Der Vorstandsvorsitzende von Adidas kündigte auf der Hauptversammlung an, die noch lagernden Yeezy-Produkte verkaufen zu wollen.
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München Im Skandal um den US-Rapper Kanye West wird Sportartikelhersteller Adidas die noch im Lager befindlichen „Yeezy“-Schuhe aus der gemeinsamen Kollektion wohl verkaufen. „Mehrere Millionen Paar Schuhe zu verbrennen, kann nicht die Lösung sein“, sagte CEO Björn Gulden am Donnerstag auf der Hauptversammlung. Er gab an, den Erlös teilweise spenden zu wollen. Man sei dazu in Gesprächen mit verschiedenen Organisationen.
Adidas hatte nach antisemitischen Äußerungen Wests und weiteren Vorfällen im vergangenen Jahr die Zusammenarbeit mit dem Künstler beendet. Seitdem liegt Yeezy-Ware mit einem Verkaufswert von mehr als einer Milliarde Euro in den Lagern.
Ende vergangenen Jahres waren neue Vorwürfe bekannt geworden. In einer Mail an den Vorstand schrieben ehemalige Mitarbeiter unter anderem, der Rapper habe bei Meetings Pornos gezeigt und sich antisemitisch geäußert. Es gab den Vorwurf, Adidas-Manager hätten von den Verfehlungen gewusst, aber lange nicht eingegriffen.
Adidas-Manager wussten offenbar nicht früher von Vorwürfen gegen Kanye West
Adidas leitete daraufhin eine interne Untersuchung ein. Es habe Interviews mit mehr als zwei Dutzend aktiven und ehemaligen Mitarbeitern gegeben, sagte Aufsichtsratschef Thomas Rabe bei dem Aktionärstreffen. Dabei hätten die Vorwürfe sich aber „nicht substantiiert“.
Dass die Trennung von West richtig war, ist in Vorstand und Aufsichtsrat wegen dessen öffentlicher Äußerungen unstrittig. Nun muss die Unternehmensführung aber entscheiden, was mit der verbliebenen Ware passiert. „Wann und wie“ man die Schuhe verkaufe, sei noch nicht entschieden, sagte Gulden. Klar sei: „Es gibt eine Nachfrage für die Schuhe.“ Vielleicht werde man sie in kleinen Mengen nach und nach in den Markt geben. Nach Informationen aus Unternehmenskreisen sollen die Schuhe nach bisherigen Erwägungen nicht umgelabelt werden, die Marke „Yeezy“ bliebe also bestehen.
Der frühere Adidas-Chef musste nach Umsatzeinbrüchen gehen.
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Einen derart komplexen Vorgang habe er in seiner Karriere noch nicht zu bearbeiten gehabt, sagte Gulden. West habe viele Menschen verletzt, zum Beispiel in der jüdischen Gemeinschaft.
Investoren kritisierten den Umgang des Adidas-Konzerns mit dem Skandal scharf. „Nur mit schonungsloser und transparenter Aufklärung kann Adidas der dringend nötige Neuanfang gelingen“, sagte Fondsmanager Janne Werning von Union Investment.
Adidas hatte im vergangenen Jahr wegen der Trennung von West und Umsatzeinbrüchen in China alle Ziele verfehlt. Vorstandschef Kasper Rorsted musste gehen – und erhielt eine Abfindung von zwölf Millionen Euro sowie weitere Zahlungen für eine anderthalbjährige Wettbewerbsklausel.
Die Trennung von West war bei dem Aktionärstreffen das dominierende Thema. In guten Zeiten hatte die „Yeezy”-Kollektion Adidas weit mehr als eine Milliarde Euro Umsatz im Jahr beschert. West, der sich inzwischen Ye nennt, sei „vielleicht der kreativste Mensch, der in unserer Industrie gearbeitet hat“, sagte Gulden.
Die Produkte aus der Kooperation mit US-Rapper Kanye West nahm Adidas im Oktober aus dem Programm. Nun sollen die lagernden Produkte abverkauft werden.
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US-Investoren haben Klage eingereicht
Adidas muss sich im laufenden Jahr auf Umsatzrückgänge einstellen, weil die „Yeezy“-Umsätze fehlen. Zudem haben auch Investoren in den USA Klage gegen Adidas eingereicht. Der Konzern habe schon seit Jahren von problematischen Verhaltensweisen des Rappers gewusst, die Kooperation aber erst im vergangenen Oktober beendet – und dabei keine ausreichenden Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um finanzielle Verluste in Grenzen zu halten, so der Vorwurf. Aufsichtsratschef Rabe sagte, man werde gegen die Vorwürfe rigoros vorgehen.
Auch die Bilanz des vergangenen Jahres sorgte für viel Kritik. „Die Investoren stehen vor einem Trümmerhaufen, der sich nicht so schnell aufräumen lässt“, sagte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka. Der Aufsichtsrat trage eine große Mitverantwortung: „Das Gremium hat viel zu spät gehandelt.“
Die verärgerten Aktionäre Union Investment und Deka verweigerten dem Aufsichtsrat und der alten Konzernführung dann auch die Entlastung. Den neuen CEO Gulden dagegen unterstützten sie. „Wir begrüßen die Verpflichtung von Björn Gulden“, sagte Speich. Er müsse „Adidas nun zügig zu profitablen Wachstum zurückbringen, die drei Streifen wieder aufpolieren und die Marke bei den Kunden ins rechte Licht rücken“.
Im vergangenen Jahr stiegen die Erlöse des Konzerns deutlich schwächer als prognostiziert nur um ein Prozent auf 22,5 Milliarden Euro. Auch zum Start ins neue Jahr entwickelte sich die Konkurrenz deutlich besser: Die Adidas-Umsätze stagnierten im ersten Quartal bei 5,3 Milliarden Euro. Unter dem Strich stand ein kleiner Verlust.
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