Mountain View Google-Chef Sundar Pichai setzt mit Macht auf Künstliche Intelligenz (KI). „Wir nutzen KI, um unsere Produkte radikal nützlicher zu machen“, kündigte der Konzernchef am Mittwoch auf der jährlichen Entwicklerkonferenz I/O an. Der Textroboter Bard etwa wird verbessert und für alle Nutzer freigeschaltet. Die Google-Internetsuche wird um KI-Lösungen erweitert. Außerdem soll KI in Produkte wie den E-Mail-Dienst Gmail und den Kartendienst Maps integriert werden.
Bard war Googles Antwort auf den Erfolg des Textroboters ChatGPT vom Start-up OpenAI. Vor zwei Monaten war Bard zunächst für ausgewählte Nutzer in den USA und England freigeschaltet worden. In Tests hatte Bard jedoch deutlich schwächer als ChatGPT abgeschnitten und bei der ersten Produktvorstellung mehrere Fehler produziert. Als Reaktion hatte der Google-Mutterkonzern Alphabet rund 100 Milliarden Dollar an Börsenbewertung verloren.
Mit einem Update auf das neue Sprachmodell PaLM 2 sollen sich die Fähigkeiten von Bard nun stark verbessern. „Bard ist deutlich besser geworden“, versprach die zuständige Google-Managerin Sissie Hsiao. Das gelte etwa für mathematische Berechnungen oder das Schreiben von Computercode. Zudem soll Bard künftig multimodal sein, also nicht nur Eingaben von Text verstehen, sondern beispielsweise auch Bilder analysieren können.
Google-CEO Pichai kündigte zudem an, dass es eine komprimierte Version von PaLM geben soll, die lokal auf modernen Smartphones laufen werde. Sie sei leicht abgespeckt, aber immer noch in der Lage, beim Schreiben von Computercode zu helfen.
An der Börse wurden die Ankündigungen positiv aufgenommen. Die Aktie des Google-Mutterkonzerns Alphabet legte um rund fünf Prozent zu.
An der Börse wurden die Ankündigungen vom Alphabet-CEO positiv aufgenommen. Die Aktie legte zu.
(Foto: Bloomberg)
Der Wettkampf um die Vorherrschaft zwischen Microsoft und Google bei KI trete in die entscheidende Phase ein, sagte Analyst Dan Ives vom Vermögensverwalter Wedbusch. „Da die Nachfrage nach KI-Anwendungen branchenübergreifend zunimmt, sehen wir die Verbesserungen und Integrationen der generativen KI in Googles gesamtes Portfolio als positiv im Kampf um KI an.“ Microsoft habe aber durch die Partnerschaft mit OpenAI bereits vorgelegt. Google hänge zurück und müsse aufholen, sagt Ives.
EU-Staaten zunächst außen vor
Bei etlichen der Neuerungen ist Deutsch als Sprache jedoch zunächst nicht verfügbar. Bard unterstützt mittlerweile außer Englisch auch Japanisch und Koreanisch. Weitere Sprachen sollen folgen. Google machte auf Nachfrage jedoch keine Angaben, wann auch eine deutschsprachige Version freigeschaltet wird. Auf Nachfrage teilte das Unternehmen mit: „Bard wird bald in der Lage sein, die 40 wichtigsten Sprachen der Welt zu unterstützen, und der Zeitplan für die Erweiterungspläne ist noch nicht endgültig festgelegt.“ Das Unternehmen arbeite eng mit Regulierungsbehörden zusammen.
Nicht nur das: Auch die englische Version wird weder in Deutschland noch in der Europäischen Union insgesamt verfügbar sein. Google erweiterte das Bard-Angebot zwar auf 180 Ländern, aber keines davon ist ein EU-Staat. Konkrete Angaben zu den Gründen machte das Unternehmen nicht.
Das Microsoft-Pendant Bing, das mit dem KI-System von OpenAI betrieben wird, ist bereits in Deutschland und anderen EU-Staaten verfügbar. In Italien war OpenAI mit seinem Textroboter ChatGPT zunächst von der Datenschutzbehörde gestoppt worden, ist aber nach ersten Anpassungen wieder nutzbar. Wieso genau Google die EU ausklammert, war zunächst unklar und dürfte den Rückstand zu Microsoft und OpenAI weiter vergrößern.
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Aufgrund einer Zusammenarbeit mit dem Bildspezialisten Adobe soll Bard künftig auch auf Kommando künstlich generierte Bilder erstellen können. Auch hier machte Google keine Angaben für den Start der Funktionen.
Google-Rivale Microsoft ist enger Partner von OpenAI. Microsoft-CEO Satya Nadella hatte angekündigt, die KI-Technologien von OpenAI in alle Produkte des Unternehmens zu integrieren. Dazu gehört KI-Unterstützung in Office-Produkten wie Word, Powerpoint und Excel.
Google kündigte nun ähnliche Funktionen für die eigenen Lösungen an. Unter dem Namen Duet AI soll die Google-Kundschaft einen KI-Begleiter nutzen können, der beim Schreiben von Texten hilft, Bilder für Präsentationen kreiert oder Tabellen für Geschäftskalkulationen produzieren kann. „Wir rollen diese Funktionen im Laufe des Jahres aus“, sagte die zuständige Google-Managerin Aparna Pappu.
Google erweitert Internetsuche um erste KI-Funktionen
Auch das Kernprodukt Internetsuche will Google um KI gesteuerte Funktionen erweitern. Künftig soll die Suche deutlich besser darin werden, komplexe Anfragen zu verstehen. Bei ihrer Präsentation ließ Google-Mitarbeiterin Cathy Edwards passende Fahrräder für eine hügelige, fünf Meilen lange Strecke heraussuchen. „Google kann jetzt auch komplizierte Sucheingaben verstehen“, versprach Edwards. Die Funktionen fasst Google unter dem Begriff „Search Generative Experience“ zusammen. Sie sollen „in den kommenden Wochen“ Testnutzern zur Verfügung gestellt werden, allerdings zunächst nur in den USA und auch nur auf Englisch.
Im Unterschied zu Microsoft behielt Google jedoch weitgehend den klassischen Ansatz der Internetsuche bei. Das neue Bing von Microsoft funktioniert dagegen wie ein Chat, mit Fragen und Antworten. Links zu relevanten Seiten werden dort als Quellen für eine Antwort aufgeführt. Google hält hingegen an der klassischen Liste von Websites als Ergebnis auf eine Internetsuche fest und erweitert das Angebot um zusätzliche Informationen auf Basis von KI.
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Internetsuche ist bis heute das wichtigste Produkt von Google. Der Anbieter beansprucht rund 90 Prozent des Suchgeschäftes in den USA und vielen anderen Ländern wie Deutschland. Der Marktanteil von Bing liegt im einstelligen Prozentbereich.
Während der Präsentation schaltet Google mehrere Manager von Pionierkunden zu. Dazu zählte auch die Deutsche Bank. Technologie-Chef bei der Deutschen Bank, Bernd Leukert, sprach in einer kurzen Videosequenz während der Präsentation davon, dass KI dabei helfen könnte, den Kontakt mit Kunden zu verbessern. Konkrete Angaben zum Einsatz der Technik von Google machte er jedoch nicht. Die Deutsche Bank und Google hatten im Jahr 2020 eine strategische Partnerschaft angekündigt und das Ziel ausgegeben, gemeinsam Produkte entwickeln zu wollen.
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