Es tritt bei jungen Menschen immer öfter auf: Klimatrauer. Die Ängste vor der Klimakrise werden noch zunehmen, sagen Experten.
Wie damit umgehen, dass die Erde kaputtgeht? Das fragen sich weltweit immer mehr Psychologen und Therapeuten. Der Grund: Klimatrauer. „Ich habe in diesem Sommer wieder einmal einen alarmierenden Anstieg der Gefühle von Wut und Verzweiflung über das Klima erlebt“, schreibt die Psychologin Carly Dober in der britischen Zeitung „The Guardian“. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene seien betroffen.
Sie hätten rationale Ängste und Befürchtungen, so Dober weiter. Diese seien jedoch nicht auf ein persönliches Trauma oder einen vorübergehenden Rückschlag zurückzuführen. Es gehe um „eine existenzielle Bedrohung, die jeden Tag größer wird“. Die emotionalen Schäden führen zu schlaflosen Nächten, rasenden Gedanken und der Unfähigkeit, sich zu konzentrieren, sagt sie.
Alarmierende Umfrage aus Australien
Dobers Erfahrungen bestätigt eine Umfrage aus Australien. 19.000 Menschen im Alter von 15 bis 19 Jahren wurden vom Orygen Institute im australischen Melbourne befragt. Diese ist auf die mentale Gesundheit von jungen Menschen spezialisiert. Das Ergebnis: 38 Prozent der Befragten sagten, dass sie eine hohe psychische Belastung spüren. Mehr als ein Viertel sei wegen der Klimakrise sehr oder extrem besorgt.
Klimatrauer sei „ein aufkommendes und bedeutendes Problem“, das noch zunehmen werde, sagt Dr. Caroline Gao, Epidemiologin und Co-Autorin des Berichts. Im Gegensatz zu Dober seien laut der Umfrage durchaus auch existierende Traumata ein Faktor. Diese erhöhen Ängste und Bedenken bei der Klimakrise.
Laut Dr. Catriona Davis-McCabe, Präsidentin der australischen Psychologiegesellschaft, hätten die jungen Menschen Angst, dass sie keine Welt mehr haben werden, in der sie leben können: „Sie sind verzweifelt. Während früher nur eine kleine Gruppe von Patienten über Klimatrauer besorgt war, ist sie heute eines der häufigsten Themen, die Psychologen mit jungen Menschen besprechen.“
Klimatrauer in in Deutschland ein Thema
Auch in Deutschland ist Klimatrauer keine Seltenheit. Bereits 2019 hatten 42 Prozent laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa ihre Furcht vor der Klimakrise bekundet, berichtete die Katholische Nachrichten-Agentur. Mehr als vor Terrorismus und Rechtsextremismus. Unter Jugendlichen hatten nach Angaben einer Umfrage der Krankenkasse Barmer nur 15 Prozent keine Angst vor den Veränderungen.
Doch es gibt Lösungen, sagt Dober. Mithilfe von bestimmten Strategien gelte es, die Ängste zu bewältigen. Die Betroffenen müssten ihre „Verbindung zur Natur“ fördern und die Trauer in nachhaltige, sich sinnvoll anfühlende Handlungen lenken, schlägt Dober vor. Es helfe in die Natur wandern zu gehen, zu schwimmen, Wildtiere zu beobachten, aber auch Naturschutzaktionen, wie das Säubern von Gewässern und Baumpflanztage. Sinnvoll sei es auch, in den sozialen Medien vermehrt gute Nachrichten zu lesen und nach Klimaschutzmaßnahmen auf der ganzen Welt zu suchen.
Trotzdem sei es für Dober keine einfache Aufgabe: „Es wird immer schwieriger, Trost zu spenden, wenn man mit einer sich verschlimmernden Krise konfrontiert wird.“