Opfer von sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirchen können Anträge auf Entschädigung stellen. 2023 haben sich die Regeln geändert und ein Urteil hat die Maßstäbe verschoben.
Eine neu eingeführte Widerspruchslösung und ein Urteil des Landgerichts Köln haben der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) der Deutschen Bischofskonferenz einen deutlichen Zuwachs bei den Verfahren gebracht.
Im vergangenen Jahr gab es 1289 neue Eingänge, wie die Vorsitzende der Kommission, Margarete Reske, bei der Vorstellung des Tätigkeitsberichtes in Bonn berichtete. Nur im ersten Jahr 2021 gab es mit 1578 mehr eingereichte Vorgänge, darunter neue Anträge auf Entschädigungszahlungen oder Widersprüche von Betroffenen sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche. 2022 lag die Zahl mit 626 deutlich darunter.
Viele Widersprüche
Seit dem 1. März 2023 können Betroffene gegen bereits entschiedene Fälle ohne Begründung Widerspruch einlegen. Und im Zusammenhang mit einem Urteil aus Köln, bei dem das Landgericht einem Betroffenen aus dem Erzbistum Köln erstmals 300.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen hatte, würden davon viele Betroffene auch Gebrauch machen, sagte die ehemalige Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht, Reske.
Mehrere Gerichte hatten in den vergangenen Jahren mit Entscheidungen zu höheren Schmerzensgeldzahlungen neue Maßstäbe gesetzt. Reske verwies aber auch darauf, dass die UKA bereits im Februar 2021 erstmals über 100.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen habe. Bei Entscheidungen über 50.000 Euro müssen die Gremien in den betroffenen Bistümern der Auszahlung als Anerkennung des Leids noch zustimmen.
Zugebilligte Gesamtsumme an Schmerzensgeld seit 2021 gestiegen
„Wir müssen uns bewusstmachen: Die UAK ist ein lernendes System. Wir schauen auf die Entwicklung in der Rechtsprechung und setzen diese dann um. Das führt zur Gleichbehandlung aller Betroffenen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der UKA und ehemalige Vorsitzende Richter am Bundessozialgericht, Ernst Hauck.
Nur die deutlich angestiegenen Durchschnittswerte als Bewertung zu nehmen, führe zu Verzerrungen, so Hauck. Bundesweit gab es im vergangenen Jahr vier Fälle mit vergleichbar hohen Summen wie bei dem Kölner Urteil. So ist die zugebilligte Gesamtsumme an Schmerzensgeld seit 2021 von ursprünglich 50,9 Millionen Euro durch die geänderte Bewertung auf 56,9 Millionen Euro gestiegen.
„Nicht jeder, der Widerspruch eingelegt hat, bekommt auch mehr“, sagte die Vorsitzende. Eine pauschale Erhöhung sei deshalb nicht sinnvoll. „Wir reden ja hier über Individualentscheidungen“, sagte ihr Stellvertreter bei der Vorstellung. 2023 hat die Kommission in 47 Sitzungen 762 Einzelentscheidungen über die Anerkennung von insgesamt 16,1 Millionen Euro beschlossen.