bei seinem ersten WM-Treffer 1958 17 Jahre und 239 Tage alt. In Spanien wähnen sie nun bereits ein ähnliches fußballerisches Ausnahmetalent in ihren Reihen.
Der Fußball-Zauber wurde Yamal quasi in die Wiege gelegt – oder besser gesagt: Wanne. Vater Mounir Nasraoui postete unlängst ein Bild, in dem Superstar Lionel Messi ein Baby in einer Wanne wäscht. Der Säugling: Lamine Yamal. „Der Beginn zweier Legenden“, schrieb Nasraoui passenderweise zu dem Foto, das 2007 im Rahmen eines geplanten Wohltätigkeitskalenders entstanden ist. Wenn das mal kein gutes Omen war. Die einzigen beiden Spieler, die fast 17 Jahre später nun bei den beiden letzten Welt- oder Europameisterschaften mehr als 15 Chancen, 15 Schüsse und 15 Dribblings hatten, sind? Klar, Messi und Yamal.
Am Sonntag greift Yamal nun mit Spanien nach dem EM-Titel und ist damit auf dem besten Weg, die verheißungsvolle Prophezeiung zu erfüllen. Mit dem insgesamt vierten EM-Triumph würde er Spanien ganz nebenbei zum europäischen Rekordchampion machen. Und auch beim nun von Hansi Flick gecoachten FC Barcelona träumen sie längst davon, endlich den würdigen Nachfolger für Lionel Messi gefunden zu haben. Yamals Ausstiegsklausel aus seinem noch bis 2026 laufenden Vertrag soll bei einer Milliarde Euro liegen.
„Es ist ein Traum, der wahr wird. Mein Ziel war es, meinen Geburtstag in Deutschland zu feiern. Das habe ich geschafft“, sagte der dribbelstarke Offensivspieler, der am Samstag 17 Jahre jung wird. Seiner Mutter habe er schon gesagt, „dass sie mir nichts schenken muss. Das Finale zu gewinnen, wäre Geschenk genug.“
Yamals Ehrentag, der passenderweise genau einen Tag vor das Endspiel fällt, wird die Diskussionen um sein Alter aber nicht verstummen lassen.
Bislang stand nämlich stets noch die Frage im Raum, ob der Teenager mit seiner „Nachtarbeit“, die er als Fußballer für die spanische Nationalelf verrichtet, nicht gegen das in Deutschland gültige Jugendschutzgesetz und die dementsprechenden Vorschriften der Behörden verstößt. (Mehr dazu lesen Sie hier.) Die darin enthaltende Ausnahmeregelung gilt nämlich eigentlich nur bis 23 Uhr.