US-Forscher untersuchen die Fähigkeiten von KI-Modellen wie ChatGPT in der Finanzanalyse. Die Ergebnisse könnten bestehende Methoden infrage stellen.
Finanzanalysten sind erfolgreich, wenn ihre Prognosen zu besseren Anlageentscheidungen führen. Dabei gilt grundsätzlich: Je mehr Informationen zur Verfügung stehen und je besser sie miteinander verknüpft werden können, desto höher ist die Qualität der Ergebnisse. Kann also Künstliche Intelligenz (KI) bessere Finanzanalysen liefern als der Mensch? Dieser Frage sind US-Forscher nachgegangen. Das Ergebnis überrascht.
Kann Künstliche Intelligenz die Branche revolutionieren?
Forscherinnen und Forscher der University of Chicago haben in einer Studie über KI und Finanzanalyse festgestellt, dass große KI-Sprachmodelle wie ChatGPT Finanzanalysen mit einer Genauigkeit durchführen können, die mit der von professionellen Analysten vergleichbar ist oder diese sogar übertrifft.
Die Studie mit dem Titel „Financial Statement Analysis with Large Language Models“ (Finanzanalyse mit KI-Sprachmodellen) könnte erhebliche Auswirkungen auf die Zukunft der Finanzanalyse haben. KI-Sprachmodelle wie ChatGPT haben das Potenzial, die Finanzindustrie und die Art, wie Menschen Geld anlegen, zu revolutionieren.
KI-Sprachmodelle mit besseren Ertragsprognosen
Die Autoren der Studie sammelten und anonymisierten Jahresabschüsse von 15.401 Unternehmen aus den Jahren 1968 bis 2021 und beauftragten ChatGPT, die Finanzberichte zu analysieren. Sie wollten wissen, ob ein KI-Sprachmodell in der Lage ist, eine Finanzanalyse ähnlich wie ein professioneller menschlicher Analyst durchzuführen.
In der ersten Aufforderung wiesen sie das Sprachmodell an, anhand der Bilanzen zu bestimmen, ob die Gewinne der Unternehmen im folgenden Jahr steigen oder sinken werden. In der zweiten Aufforderung zerlegten sie die Analyse in Einzelschritte, so wie es menschliche Analysten tun würden, und baten das KI-Modell, die Finanzberichte zu analysieren. Daraufhin sagte es künftige Ertragszahlen voraus.
Die Autoren verglichen die Prognosen von ChatGPT mit denen, die von menschlichen Analysten im Monat nach der Veröffentlichung der Jahresabschlüsse abgegeben wurden. Das Ergebnis: ChatGPT übertraf die Vorhersageleistung von Finanzanalysten bei der Prognose von Ertragsveränderungen der Unternehmen.
Zentrale Rolle bei Entscheidungsprozessen
Die Vorhersageleistung des Sprachmodells beruhte nicht auf gespeichertem Wissen aus dem Training, sondern es generierte nützliche narrative Erkenntnisse über die zukünftigen Unternehmensleistungen. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass KI-Sprachmodelle eine zentrale Rolle bei Entscheidungsprozessen einnehmen könnten.
„Selbst ohne branchenspezifische Informationen übertrifft das KI-Sprachmodell Finanzanalysten in seiner Fähigkeit, Gewinnveränderungen vorherzusagen“, heißt es in der Studie. Das Sprachmodell zeige einen relativen Vorteil gegenüber menschlichen Analysten in Situationen, in denen Analysten Schwierigkeiten haben.
Sind Finanzexperten bald überflüssig?
Dass Finanzanalysten durch die von KI-Sprachmodellen genierten Prognosen ersetzt werden können, ist derzeit unwahrscheinlich. Allerdings könnten solche KI-Systeme die Art und Weise, wie Finanzanalysten arbeiten, erheblich verändern.
Wie die Studie zeigt, sind KI-Modelle wie ChatGPT-4 in der Lage, bestimmte Aufgaben in der Finanzanalyse präziser und effizienter zu erledigen, insbesondere in der Verarbeitung großer Datenmengen und der Erkennung komplexer Muster. Jedoch haben KI-Systeme auch Grenzen und können menschliche Expertise und Urteilsvermögen nicht vollständig ersetzen.
Fähigkeiten wie kritisches Denken, Kommunikation und Entscheidungsfindung werden an Bedeutung gewinnen, während manuelle Datenverarbeitung und Routineaufgaben zunehmend von KI übernommen werden könnten.