In der Münchner Kultkneipe „Stadion an der Schleißheimer Straße“ wird die Leidenschaft für den Fußball gelebt. Ein Ort, der Rivalitäten aufheben und Freundschaften schmieden soll.
Tiefe Stimmen unterhalten sich angeregt. Sie lachen, sie johlen, sie fluchen. In der Luft liegt ein typischer Kneipen-Duft, es riecht nach Mann, Bier und Schnitzel. Blickt man sich um, fühlt man sich an ein fröhliches Wimmelbild erinnert. Zahllose bunte Fanschals und Trikots finden sich nicht nur an Besuchern und Mitarbeitenden – sondern auch an Wänden, Türen und Fenstern. Die Decke ziert ein Kunstrasenfeld. Das „Stadion an der Schleißheimer Straße“ ist eine Ode an den Fußball – und eine Heimat für jeden Fan.
2006: Die Geburtsstunde des „Stadions“
Alles begann vor 17 Jahren. Die Studentenkneipe „Vollmond“ schrieb keine schwarzen Zahlen mehr. Bald stand fest: Es würde nicht weitergehen. Holger „Holle“ Britzius, der die Bar in der Maxvorstadt damals regelmäßig zum Fußballgucken besuchte, wollte handeln. „Eine Kultkneipe darf man nicht so einfach aufgeben“, befand der Sportjournalist damals. Obwohl er kein gelernter Gastronom ist, übernahm er den Laden. Im Oktober 2006 dann der große Tag: Holle eröffnet, gemeinsam mit Vorbesitzer Reinhard Haiduk, das „Stadion an der Schleißheimer Straße“.
Das Konzept: Ein Ort zum Fußballschauen für alle, nicht nur für Anhänger einzelner Vereine. Man will alle einladen, gemeinsam eine gute Zeit haben und die Liebe zum Fußballsport vorbehaltlos teilen. Es sollte eine Erfolgsgeschichte werden. Auch 17 Jahre später ist die Kneipe an fast jedem Spieltag bis auf den letzten Platz besetzt.
Eine Heimat für alle
Im „Stadion“, wie die Kneipe abgekürzt wird, ist jeder willkommen. Hier sitzt ein Sechzig-Anhänger neben einem Bayern-Fan und ein Schalker neben einem Dortmunder.
„Ich komme schon seit sieben Jahren hierher“, erzählt der 29-jährige Calvin. „Es ist unglaublich. Selbst wenn du das ‚Stadion‘ ohne deine Freunde betrittst, bleibst du nicht lange alleine. Hier sind alle sehr aufgeschlossen, auch von anderen Vereinen. Es ist eine unfassbar positive Atmosphäre.“ Sein Freund Sebastian pflichtet ihm bei: „Das Gesamtpaket ist einfach unglaublich. Betreiber und Fans sind super freundlich.“
Wie gelingt es den beiden Inhabern (seit 2012 ist Michael Jachan Partner im „Stadion“-Zweiergespann), die Stimmung selbst bei hitzigen Partien friedlich zu halten? „Gemeinsam und nicht gegeneinander ist bei uns seit jeher die Devise“, erklärt der 48-Jährige „Holle“. Es habe in all den Jahren nicht eine einzige körperliche Auseinandersetzung im Stadion gegeben. Auch mit Ausländerfeindlichkeit und Rechtsradikalität habe man sich nur in absoluten Einzelfällen konfrontiert gesehen. „Dafür haben wir null Toleranz. Bei der kleinsten Auffälligkeit in diese Richtung muss der Gast sofort den Laden verlassen“, führt „Holle“, Vater eines Sohnes, aus. „Wir haben Prinzipien.“
Fußballlegende macht „Stadion“ unglaubliches Geschenk
An einen Abend im Jahr 2019 erinnert sich Holle besonders gern zurück. Damals fand eine Lesung von Roland Reng im „Stadion“ statt, der Autor trug eine Passage aus seiner Biografie „Miro“ vor. Und plötzlich stand „Miro“ Klose wirklich da, ein Überraschungsgast in Fleisch und Blut zwischen Bier und Wimpeln.
Klose blieb viele Stunden, trank Bierchen, machte Fotos, erzählte Anekdoten – und ließ den Betreibern im Nachhinein ein ganz besonderes Geschenk zukommen. Zwei Nationaltrikots, beide von der Salto-Legende selbst getragen. Das eine hatte Klose vom gesamten DFB-Team signieren lassen, auf das andere schrieb er eine persönliche Widmung. „Fürs Stadion, der geilsten Fußballkneipe der Welt!“