München Mitunter dauert es Jahre, bis eine leistungsfähige Leitung für eine neue Stromtankstelle verlegt ist. Der Münchner Gründer Maurice Neligan will das Problem mit seinem Start-up Jolt Energy lösen. Der erfahrene Automanager setzt auf Ladestationen, die sich ohne weiteren Aufwand ans bestehende Stromnetz anschließen lassen.
Mit den Anlagen sollen Elektrofahrzeuge dennoch binnen weniger Minuten geladen werden. Das gelingt, weil die Stromzapfsäulen mit einem Batteriespeicher versehen sind. Das Konzept überzeugt Investoren. Der 56-jährige Gründer steht kurz davor, von einem international tätigen Infrastrukturinvestor einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag einzusammeln.
Verbrenner ade: Auf den Straßen sind immer mehr Elektroautos unterwegs. Nicht alle Besitzer aber können ihre Fahrzeuge in der heimischen Garage oder in der Firma laden. Es braucht also öffentliche Stromtankstellen – und die will Neligan mit seinem Start-up Jolt Energy massenhaft aufstellen. Der Unternehmer konzentriert sich dabei auf Großstädte. Dort gibt es viel Bedarf, zugleich ist es aber besonders schwierig, Ladestationen zu errichten.
Wie funktionieren die Stromtankstellen von Jolt Energy?
Die Stromtankstellen von Jolt Energy sind mit einer Batterie gekoppelt. Das hat zwei Vorteile. Erstens: Ein herkömmlicher Niederspannungsanschluss reicht, um den Ladepunkt zu installieren. Das spart Zeit und Geld gegenüber herkömmlichen Schnellladesäulen, für die der Netzanschluss aufgerüstet werden muss. Zweitens: Fahrzeuge lassen sich in kurzer Zeit laden.
Die Stromzapfsäulen bezieht Gründer Neligan vom Elektronikspezialisten ADS-Tec Energy. Das schwäbische Unternehmen war dafür vergangenes Jahr für den Deutschen Zukunftspreis nominiert. „Der Strom kann kontinuierlich aus dem Netz bezogen werden“, erklärt Geschäftsführer Thomas Speidel das Prinzip. Er fließe entweder direkt ins Auto oder anteilig in die interne Batterie der Ladestation.
Wegen der kurzen Ladezeit von zehn bis 20 Minuten seien die Tankstellen sehr beliebt, so Speidel: „An hoch frequentierten Jolt-Stationen sind 40 Ladevorgänge pro Tag heute Realität.“
Wer steckt dahinter?
„Ich war in der Automobilindustrie in Deutschland tätig, als der Dieselskandal bekannt wurde. Da ist mir klar geworden, dass das Ende des Verbrenners gekommen ist“, erläutert Gründer Neligan seine persönliche Motivation, ins Geschäft mit der Elektromobilität einzusteigen. Der gebürtige Ire verbrachte den überwiegenden Teil seiner Karriere bei großen Konzernen, unter anderem bei Siemens, Continental und VW.
Diese Erfahrung kann nicht schaden, denn die Anforderungen seines Geschäfts sind vielfältig. Jolt Energy sucht die Standorte für die Stromtankstellen aus, baut die Anlagen auf und betreibt sie auch. Die Grundstückseigentümer werden am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt – über eine Miete oder auch durch eine Umsatzbeteiligung.
Der Gründer von Jolt Energy hat viel Erfahrung in der Autobranche gesammelt.
(Foto: Jolt Energy)
Enorm wichtig ist die richtige Lage, denn ein Ladestandort kann mehrere Hunderttausend Euro kosten. Dazu kommt: „Wir werden Strom zu täglich wechselnden Preisen einkaufen, das macht das Geschäft komplex“, sagt Neligan. Darüber hinaus versucht er, Reklameflächen auf den Ladesäulen zu vermarkten und so eine zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen.
Wie stehen die Chancen von Jolt Energy?
Experten halten das Konzept für vielversprechend. „Mit dem Jolt-Ansatz kann die Zahl der Ladepunkte schneller ausgebaut werden als mit dem sonst notwendigen hohen Installationsaufwand“, sagt Professor Werner Tillmetz von der Universität Ulm. „Das hilft den vielen E-Auto-Fahrern, die zu Hause keine Möglichkeit zum Laden haben.“
Das heutige Stromnetz ist dem Elektrochemiker zufolge an vielen Standorten nicht für die Leistungen ausgelegt, die sich die Fahrer von Elektroautos zum Laden wünschen. Tillmetz: „Mit den Pufferspeichern könnten wir uns einen Großteil der Kosten für den Netzausbau ersparen.“
Allerdings ist Jolt nicht das einzige junge Unternehmen, das Ladesäulen mit Batteriespeicher anbietet. Das Start-up Numbat aus Kempten plant Tausende derartige Stromtankstellen vor Supermärkten. Adaptive Balancing Power aus Pfungstadt wiederum hat eine Lösung mit Hochleistungs-Schwungmasse-Speichern im Angebot. Das soll ebenfalls Schnellladen ohne aufwendigen Netzausbau ermöglichen.
Wie geht es weiter?
Derzeit betreibt Jolt Energy eigenen Angaben zufolge 40 Ladepunkte in deutschen Städten. In anderthalb Jahren sollen es europaweit 1000 sein. Parallel dazu will der Unternehmer sein Team aufstocken von heute 35 Beschäftigten auf 140 Ende kommenden Jahres. Mittelfristig will Neligan eine halbe Milliarde Euro bei Investoren einsammeln, um das Geschäft international auszubauen.
Ob der Expansionskurs gelingt? Das entscheidet sich nicht zuletzt in den Amtsstuben. Zwar müssen für die Stromtankstellen von Jolt Energy die Straßen und Gehwege nicht extra aufgerissen werden. Trotzdem kämpft der Unternehmer mit der Bürokratie. „Der Knackpunkt sind die Stadtwerke und Energieversorger. Zum Teil müssen wir sehr lange auf die Niederspannungs-Netzanschlüsse warten“, sagt Neligan.
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