Droht in der diesjährigen Silvesternacht erneut eine Eskalation? Polizei und Feuerwehr sind zwar vorbereitet – doch womöglich nicht ausreichend.
Zum Ziel von Angriffen wurden in der Silvesternacht 2022/2023 vor allem Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr. Was also bedeutet das für den 31. Dezember in diesem Jahr? Bereiten sich die Behörden anders auf den Tag vor? Und welche Auswirkungen könnte der Konflikt zwischen Israel und den Terroristen der Hamas auf den Jahresabschluss in Deutschland haben?
„Ich teile eins zu eins die Sorgen der Ministerin“
Manuel Barth, Vizelandesvorsitzender der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft Berlin-Brandenburg, bestätigt Faesers Ansichten im Gespräch mit t-online: „Ich teile eins zu eins die Sorgen der Ministerin.“ Viel mehr besorge ihn aber, dass sie die Aussagen überhaupt getätigt habe. „Das so kurz vor Silvester – das hat schon Strahlkraft.“
Doch zugleich kritisiert der Gewerkschafter die Innenministerin: „Ich frage mich, was sie selber denn in den vergangenen elf, zwölf Monaten dazu beigetragen hat, dass es gegebenenfalls nicht zu solchen verschärften Situationen kommt.“ So seien etwa Schreckschusswaffen immer noch frei verkäuflich. Wenige Tage nach den Silvesterkrawallen 2022 hatte die SPD-Ministerin noch angekündigt, dass es künftig eine Erlaubnis für den Kauf derartiger Waffen geben müsse. Bislang wurde diese Maßnahme jedoch nicht durchgesetzt.
Mangelhafte Vorbereitung
Barth bemängelt außerdem die mangelhafte Vorbereitung der Feuerwehr-Einsatzkräfte für die kommende Silvesternacht. „Ich habe meine Kolleginnen und Kollegen befragt, die im Einsatz sein werden: 99 Prozent fühlen sich gar nicht vorbereitet.“
Laut dem Gewerkschafter fehlt es an Kommunikationswegen und Personal. Die Berliner Polizei habe in Zusammenarbeit mit der Berliner Feuerwehr durchaus ein Konzept und Handlungsempfehlungen ausgearbeitet, um Feuerwehrleute bei den Einsätzen an Silvester besser zu schützen. „Das ist auch sehr gut. Aber das ist natürlich auch alles neu und hat seine Grenzen“, sagt Barth.
Zudem sei die Kommunikation sehr kurzfristig erfolgt. „Die Vorstellung der Maßnahmen für die Kolleginnen und Kollegen im Neujahrsdienst war vergangene Woche – nur 16 Tage vor Silvester“, kritisiert der Gewerkschafter. Es sei sinnvoll und nötig, dass die Polizei die Feuerwehrleute verstärkt bei ihren Einsätzen begleite, gerade in Bereichen, in denen ein höheres Gefahrenpotenzial herrscht. Aber solche Gefahrensituationen müssten auch geübt werden.
„Die Kolleginnen und Kollegen überlegen in dem Moment nicht, wo sie am besten parken oder welche Route sie am besten fahren. So was sitzt nur, vor allem in Stresssituationen, wenn man das vorher mal durchgespielt hat. Das muss in Fleisch und Blut übergehen“, sagt Barth. Er befürchtet, dass nicht alle Einsatzkräfte dieses Wissen in Gefahrensituationen abrufen könnten, weil sie zu wenig geübt hätten.
„Die Angst vor der Eskalation ist riesengroß“
Für Probeeinsätze fehle jedoch die Zeit und das Personal. Barths Kritik: „Die hohe Stabsebene vergisst, an wen die Botschaft letzten Endes gehen muss – an die Frauen und Männer, die für die Feuerwehr im Einsatz sind.“ Der Gewerkschafter fürchtet zugleich, ebenso wie Innenministerin Faeser, eine größere Eskalation als im vergangenen Jahr. „Die Angst vor der Eskalation ist riesengroß.“ Die Demoszenen der vergangenen Wochen in Berlin verstärkten diese Besorgnis.
Dennoch setzt Barth darauf, dass aus der Silvesternacht 2022 Lehren gezogen wurden: „Polizei und Feuerwehr haben den direkten Draht. In einer Notsituation können die Feuerwehrleute Beamte zur Hilfe holen. Das ist ein Vorteil.“ Zudem hätten die Einsatzkräfte mithilfe eines Tablets mit Lagebild die Möglichkeit, bedrohliche Ecken bestenfalls zu meiden. Die Nachsorgeteams seien verstärkt worden, um die Feuerwehrleute nach dem Einsatz gegebenenfalls zu betreuen, etwa wenn es zu Angriffen gekommen ist.
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Quelle: t-online