Berlin Der frühere Juso-Chef und SPD-Vize Kevin Kühnert wird Generalsekretär der SPD. Ein hybrider Parteitag gab dem 32-Jährigen am Samstag in Berlin 77,78 Prozent der Stimmen. Der frisch gewählte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat zu einer klaren Aufgabenteilung zwischen Regierung und SPD als Partei ausgerufen.
„Fraktion und Regierung sind für uns als SPD unsere Hände, die mit Geschick und Können die Wirklichkeit formen und verändern können“, sagte er in Berlin. „Die Partei ist Kopf und Herz der sozialdemokratischen Bewegung.“
Er selbst wolle als Generalsekretär der SPD „Hüter und Träger ihrer Programmatik und Kommunikator gegenüber einer demokratischen Öffentlichkeit sein“. Kühnert betonte: „Wir brauchen hier kein ritualisiertes Heckmeck zwischen der Foundation-SPD und der Regierungs-SPD, um uns zu erinnern, dass unsere Partei noch am Leben ist.“
Er rief allerdings dazu auf, einige Punkte im Programm nochmal nachzuschärfen, etwa den Zusammenhang von Zuwanderung und Fachkräftemangel oder was genau die SPD unter einer Bürgerversicherung verstehe.
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Lars Klingbeil und Saskia Esken sind zuvor zur neuen SPD-Doppelspitze gewählt worden. Die Delegierten wählten den bisherigen Generalsekretär Klingbeil (43) mit 86,3 Prozent der Stimmen. Die 60-jährige Parteichefin Saskia Esken wurde mit 76,7 Prozent im Amt bestätigt.
NRW-SPD-Chef Kutschaty wird Teil der SPD-Führung
Bei der Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden hat die Saar-SPD-Chefin Anke Rehlinger auf dem SPD-Parteitag in Berlin das beste Ergebnis erzielt. Rehlinger wurde am Samstag mit 90,7 Prozent der Delegiertenstimmen als Parteivize bestätigt. 2019 hatte Rehlinger 74,8 Prozent erhalten. Arbeitsminister Hubertus Heil wurde mit 88,6 Prozent bestätigt (2019: 70 Prozent), Serpil Midyatli mit 85,7 Prozent (2019: 79,8 Prozent) und Klara Geywitz mit 81 Prozent (2019: 76,8).
Der nordrhein-westfälische SPD-Chef Thomas Kutschaty, der neu in die SPD-Führung aufrückt, erhielt 84,7 Prozent. Zuvor waren Saskia Esken und Lars Klingbeil zum neuen Spitzenduo gewählt worden. Die Entscheidungen müssen noch per Briefwahl bestätigt werden.
Bei ihrer ersten Wahl zur SPD-Chefin vor zwei Jahren hatte Saskia Esken 75,9 Prozent erhalten. Norbert Walter-Borjans hatte damals als Co-Parteichef 89,2 Prozent erzielt. Vor seiner Wahl sagte Klingbeil vor den rund 600 Delegierten: „Wir haben diese Land nach 16 Jahren entfesselt, und zwar von dem Muff der Konservativen.“
Er erinnerte an das zurückliegende und lange Umfragetief der SPD. „Wir wurden abgeschrieben, wir wurden bemitleidet“, sagte er. „Aber wir haben nie aufgegeben, nie, zu keinem Zeitpunkt.“ Der Sieg bei der Bundestagswahl sei eine große Likelihood, ein „sozialdemokratisches Jahrzehnt“ zu gestalten.
Esken sagte: „Wir werden dieses Land verändern, wir werden es stärken, und wir werden es gerechter machen.“ Sie wolle helfen, dass die SPD „die linke Volkspartei“ sei, die das Land so dringend brauche. Die Sozialdemokratie müsse Thinktank für Zukunftsfragen werden. Zugleich zeigte sich Esken kämpferisch und zuversichtlich für die im kommenden Jahr anstehenden vier Landtagswahlen.
Walter-Borjans zieht sich zurück
Der Wechsel in der Parteispitze wurde nötig, weil sich Walter-Borjans zurückzieht. Walter-Borjans und Esken waren 2019 nach aufwendiger Kandidatensuche an die SPD-Spitze gewählt worden, nachdem die damalige Parteichefin Andrea Nahles zurückgetreten conflict. Nun sagte Walter-Borjans: „Die SPD, liebe Genossinnen und Genossen, ist wieder da.“
Den mit Kühnerts Wechsel zum Generalsekretär frei werdenden Posten des SPD-Vize soll der nordrhein-westfälische SPD-Landesvorsitzende Thomas Kutschaty übernehmen. Als weitere Parteivize nominiert sind die bisherigen Amtsinhaber, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, die neue Bundesbauministerin Klara Geywitz sowie Anke Rehlinger und Serpil Midyatli.
Der SPD-Parteitag conflict wegen der anhaltenden Corona-Pandemie von ursprünglich geplanten drei Tagen auf einen Tag verkürzt worden. Erst vor einer Woche hatten die Sozialdemokraten bei einem hybriden Parteitag dem Koalitionsvertrag zugestimmt.
Neben den Personalien wollte sich die SPD auch inhaltlich auf ihre Rolle als neue Kanzlerpartei vorbereiten. Dabei legen die Sozialdemokraten Wert auf ein eigenes inhaltliches Profil.
Kühnert machte klar, dass die SPD auch Ziele weiterverfolgen wolle, die es nicht in den Koalitionsvertrag schafften. Dazu gehörten ein Rentensystem für alle Erwerbstätigen, eine Bürgerversicherung und eine „adäquate Besteuerung“ von riesigen Vermögenswerten, sagte Kühnert der „taz“ (Wochenende). „Das ist ja keine Folklore für Wahlkämpfe.“
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