Düsseldorf Nach einem starken Quartal hat Siemens die Prognosen für das laufende Geschäftsjahr erneut erhöht. „Siemens setzt seine hervorragende Leistung fort und erzielte mehrere Rekorde“, sagte Vorstandschef Roland Busch am Mittwochmorgen. So erreichte der Auftragsbestand einen neuen Bestwert, die Kernsparten Digital Industries und Smart Infrastructure verdienten von Januar bis März soviel wie in noch keinem anderen Quartal.
Der Umsatz des Dax-Konzerns legte im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres um vergleichbar 15 Prozent auf 19,4 Milliarden Euro zu. Das operative Ergebnis verbesserte sich um 47 Prozent auf gut 2,6 Milliarden Euro. Der hohe Zuwachs lag auch daran, dass im Vorjahreszeitraum die Russlandsanktionen das Ergebnis der Zugsparte gedrückt hatten.
Analysten hatten im Schnitt mit einem Umsatzanstieg um acht Prozent auf 18,6 Milliarden Euro gerechnet. Für das operative Ergebnis lagen die Schätzungen bei 2,7 Milliarden Euro. Der Gewinn nach Steuern legte – vor allem aufgrund der Kurserholung bei der Beteiligung Siemens Energy – von 1,2 auf knapp 3,6 Milliarden Euro zu.
Siemens-Chef Busch will die Digitalumsätze auf längere Sicht verdoppeln
Vor allem die Software- und Digitalgeschäfte wuchsen deutlich. In der ersten Hälfte des Geschäftsjahres legten sie von 3,0 auf 3,4 Milliarden Euro zu – obwohl der Konzern derzeit auf ein „Software-as-a-Service“-Mietmodell umstellt, was die Umsätze erst einmal drückt.
Damit kommt Siemens beim Umbau in Richtung Digitalkonzern weiter voran. Busch hatte im Gespräch mit dem Handelsblatt angekündigt, den Anteil der Software- und Digitalgeschäfte am Gesamtumsatz auf längere Sicht auf 20 Prozent verdoppeln zu wollen.
Siemens habe aktuell die richtige Aufstellung, sagte Harald Smolak, Partner der Management-Beratung Atreus, der früher selbst Siemens-Manager war. „Die Kombination aus dem traditionellen Produktgeschäft und dem neuen Plattformlösungsgeschäft bietet attraktive Möglichkeiten am Markt.“
Allerdings gebe es viel Wettbewerb. Siemens müsse bei Themen wie Künstlicher Intelligenz vorn mit dabei sein und die Innovationspipeline ständig neu befüllen. „Nur so kann es klappen, sich gegenüber den Wettbewerbern aus den USA dauerhaft zu behaupten und dort Marktanteile zu gewinnen.“
Kursanstieg von Siemens Energy sorgt für Buchgewinne
Ursprünglich hatte Siemens für das Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum von sechs bis neun Prozent prognostiziert, die Spanne dann aber im Februar um einen Prozentpunkt angehoben. Nach der zweiten Prognoseerhöhung erwartet Busch nun ein Umsatzzuwachs von neun bis elf Prozent im Gesamtjahr.
Für den Gewinn je Aktie vor Sondereffekten liegt die Prognose nun bei 9,60 bis 9,90 Euro. Anfangs waren es 8,70 bis 9,20 Euro gewesen, nach der ersten Anhebung 8,90 bis 9,40 Euro aus. Einschließlich Sondereffekt sollen es 11,61 bis 11,91 Euro werden.
Siemens hatte nach einem Kursabsturz von Siemens Energy eine hohe Abschreibung auf die 30-Prozent-Beteiligung vorgenommen. Nach einem Anstieg des Kurses konnte Siemens nun wieder zuschreiben. Dies brachte nun einen steuerfreien Gewinn von 2,6 Milliarden Euro.
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Die Geschäfte liefen in den vergangenen Monaten in der Breite sehr solide. Allerdings hatte die erfolgsverwöhnte Medizintechnik mit Problemen zu kämpfen. Der Ausstieg aus dem Geschäft mit robotergestützten Systemen zur Behandlung von Herzproblemen führte zu hohen Abschreibungen, zudem machte sich die drastisch gesunkene Nachfrage nach Coronatests bemerkbar. Unter dem Strich brach der Gewinn der Siemens Healthineers um 81 Prozent auf 108 Millionen Euro ein.
Auch Konkurrent Rockwell hatte stark zugelegt
Die Vorzeigesparte Digital Industries konnte den Umsatz um 23 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro steigern. Der Auftragseingang sank um zehn Prozent, weil sich die Branche zyklisch etwas abkühlte. Das operative Ergebnis legte um 57 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro zu, was einer Marge von 23,5 Prozent entsprach.
Zum Vergleich: Der große US-Konkurrent Rockwell Automation steigerte die Umsätze im abgelaufenen Quartal um vergleichbar 27 Prozent auf 2,3 Milliarden Dollar. Der operative Gewinn stieg sogar um 70 Prozent auf 484 Millionen Dollar, was einer Marge von 21,3 Prozent entsprach.
Auch der europäische Siemens-Konkurrent ABB war gut ins neue Jahr gestartet. Die Umsätze stiegen im ersten Quartal um Vergleichbar 22 Prozent auf 7,9 Milliarden Dollar. Das operative Ergebnis (Ebita) verbesserten die Schweizer um ein Drittel auf 1,3 Milliarden Euro. Dies bedeutete eine Umsatzrendite von 16,3 Prozent. „Die Kundenaktivitäten im ersten Quartal waren lebhaft“, sagte Konzernchef Björn Rosengren – und hob die Prognosen für das Gesamtjahr an.
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