Schadet der Skandal um Maximilian Krah der AfD? Gut möglich. Allerdings nicht, weil die Vorwürfe ihren Patriotismus infrage stellen.
Manchmal hilft ein Blick zurück, um besser zu verstehen, was los ist und was noch kommen könnte. So ist es auch mit Maximilian Krah und seinem China-Gate. Die Sache könnte der AfD diesmal tatsächlich gefährlich werden. Allerdings nicht, weil Krah offensichtlich eine Vorliebe für Diktaturen hat. Sondern weil für die AfD nun einiges zusammenkommt.
Man muss im vergangenen Sommer beginnen. Die AfD stellt damals in Magdeburg ihre Europaliste auf. Es läuft prächtig für die AfD, in den Umfragen steht sie bei über 20 Prozent. Bei der Europawahl will sie ihren Siegeszug beginnen, kurz vor den wichtigen Wahlen in Ostdeutschland im Herbst und später der Bundestagswahl 2025.
Maximilian Krah will Spitzenkandidat werden. Doch einige in der AfD halten das für überhaupt keine gute Idee, sogar für gefährlich. Sie haben Angst, dass Krah ihnen alles versaut mit seinen Skandalen und Skandälchen. Er ist schon damals von seiner rechtsextremen Fraktion im Europaparlament wegen Betrugsvorwürfen suspendiert. Es ist für ihn die zweite Suspendierung dort. „Lächerlich“ und „unmöglich“ mache sich die Partei mit Krah, so sagen es Mitglieder noch auf dem Wahlparteitag.
Die AfD kannte ihren berüchtigten „Schampus-Maxe“ also – und machte ihn trotzdem zum Spitzenkandidaten. Besorgt war sie, das schon. Aber nicht, weil Krah offensichtlich viel übrig hat für China und Russland. Sondern weil er Unruhe und Ungemach bedeutete.
Gewöhnliche Kategorien versagen bei der AfD
Und damit kommen wir zurück in die Gegenwart. Die Ereignisse in Kürze: Maximilian Krahs inzwischen ehemaliger Assistent Jian G. ist in Haft, ihm wird Spionage für China vorgeworfen. Gegen den Spitzenkandidaten Krah selbst laufen Vorermittlungen wegen möglicher Zahlungen aus China und Russland.
Nach allen gewöhnlichen politischen Kategorien ist das ein mächtiger Skandal. Nur geht es eben um die AfD, bei der gewöhnliche Kategorien regelmäßig versagen. Und die ihre Skandale meist routiniert wegatmet und dann weiter Marathon läuft.
Die AfD entlarve sich als „Alternative für Despoten“, heißt es in Politik und Leitartikeln nun oft. Die schöne Patriotismus-Fassade stürze endgültig zusammen, was doch nun wirklich, wirklich endlich mal zur Entzauberung der selbst ernannten Partei der Patrioten führen müsse. So ungefähr lässt sich die Hoffnung dieser Tage zusammenfassen.
Kleines Problem: Die Bewunderung für Despoten gehört zum Kern der AfD. Wladimir Putin und Xi Jinping genießen dort ihren guten Ruf nicht, obwohl sie autoritäre und reaktionäre Politik machen, sondern gerade deswegen. Gute Verbindungen nach China und Russland zu haben, entzaubert die AfD nicht – sie sind Teil ihres Zaubers. Jedenfalls für ihre Klientel. Und wer China und Russland generell nicht für problematisch hält, der hat wenig Grund, Beziehungen dorthin als Problem für den eigenen Patriotismus zu sehen.
Gut eingeübtes Theater
Die AfD führt deshalb nun ihr gut eingeübtes Theaterstück auf: Um die Empörungswelle in der breiten Öffentlichkeit zu brechen, gibt man sich völlig überrascht (obwohl vieles seit Oktober durch eine t-online-Recherche bekannt war), verspricht Aufklärung und weist vorsorglich jede Verantwortung von sich. Der eigenen Klientel signalisiert man zugleich, dass alles gar nicht so schlimm oder eine Verschwörung sei. Von einer „Kampagne“ spricht Krah inzwischen, nachdem er zunächst überrascht und empört getan hatte.
Das ist argumentativ arm an Konsistenz und reich an Widersprüchen, aber es funktioniert für große Teile der Wählerschaft zuverlässig. Wer sich sein Weltbild aus Telegram-Gruppen und „alternativen Medien“ zusammenbastelt, der braucht größere Irritationen, um vom Glauben abzufallen.
Es gibt aber drei Gründe, weshalb das Ganze die AfD diesmal nachhaltiger irritieren könnte.