Frankfurt Es ist ein altes chinesisches Sprichwort, das der große Vorsitzende der Kommunistischen Partei Mao oft verwendet haben soll: „Ein Huhn töten, um die Affen zu erschrecken“. Dieses Strategem passt ganz intestine zu dem, was die kommunistische Regierung der Volksrepublik gerade am Immobilienmarkt vorexerziert.
Auf der einen Seite geht es darum, ein Exempel zu statuieren und klarzumachen, dass es mit den exzessiven Schulden und der wilden Spekulation im überhitzten Immobiliensektor endgültig vorbei ist. Zum anderen darf der Schreck nicht so groß ausfallen, dass gleich die Finanzstabilität in Gefahr gerät.
Im Zentrum dieses Dramas steht der in Finanznot geratene Immobilienkonzern Evergrande. Inzwischen ist klar, dass das mit 300 Milliarden Greenback verschuldete Unternehmen um einen Zahlungsausfall kaum herumkommen wird. Zumindest die internationalen Gläubiger müssen sich auf einen schmerzhaften Schuldenschnitt einstellen – und das sorgt für jede Menge Unruhe an den Märkten.
Die chinesische Regierung fährt eine fein nuancierte Strategie, um diese Sorgen zu beschwichtigen. Auf der einen Seite verweigert sie Evergrande eine staatliche Rettung. Gleichzeitig signalisiert Peking aber den festen Willen, die Folgen der Krise so eng zu begrenzen wie möglich. Quasi alle relevanten Behörden, von der Notenbank bis hin zur Finanzaufsicht, haben zuletzt betont, dass Evergrande ein Einzelfall ist, für dessen Notlage vor allem die Unfähigkeit des Managements verantwortlich ist.
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US-Notenbank warnt vor globaler Ansteckungsgefahr
Im ganz Kleinen signalisiert die Regierung ihre Hilfsbereitschaft mit dem Eingreifen der regionalen Behörden direkt bei Evergrande. Im ganz Großen mit einer deutlichen Erleichterung der Finanzierungsbedingungen im gesamten Bankensektor.
Bisher scheint die Strategie aufzugehen. Noch differenzieren die Investoren: Kleinere, schwächere chinesische Immobilienkonzerne bekommen zwar immer mehr Probleme bei der internationalen Refinanzierung, die Schwergewichte der Branche halten sich dagegen bislang sehr wacker.
Aber das muss nicht so bleiben. Die US-Notenbank hat bereits vor einer globalen Ansteckungsgefahr gewarnt, wenn sich die Probleme am chinesischen Immobilienmarkt ausbreiten. Aber auch die heimischen Risiken sind für die Regierung in Peking nicht zu vernachlässigen.
Immobilien sind für ein Viertel der jährlichen Wirtschaftsleistung verantwortlich und für drei Viertel des Vermögens der privaten Haushalte. Eine ausgewachsene Krise in diesem Markt würde nicht nur die Konjunktur ernsthaft belasten, sie könnte auch zur Bedrohung für den sozialen Frieden und damit zum größten anzunehmenden Stabilitätsrisiko für die Kommunistische Partei werden.
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